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07.10.2003 17:12

Studenten beim Start eines Mondsatelliten hautnah dabei

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Am Morgen des 28. September 2003 startete um 1.14 Uhr die europäische Ariane-5-Rakete. Im Gepäck hatte sie SMART-1, den ersten Satelliten der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA mit Zielrichtung Mond. Eine Gruppe von Würzburger Studenten erlebte dies unmittelbar im Bodenkontrollzentrum des "European Space Operations Centre" ESOC in Darmstadt mit, da ihr Professor Klaus Schilling, Inhaber des Lehrstuhls für Informatik VII, seit vielen Jahren mit der ESA bei Wissenschafts-Satelliten zusammenarbeitet.

    Der Kleinsatellit SMART-1 ist so groß wie ein Kühlschrank und dient zwei Zwecken: der Erprobung eines Ionen-Triebwerks für den Transfer von der Erde zum Mond sowie der Erkundung des Mondes aus einer Umlaufbahn, die über die Polkappen führt.

    Projektwissenschaftler Bernard Foing erklärte, dass die an Bord befindlichen Messinstrumente neue Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte des Mondes, seine chemische Zusammensetzung und seine geophysikalischen Prozesse liefern sollen. In der Umlaufbahn über die Pole können Orte, die entweder kaum oder immer von der Sonne beschienen sind, beobachtet und näher charakterisiert werden. Infrarot-Spektrometer versuchen, in den immer im Schatten liegenden Mondkratern Wasser und Eis aus Kohlendioxid nachzuweisen. Dies wären wichtige Rohstoffquellen für spätere Mondmissionen.

    "Bei der SMART-1-Mission gehen Planetenforschung und Technologie-Entwicklung Hand in Hand", so ESA-Direktor David Southwood. Es werde ein neuartiger Ionenantrieb eingesetzt, um den Satelliten bis zum Mond zu bringen. Während die Ariane 5 traditionelle Feststoff- und Flüssiggas-Raketen benutzt, um den Satelliten in eine Erdumlaufbahn zu schießen, wird anschließend das Ionentriebwerk des Satelliten verwendet, um den Mond zu erreichen.

    Die im ausgeklappten Zustand 14 Meter langen Solarflügel des Satelliten setzen die einfallende Sonnenenergie in elektrischen Strom um. Dieser wird dann genutzt, um Partikel des Edelgases Xenon auf 16.000 Stundenkilometer zu beschleunigen und ins All auszustoßen. Der Rückstoß wiederum beschleunigt den Satelliten in die richtige Richtung. Da SMART-1 erheblich schwerer ist als die Xenon-Atome, muss dieser Prozess über einen langen Zeitraum durchgeführt werden, bis sich ein nennenswerter Effekt ergibt. Für die Reise zum Mond sind 82 Kilogramm Xenon an Bord, die - auf immer größer werdenden Orbits um die Erde - das Raumschiff schließlich in den Anziehungsbereich des Mondes bringen. In der Mondumlaufbahn werden dann die wissenschaftlichen Instrumente in Betrieb genommen.

    Die Würzburger Informatiker Christian Layh, Markus Sauer, Marco Schmidt, Dimitri Missoh, Lei Ma und Prof. Schilling wurden von Wolfgang Wimmer, der bei ESOC als Flugdirektor zahlreiche ESA-Satelliten erfolgreich ins All geleitet hat und den Würzburgern durch Vorträge im Seminar von Prof. Schilling bekannt war, dazu eingeladen, unmittelbar hinter dem Kontrollraum die Startatmosphäre mitzuerleben. Diese Gelegenheit packten die Informatiker natürlich beim Schopf und marschierten an den Kontrollen vorbei direkt ins Allerheiligste der Bodenkontrollstation, so dass sie nur noch durch eine Glaswand von den verantwortlichen Satellitenoperateuren getrennt waren.

