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15.10.1998 00:00

Bioethik: Sollen wir alles tun, was wir können?

Heiner Stix Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Fragen der Bioethik provozieren immer hitzige Debatten, oftmals stehen sich unvereinbare Standpunkte gegenüber. Eine hochkarätig besetzte Vortragsreihe in Mannheim soll zur Klärung der in diesen Kontroversen auftretenden Verwirrungen beitragen. Mit dabei: Jens Reich, Mediziner und Molekularbiologe aus Berlin und 1995 Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen für das Amt des Bundespräsidenten.

    Genforschung, Klonen, pränatale Diagnostik - Themen, die hohe Wellen schlagen und polarisieren. Neben der Frage der Machbarkeit steht immer auch die der ethischen Dimension. "Sollen wir alles tun, was wir können?" lautet - auf eine einfache Formel gebracht - die zentrale Frage der Bioethik. Antworten darauf sucht eine vom Lehrstuhl Philosophie II ins Leben gerufene Vortragsreihe an der Universität Mannheim. Hochkarätige Wissenschaftler aus Deutschland, England und der Schweiz beschäftigen sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit diesem Thema. Bekanntester Referent dürfte dabei der Berliner Molekularbiologe und Mediziner Prof. Dr. Jens Reich sein, 1995 Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen für das Amt des Bundespräsidenten.

    Die Bioethik beschäftigt sich mit moralischen Fragen im Umgang mit dem Lebendigen und der Natur. Dabei kommt der medizinischen Behandlung und Forschung ein besonderer Stellenwert zu. In diesem Umfeld spielten sich auch die bekanntesten Debatten der letzten Jahre ab. Abtreibung, Sterbehilfe, Gentherapie und Embryonenforschung sind Beispiele für wissenschaftliche Möglichkeiten und Handlungen, deren ethische Bewertung umstritten ist.

    Die von der neuberufenen Professorin Ursula Wolf (Lehrstuhl Philosophie II) und Dr. Thomas Schramme (Assistent am Lehrstuhl) entworfene Vortragsreihe widmet sich aktuellen Problemen der Bioethik, die in der Öffentlichkeit und in den Medien oft hitzige Debatten auslösen. "Eine der wichtigsten Aufgaben der Philosophie ist es, zur Klärung der in diesen Kontroversen auftretenden Verwirrungen beizutragen" erläutert Wolf ihre Motivation, die Vortragsreihe ins Leben zu rufen. "Ich freue mich, daß alle angesprochenen Kollegen spontan und ohne Zögern zugesagt haben. Es ist uns gelungen, bekannte Experten zu gewinnen, so daß die Veranstaltung über die Universität Mannheim hinaus auf Resonanz hoffen kann." Zu den Vorträgen (alle zwei Wochen dienstags, 18 Uhr) sind alle am Thema Interessierten eingeladen.

    Jens Reich (Max-Delbrück-Zentrum, Berlin) eröffnet die Vortragsreihe am 27.10.1998. Der Mediziner und Molekularbiologe wird vielen nicht nur als Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen zur letzten Bundespräsidentenwahl, sondern auch als Autor verschiedener Zeitungsartikel zu Fragen der Bioethik bekannt sein wird. Er spricht zum Thema "Genetische Vorbestimmung und Willensfreiheit", verbindet also ein klassisches Thema der Philosophie mit aktuellen biologischen Grundlagenforschungen.

    Der nächste Vortrag (10.11.1998) von Ursula Wolf (Universität Mannheim) trägt den Titel "Moralische Grundlagen wissenschaftlichen Handelns". Die erst kürzlich von Berlin nach Mannheim gekommene Philosophin befaßt sich mit der Frage, welche Moralkonzeption unserer Bewertung wissenschaftlichen Handelns zugrunde liegt.

    Dieter Birnbacher (Universität Düsseldorf) beschäftigt sich am 1.12.1998 mit der Frage, ob und wie wir werdendes Leben bewerten können. Sein Vortragsthema lautet: "Qualitätskontrolle am Lebensbeginn - ethische Fragen".

    "Genetische Chancengleichheit" hat Anton Leist (Universität Zürich) seinen Vortrag am 15.12.1998 überschrieben. Hier werden die Probleme der Lebensbewertung noch einen Schritt weitergedacht in Richtung auf Fragen der Gerechtigkeit und der fairen Verteilung knapper Güter.

    Eine über das betroffene Individuum hinausgehende Fragestellung greift Wolfgang van den Daele (Wissenschaftszentrum für Sozialforschung, Berlin) (12.01.1999) in seinem Vortrag "Gentherapie und die gesellschaftliche Entwicklung des Krankheitsbegriffs" auf. Durch die neuen Möglichkeiten der Genmanipulation könnte sich unser grundsätzliches Verständnis davon ändern, was es heißt, 'krank' zu sein.

    Den einzige Vortrag in englischer Sprache wird John Harris (Universität Manchester) halten. Er beschäftigt sich am 26.01.1999 mit dem derzeit wohl umstrittensten Thema: dem Klonen. Dabei geht es ihm nicht ausschließlich um eine moralische Bewertung dieser Technik; vielmehr bettet er die Bewertung ein in den Kontext der Frage, welche Grundrechte wir als Menschen besitzen und welche Folgen dies für die Beurteilung des Klonens von Menschen hat. Sein Vortrag lautet daher "Cloning and Human Rights".

    Zum Abschluß (09.02.1999) wird Erich Schlick, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung bei der Ludwigshafener Knoll AG, sich der Problematik der Pharmaforschung annehmen. Aus seiner Berufspraxis in einem der führenden Pharmakonzerne wird er vor allem auf die spezifischen Anforderungen und Schwierigkeiten der Praxis eingehen. Sein Thema lautet: "Pharmaforschung und Entwicklung: Ethische Implikationen".

    Die Vorträge beginnen immer um 18 Uhr. Sie finden im Schloß, Ehrenhof Ost, Hörsaal 145, statt

    Vortragsreihe "Aktuelle Probleme der Bioethik"
    Universität Mannheim, Schloß, EO 145, jeweils 18 Uhr

    27.10.98: Jens Reich (Berlin): Genetische Vorbestimmung und Willensfreiheit

    10.11.98: Ursula Wolf (Mannheim): Moralische Grundlagen wissenschaftlichen Handelns

    01.12.98: Dieter Birnbacher (Düsseldorf): Qualitätskontrolle am Lebensbeginn - Ethische Fragen

    15.12.98: Anton Leist (Zürich): Genetische Chancengleichheit

    12.01.99: Wolfgang van den Daele (Berlin): Gentherapie und die gesellschaftliche Entwicklung des Krankheitsbegriffs

    26.01.99: John Harris (Manchester): Cloning and Human Rights

    09.02.99: Erich Schlick (Ludwigshafen): Pharmaforschung und Entwicklung: Ethische Implikationen


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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