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18.10.2003 10:59

Carus-Medaille der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an Ilme Schlichting (Heidelberg)

Prof.Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina

    Akademie Leopoldina ehrt die Privat-Dozentin Dr. Ilme Schlichting für ihre beeindruckenden Arbeiten zur Struktur und Funktion eines am Abbau organischer Moleküle beteiligten P-450-Enzyms mittels zeitauflösender Kristallographie

    Schon während ihrer Doktorarbeit hat Ilme Schlichting, neben biochemischen und NMR-spektroskopischen Untersuchungen, zeitaufgelöste kristallographische Studien durchgeführt. Sie wendete erstmals in eleganter Weise die erst kurz zuvor für die Proteinkristallographie wiederentdeckte Laue-Methode kombiniert mit der Photolyse eines durch chemische Modifikation lichtempfindlich gemachten Substrates zum Starten der Reaktion an. Damit gelang es ihr, über den entscheidenden Zeitabschnitt die Entwicklung der Struktur eines echten Michaelis-Komplexes sowie den Zustand im aktiven Enzymzentrum vor und nach der Hydrolyse darzustellen. Diese Untersuchung war nicht nur methodisch ein Novum, sondern lieferte auch einen wichtigen Beitrag zum strukturellen Verständnis der biologischen Schalterfunktion des untersuchten Enzyms. Im Labor von Gregory Petsko an der Brandeis-Universität in Boston (1990-1992) arbeitete sie an "klassischen" kristallographischen Projekten, wie der Strukturbestimmung von Enzymen oder der regulatorischen Domäne des Myosins, aber auch weiter an zeitaufgelösten kristallographischen Problemen wie der Ligandenbindung an Myoglobin, z. B. von Kohlenmonoxid. Wiederum benutzte sie die Laue-Methode und zugleich monochromatische Synchrotron-Strahlung und erhielt zeitaufgelöste Strukturen mit einer räumlichen Auflösung von 1,5 Å. Die Darstellung der Raumstrukturen von Myoglobin vor, während und nach der Bindung von Karbonmonoxyd stellte nicht nur eine technische Neuerung in der Tieftemperatur-Proteinkristallographie dar, sondern erlaubte auch neue Aussagen über den Mechanismus der Ligandenbindung in Myoglobin im speziellen und der Familie der Hämproteine im allgemeinen. Schlichtings Arbeiten zeigten zum ersten Mal die räumlichen Strukturen der Protein-CO-Intermediate. Sie sind ein Modell für intramolekulare Prozesse mit kleinen enthalpischen Übergängen. Es sind ferner die ersten Untersuchungen über funktionelle Übergänge in atomarer Raumauflösung. Vor einigen Jahren hat sie in aufsehenerregenden Arbeiten einen bei Tieftemperatur durch Röntgenstrahlung erzeugten intermediären Mono-O-Zustand eines P-450.Kampher.02-Komplexes entdeckt, dessen Existenz für das Verständnis des oxidativen Reaktionszyklus von großer Bedeutung ist. