idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.09.2018 09:37

Trotz Zuchtstrategie: Wild-Wachtelzucht (noch) frei von japanischen „Gen-Importen“ und ebenso erfol

Mag.rer.nat. Georg Mair Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Veterinärmedizinische Universität Wien

    Wachteln werden im Mittelmeerraum gerne gejagt und die Wildtierpopulation über Zuchtfarmen entsprechend aufgestockt. Dazu werden laut experimentellen Studien häufiger eine domestizierte japanische Art oder Hybride eingesetzt. Das kann den ursprünglichen Genpool und phänotypische Merkmale, wie das Wanderverhalten, verändern. Forschende der Vetmeduni Vienna analysierten nun erstmals eine mit wild-gefangenen Tieren gezüchtete Wachtelpopulation auf artfremde Hinweise. Das Ergebnis zeigte keine „japanischen Gen-Importe“ auf und bestätigte damit indirekt auch den Zuchterfolg mit den rein europäischen Hühnervögeln ohne das Risiko einer Genpooldurchmischung mit nachhaltigen Folgen.

    Zuchtprogramme tragen wesentlich zum Erhalt von Wildtierpopulationen bei. Das gilt auch für verschiedene Fisch- oder Vogelarten, die stark befischt oder gejagt werden. Dazu zählen die europäischen Wachteln, da sowohl die Eier der unscheinbaren Hühnervögel, als auch die Vögel selbst speziell im Mittelmeerraum eine beliebte Delikatesse und Jagdtrophäe sind. In Italien, Frankreich, Spanien oder Griechenland wurden deshalb Farmen etabliert, in denen die Tiere gezüchtet und freigelassen wurden, um die Ausdünnung heimischer Populationen dieser Zugvögel zu verhindern.

    Aus ökonomischen Gründen wurden dazu aber selten europäische Wachteln genutzt. Domestizierte japanische Verwandte oder Hybride galten als einfacher zu züchten. Diese unterscheiden sich jedoch in vielen genetisch festgelegten Merkmalen, wie etwa einem verminderten Wanderverhalten, von der heimischen Wildpopulation. Ihre Freilassung könnte eine Veränderung des bestehenden Genpools und einen schleichenden Verlust der Merkmale des ursprünglichen Phänotyps bedeuten.

    Erstmals Risiko durch Jagd-Zuchtprogramme mit japanischen Wachteln genetisch analysiert

    Ein Team um ExpertInnen des Konrad Lorenz Institutes für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni Vienna analysierte nun erstmals eine aktuelle, auf gefangenen Wildtieren basierende Wachtelaufzucht, auf genetische Hinweise der eingebrachten japanischen Art. Die Forschenden fanden dabei keine Anzeichen für eine bereits erfolgte genetische Durchmischung. Das bestätigte gleichermaßen eine erfolgreiche Zuchtstrategie basierend auf rein europäischen Tieren. Entgegen der bisherigen ökonomischen Annahme bietet sich damit eine veritable Alternative ohne die Einführung neuer Arten mit potentiellen, nachhaltigen Auswirkungen.

    „Das Einbringen anderer Arten mag zwar aus wirtschaftlicher Sicht Sinn machen, kann aber einen wesentlichen Eingriff in den Erhalt eines bestehenden Genpools und der vorherrschenden Phänotypen bedeuten“, erklärt Studienleiterin Valeria Marasco. Studien unter Laborbedingungen zeigten bereits, dass bereits bei Hybriden der ersten Generation, aus den japanischen und europäischen Tieren, etwa das sonst ausgeprägte Wanderverhalten, eindeutig reduziert waren. Das verdeutlicht, dass auch andere ursprüngliche Merkmale davon betroffen sein können.

    Wachteln genetisch unbeeinflusst durch Zuchtaufstockung mit japanischen Verwandten

    Derartige Veränderungen können mit einer sogenannten Mikrosatelliten- und mitochondrialen DNA-Analyse nachgewiesen werden. „Mikrosatelliten sind spezielle Sequenzmuster im Erbgut, die über das gesamte Genom oft wiederholt und damit wichtige Marker für die Bestimmung von Populationen und Arten sind“, so Marasco. Die mitochondriale DNA wiederum wird nur von der mütterlichen Seite vererbt. Da für die Hybriden hauptsächlich weibliche japanische mit männlichen Wildtyp-Wachteln verpaart wurden, kann auch diese Analyse eine Vermischung des Genpools aufzeigen. Außerdem lässt sich dadurch die natürliche Varianz und Selektion des genetischen Materials feststellen.

