idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
02.11.2018 15:30

Neurologische Bewegungsstörungen

Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

    Perspektiven individualisierter Therapie und individueller Beitrag zur Prävention

    In jüngster Zeit wurden einige wichtige Krankheitsmechanismen aufgeklärt –insbesondere im Bereich der genetischen Ursachen –, was zu neuen Therapieansätzen bei Bewegungsstörungen geführt hat. „Die neuen Therapien greifen gezielt in frühe Folgen der Genmutation ein und setzen damit direkt an der Krankheitsursache an“, berichtet die Neurologin Professor Daniela Berg.

    Die Direktorin des Kieler Universitätsklinikums präsentierte heute in Berlin beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) vielversprechende Therapiestudien zur Parkinsonerkrankung und stellte eine erste ursächliche Therapie bei einer Form der seltenen hereditären (erblichen) spastischen Spinalparalyse (HSP) vor.

    Hereditäre spastische Spinalparalyse (HSP): Cholesterinsenker kann die Krankheit stoppen

    Die hereditäre (erbliche) spastische Spinalparalyse (HSP) ist eine seltene Bewegungsstörung. „Die genauen Ursachen der Erkrankung waren bisher nicht bekannt. Die Therapie der HSP konnte sich deshalb nur auf eine Linderung der spastischen Gangstörung richten“, sagt Daniela Berg. „Bei einer Form der HSP ist es nun gelungen, die Genetik und den zugrunde liegenden Pathomechanismus aufzuklären“, so die Expertin für Bewegungsstörungen weiter. „Damit ist erstmals eine ursächliche Therapie dieser schwer beeinträchtigenden Erkrankung möglich.“
    Die Arbeitsgruppe von Professor Ludger Schöls aus Tübingen konnte zeigen, dass beim Typ 5 der HSP eine genetische Veränderung zur Anhäufung von nervenzellschädlichem 27-Hydroxy-Cholesterol führt. Eine klinische Studie belegte, dass die Gabe eines Cholesterinsenkers die Menge dieses für die Nervenzellen schädlichen Stoffes reduziert. „Das Medikament greift direkt in den Krankheitsmechanismus ein und wirkt bei jedem Patienten, der die entsprechende Genmutation trägt“, erläutert Berg.

    Parkinson: erste verlaufsmodifizierende Therapien

    Für die viel häufigere Parkinsonerkrankung zeichnen sich ebenfalls erste Therapien ab, die an der Krankheitsursache ansetzen. „Hier gilt es zunächst zu verstehen, dass sich hinter dem Begriff der Parkinsonerkrankung viele unterschiedliche Formen verbergen, die zunächst klinisch genau charakterisiert und als Unterformen identifiziert werden müssen“, erklärt Berg. Für einige Unterformen, bei denen genetische Mutationen zur Erkrankung beitragen, stehen nun erstmals Therapien zur Verfügung, die an durch die Mutation bedingten Stoffwechselprozessen ansetzen. „Von diesen neuen Behandlungsoptionen profitieren beispielsweise Parkinsonpatienten, bei denen Mutationen im GBA-Gen oder in mitochondrialen Genen, die in den Energiestoffwechsel der Zelle involviert sind, eine Rolle spielen“, so die Neurologin.
    Darüber hinaus haben Therapiestudien begonnen, die allgemeine Krankheitsmechanismen adressieren. „Dies sind z.B. Therapien, die den zu hohen Gehalt an freie Radikale begünstigendem Eisen vermindern oder die Ausbreitung des für die Parkinsonerkrankung typischen fehlgefalteten Eiweißes verhindern sollen“, erklärt Berg. Für den Einsatz dieser Therapien sei eine möglichst sichere Diagnose in einem möglichst frühen Stadium der Parkinsonerkrankung essenziell, betont Berg. Die Parkinson and Movement Disorders Society hat unter Leitung von Daniela Berg und Prof. Ronald Postuma aus Kanada Kriterien zur Frühdiagnose erarbeitet.

    Prävention wirkt: höheres Parkinsonrisiko bei Metabolischem Syndrom

    Neben den ursächlichen Therapien mehren sich die Hinweise, dass ein Lebensstil, der zu Übergewicht, hohem Blutdruck und Diabetes führt (Metabolisches Syndrom), häufiger mit Parkinson assoziiert ist, während eine gesunde Ernährung und ausreichend körperliche Aktivität als präventiv einzustufen sind. Ergebnisse der TREND-Studie zeigen, dass körperliche Aktivität und geistige Flexibilität depressive Stimmungsauslenkungen mildern und Schlafstörungen verbessern, die Zeichen eines beginnenden Prozesses des Nervenzelluntergangs sein können. „Die gute Nachricht ist: In einem gewissen Rahmen kann jeder Einzelne zur Parkinsonprävention beitragen“, sagt Daniela Berg.

    Literatur

    Schöls L et al. Hereditary spastic paraplegia type 5: natural history, biomarkers and a randomized controlled trial. Brain 2017; 140: 3112-3127

    Balestrino R et al. Glucocerebrosidase and Parkinson Disease: Molecular, Clinical, and Therapeutic Implications. Neuroscientist 2018; 24(5): 540-559

    Sardi SP et al. Glucosylceramide synthase inhibition alleviates aberrations in synucleinopathy models. Proc Natl Acad Sci U S A. 2017; 114(10): 2699-2704

    Vos M, Verstreken P, Klein C. Stimulation of electron transport as potential novel therapy in Parkinson's disease with mitochondrial dysfunction. Biochem Soc Trans 2015; 43(2): 275-9

    Berg D et al. MDS research criteria for prodromal Parkinson's disease. Mov Disord 2015; 30(12): 1600-11

    Ga Eun Nam et al. Metabolic syndrome and risk of Parkinson disease: A nationwide cohort study. PLoS Med 15(8): e1002640

    www.trend-studie.de (Abruf am 16.10.2018)

    Kongress-Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
    c/o albertZWEI media GmbH, Oettingenstraße 25, 80538 München
    Tel.: +49 (0)89 46148622, Fax: +49 (0)89 46148625
    Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
    E-Mail: dgn@albert-zwei.de

    Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
    sieht sich als neurologische Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren über 9000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

    Präsident: Prof. Dr. med. Gereon R. Fink
    Stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. med. Christine Klein
    Past-Präsident: Prof. Dr. med. Ralf Gold
    Geschäftsführer: Dr. rer. nat. Thomas Thiekötter
    Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. med. Daniela Berg
    Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Kiel
    Christian-Albrechts-Universität, Arnold-Heller-Str. 3, Haus 41, 24105 Kiel
    Tel.: +49 (0)431 50019010; E-Mail: Daniela.Berg@uksh.de


    Weitere Informationen:

    https://www.dgn.org/pressemitteilungen/56-pressemitteilung-2018/3680-neurologisc...


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung als PDF

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).