Das menschliche Urteilsvermögen ist oft durch systematische Verzerrungen gekennzeichnet. Zum Beispiel neigen Menschen dazu, ihre eigenen Annahmen und Urteile über die Welt zu bestätigen. Diese sogenannte Bestätigungstendenz („confirmation bias“) wurde in psychologischen Untersuchungen schon vor Jahrzehnten dokumentiert. Die zugrundeliegenden Mechanismen waren bislang jedoch weitgehend unbekannt. Eine Forschergruppe des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat nun ein neues Verfahren entwickelt, um diese Mechanismen in kontrollierten psychophysikalischen Experimenten zu messen.
Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Zeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Die von Prof. Dr. Tobias Donner aus dem Institut für Neurophysiologie und Pathophysiologie des UKE geleitete Arbeitsgruppe hat gesunde Studienteilnehmende gebeten, in jedem Versuchsdurchgang zunächst ein kategorisches Urteil über mehrdeutige Informationen zu fällen. Danach sollten die Probandinnen und Probanden neue Informationen bewerten, die entweder konsistent mit ihrer Entscheidung waren oder nicht. Mittels detaillierter mathematischer Modellierung des Verhaltens konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die Teilnehmenden ihre Aufmerksamkeit bevorzugt auf solche Informationen richteten, die ihr ursprüngliches Urteil bestätigten. Mit dem Urteil inkonsistente Informationen wurden hingegen „ausgefiltert“. Dieses Ergebnis zeigte sich bei verschiedenen Arten von Entscheidungen: einfachen Wahrnehmungsurteilen, die die Versuchspersonen auf Grundlage von wertneutralen Sinneseindrücken fällten, aber auch abstrakteren Urteilen, die die Mittelung rasch präsentierter Zahlenfolgen erforderten.
Die neurophysiologischen Mechanismen der Aufmerksamkeit wurden in der Hirnforschung über die vergangenen zwei Jahrzehnte genau untersucht. Die durch die Forschergruppe entdeckte Verknüpfung der Bestätigungstendenz mit der Aufmerksamkeit bedeutet somit, dass dieser Tendenz wahrscheinlich dieselben neurophysiologischen Mechanismen zugrunde liegen. Genau diese Hypothese planen die Forscherinnen und Forscher mittels simultaner Messung der Hirnaktivität nun zu testen. Dafür werden sie das in ihrem Artikel beschriebene psychophysikalische Verfahren nutzen.
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Gemeinsam mit dem Universitären Herzzentrum Hamburg und der Martini-Klinik verfügt das UKE über mehr als 1.730 Betten und behandelt pro Jahr rund 472.000 Patienten. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner und Zahnmediziner aus.
Wissen – Forschen – Heilen durch vernetzte Kompetenz: Das UKE. | www.uke.de
Prof. Dr. Tobias Donner
Institut für Neurophysiologie und Pathophysiologie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-55378
t.donner@uke.de
Talluri B, Urai AE, Tsetsos K, Usher M & Donner TH (2018) Confirmation bias through selective over-weighting of consistent information. Curr Biol (in press).
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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