    Mit beiden Analysen wurde kein Hinweis auf Gen-Spuren der japanischen Wachtelart gefunden. „Die Auswertung der molekularen Daten mit verschiedenen Analysetools ordnete die von Wildtieren abstammenden Wachteln genetisch eindeutig der heimischen Art zu. Damit schied die domestizierte japanische Wachtel als Vorfahre der Tiere aus, die in dem italienischen Zuchtbetrieb untersucht und aus zuvor gefangenen Tieren gezüchtet worden. Es bestätigte sich allerdings, dass die Variabilität des Genoms der gezüchteten Wachteln gegenüber der Wildpopulation stärker eingeschränkt ist. Auch das kann für die Wildpopulation ein Risiko bedeuten.

    „Dadurch könnten ebenso Allele, sprich Genvarianten, eingebracht werden, die eine nachhaltige Veränderung des ursprünglichen Phänotyps auslösen oder eine bleibende Fehladaption sind“, so Marasco. Zukünftig sollte deshalb, so wertvoll die Aufstockung durch Zuchtprogramme auch sein kann, ein Maßnahmenkatalog geschaffen werden, der eine nachhaltige Regulation bei der Zucht von Jagdbeute zulässt.“ Damit könnte nicht nur das Einbringen fremder, domestizierter Arten in den ursprünglichen Genpool überwacht werden, sondern auch ein möglicher Verlust der natürlichen Varianz durch zu restriktive Zuchtmaßnahmen.

    Service:
    Der Artikel „Lack of introgression of Japanese quail in a captive population of common quail“ von Steve Smith, Leonida Fusani, Balint Boglarka, Ines Sanchez-Donoso und Valeria Marasco wurde im European Journal of Wildlife Research veröffentlicht.
    https://doi.org/10.1007/s10344-018-1209-7

    Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
    Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Die Vetmeduni Vienna spielt in der globalen Top-Liga mit: 2018 belegt sie den exzellenten Platz 6 im weltweiten Shanghai-Hochschulranking im Fach „Veterinary Science“. http://www.vetmeduni.ac.at

    Wissenschaftlicher Kontakt:
    Valeria Marasco, PhD
    Abteilung für Ornithologie
    Konrad Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    T +43 1 25077-7433
    valeria.marasco@vetmeduni.ac.at

    Aussender:
    Mag.rer.nat. Georg Mair
    Wissenschaftskommunikation / Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    T +43 1 25077-1165
    georg.mair@vetmeduni.ac.at


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Valeria Marasco, PhD
    Abteilung für Ornithologie
    Konrad Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    T +43 1 25077-7433
    valeria.marasco@vetmeduni.ac.at


    Originalpublikation:

    Der Artikel „Lack of introgression of Japanese quail in a captive population of common quail“ von Steve Smith, Leonida Fusani, Balint Boglarka, Ines Sanchez-Donoso und Valeria Marasco wurde im European Journal of Wildlife Research veröffentlicht.
    https://doi.org/10.1007/s10344-018-1209-7


    Weitere Informationen:

    https://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformation...


    Bilder

    Wachtelzucht mit fremden Arten zur Wildpopulation-Aufstockung im Mittelmeerraum mag zwar ökonomischer sein, birgt aber das Risiko einer genetischen Durchmischung und des Verlusts typischer Merkmale.
    Wachtelzucht mit fremden Arten zur Wildpopulation-Aufstockung im Mittelmeerraum mag zwar ökonomische ...
    Gianni Pola
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Wachtelzucht mit fremden Arten zur Wildpopulation-Aufstockung im Mittelmeerraum mag zwar ökonomischer sein, birgt aber das Risiko einer genetischen Durchmischung und des Verlusts typischer Merkmale.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).