    Sieben Minuten vor dem Start kam große Spannung auf, denn der Countdown wurde gestoppt, um einzelne Abweichungen näher zu analysieren. Eine Verzögerung von über 19 Minuten hätte bedeutet, dass der Start abgebrochen und der Raketentreibstoff hätte abgepumpt werden müssen. Ein neuer Startversuch wäre dann erst in Wochen möglich gewesen. Jedoch breitete sich nach einer aufregenden, gut zehn Minuten dauernden Verzögerung Erleichterung aus, als die Uhren des Countdown wieder zu laufen begannen.

    In der Live-Übertragung aus dem südamerikanischen Kourou (Französisch-Guyana) sahen die Würzburger die Zündung des Triebwerkes, hörten den ohrenbetäubenden Lärm und sahen, wie die Rakete zunächst in Wasserdampf verschwand. Grund: Beim Start werden zur Dämpfung der Schwingungen und zur Abkühlung große Mengen Wasser auf Rakete und Startrampe gesprüht. Unter den dort herrschenden Temperaturen verdunstet es dann sofort. Die Zuschauer sahen, wie die Verbindungsleitungen vom Startturm zur Ariane-5 abgetrennt wurden. Dann erhob sich die Rakete majestätisch in den Nachthimmel. Nach wenigen Sekunden war nur noch der immer kleiner werdende Feuerschweif der Triebwerke zu sehen - alles in allem ein echter Bilderbuchstart. Im März 2005 soll SMART-1 seine endgültige Bahn um den Mond erreichen.

    Von den bei diesem Projekt entwickelten Instrumenten werden laut Prof. Schilling weitere Missionen der Europäer zur Erforschung des Weltraums profitieren. Ende Februar 2004 soll die Raumsonde ROSETTA auf den Weg zur Naherforschung des Kometen Churyumov-Gerasimenko geschossen werden, wiederum mit einer Ariane-5-Rakete. Kometen sind für Forscher besonders interessant, da hier Urmaterial aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems in unverfälschter Form erhalten geblieben sein soll.

    Bei ROSETTA wird eine Abstiegssonde (die in Deutschland gebaut wird) auf der Oberfläche des Kometen landen und Materialproben analysieren. Prof. Schilling war an der Systemdefinition von ROSETTA während seiner Tätigkeit in der Raumfahrtindustrie in verantwortlicher Position beteiligt. Sein Würzburger Team entwickelte auch Steuerungsstrategien, um trotz kaum vorhandener Schwerkraft zuverlässig Bohrungen durchführen zu können. Insofern fiebert man an der Uni Würzburg diesem nächsten Start der Ariane 5 schon jetzt entgegen.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Klaus Schilling, T (0931) 888-6647, E-Mail: schi@informatik.uni-wuerzburg.de


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    Beim Start der Ariane 5 durften die Würzburger Informatiker im Bodenkontrollzentrum in Darmstadt ins "Allerheiligste" vordringen (von links): Dimitri Missoh, Christian Layh, Marco Schmidt (kniend), Prof. Klaus Schilling und Lei Ma. Foto: Markus Sauer
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    Der europäische Mondsatellit SMART-1 in seiner endgültigen Mondumlaufbahn. Messinstrumente, zum Beispiel Infrarot-Spektrometer, sollen neue Informationen über die Oberfläche des Erdtrabanten liefern. Grafik: ESA
    Der europäische Mondsatellit SMART-1 in seiner endgültigen Mondumlaufbahn. Messinstrumente, zum Beis ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Beim Start der Ariane 5 durften die Würzburger Informatiker im Bodenkontrollzentrum in Darmstadt ins "Allerheiligste" vordringen (von links): Dimitri Missoh, Christian Layh, Marco Schmidt (kniend), Prof. Klaus Schilling und Lei Ma. Foto: Markus Sauer


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    Der europäische Mondsatellit SMART-1 in seiner endgültigen Mondumlaufbahn. Messinstrumente, zum Beispiel Infrarot-Spektrometer, sollen neue Informationen über die Oberfläche des Erdtrabanten liefern. Grafik: ESA


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