Studie „Gender- and education-related effects of financial literacy and confidence on financial wealth“ an der Professur für Banking und Finance der Justus-Liebig-Universität Gießen – Ergebnisse im „Journal of Economic Psychology“ publiziert
Welche Rolle spielt das Finanzwissen für den persönlichen Vermögensaufbau? Gibt es Unterschiede im Hinblick auf Geschlecht und Ausbildung der jeweiligen Person? Diesen Fragen sind Prof. Dr. Christina E. Bannier und ihre Doktorandin Milena Schwarz am Fachbereich 02 – Wirtschaftswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) nachgegangen. Die Ergebnisse ihrer Studie sind jetzt im „Journal of Economic Psychology“ unter dem Titel „Gender- and education-related effects of financial literacy and confidence on financial wealth“ veröffentlicht worden.
Da die Sozialversicherungssysteme, insbesondere im Hinblick auf die Altersabsicherung, in Deutschland wie auch in anderen Ländern immer schwächer werden, gewinnt der private Vermögensaufbau zunehmend an Bedeutung. Stetig komplexer werdende Finanzprodukte wie Zertifikate und ETFs machen Anlageentscheidungen dabei jedoch immer schwieriger. Grund genug für die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Bannier (Professur für Banking und Finance) und Milena Schwarz sich mit der Frage zu beschäftigen, welches Vorwissen nötig ist, um sich im Dschungel der Anlagemöglichkeiten zurechtzufinden. Es schließt sich die Frage an, wer über das nötige Finanzwissen verfügt und in welchem Personenkreis deutliche Lücken vorhanden sind.
Insbesondere im Hinblick auf Frauen, die infolge von Familienzeiten oft nur mit geminderten Renten planen können und daher häufig von Altersarmut bedroht sind, stelle sich die Frage, ob vermögensbildende Maßnahmen durch bessere Finanzbildung gestützt werden können, erläutern die Autorinnen die Ausgangslage für ihre Studie. Anhand eines repräsentativen Umfragedatensatzes unter deutschen Haushalten konnten Bannier und Schwarz nachweisen, dass das Finanzwissen in der deutschen Bevölkerung tatsächlich nicht gleichmäßig verteilt ist. Vielmehr zeige sich – wie auch in anderen Ländern – eine deutliche „Geschlechter-Lücke“: Frauen hätten im Durchschnitt ein wesentlich geringeres Finanzwissen als Männer.
Gleiches gelte auch für die Selbsteinschätzung hinsichtlich des Finanzwissens. „Frauen schätzen ihre Finanzbildung in der wissenschaftlichen Umfrage deutlich geringer ein als Männer“, sagt Prof. Bannier. Vergleiche man dabei Personen mit unterschiedlichem Bildungsgrad miteinander, so zeige sich ferner, dass die Ausbildung – wie vermutet – eine wichtige Rolle spielt. Sowohl unter Frauen als auch unter Männern steige das Finanzwissen mit dem Bildungsgrad an.
Ein anderes Ergebnis der Studie mag auf den ersten Blick erstaunen, passt aber in das Bild, das andere Untersuchungen zu männlichen und weiblichen Selbsteinschätzungen zeichnen: Überraschenderweise sinkt die Selbsteinschätzung von Frauen mit dem Bildungsstand, so dass gerade gut ausgebildete Frauen ihr Finanzwissen wesentlich schlechter einschätzen, als es in Wirklichkeit ist. Unter Männern steigt dagegen die Selbsteinschätzung ihrer Finanzbildung mit dem Bildungsgrad.
„Untersucht man nun den Effekt, den das tatsächliche sowie das selbst eingeschätzte Finanzwissen einer Person auf deren Vermögensbildung hat, so zeigen sich wiederum Unterschiede zwischen Männern und Frauen“, erläutert Schwarz: „Auch diese Unterschiede hängen teilweise vom Bildungsgrad ab.“
So können die Autorinnen nachweisen, dass ein höheres Finanzwissen die Vermögensbildung tatsächlich steigert – ein positiver Effekt, der sich sowohl unter Männern als auch unter Frauen zeigt. Der positive Zusammenhang zwischen Finanzbildung und Vermögen ist dabei jedoch für Frauen mit hohem Bildungsniveau und für Männer mit niedrigem Bildungsstand am stärksten. Dementsprechend dürften vor allem gut ausgebildete Frauen und Männer mit eher niedrigem Bildungsgrad von Finanzbildungsprogrammen profitieren, resümieren die beiden Autorinnen. Überraschenderweise beeinflusse die positive Selbsteinschätzung der Männer dabei auch ihre Vermögensbildung: Je besser das eigene Finanzwissen eingeschätzt wird, desto höher zeigt sich der Vermögensaufbau.
Die Tatsache, dass insbesondere Frauen mit hohem Bildungsgrad ihr Finanzwissen typischerweise viel zu negativ einschätzen, stimme zwar einerseits bedenklich und werfe auch auf die in Bank-Beratungsgesprächen typischerweise verlangte Selbsteinschätzung einen Schatten. Andererseits hat dies laut der aktuellen Studie keine negativen Folgen für die Frauen: Diese „Selbstunterschätzung“ scheint kaum zu negativen Vermögenseffekten zu führen und erweist sich somit eher als Kuriosum denn als Hindernis auf dem Weg zu einem sinnvollen Vermögensaufbau.
Insgesamt lassen sich aus der Studie wertvolle Hinweise ableiten, auf welches Zielpublikum Finanzbildungsprogramme sinnvollerweise zugeschnitten sein sollten und welche Effekte daraus zu erwarten sein dürften, sind sich beide Autorinnen sicher.
Prof. Dr. Christina E. Bannier
FB 02 – Wirtschaftswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen
BWL VI: Banking & Finance
Licher Straße 62
35394 Gießen
Telefon: 0 641 99-22551
E-Mail: Christina.Bannier@wirtschaft.uni-giessen.de
Publikation
Christina E. Bannier, Milena Schwarz: Gender- and education-related effects of financial literacy and confidence on financial wealth, Journal of Economic Psychology, Vol. 67, pp 66-86, 2018
http://Weitere Informationen
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2925196 giessen.de/fbz/fb02/fb/professuren/bwl/bannier
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
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Forschungsergebnisse
Deutsch
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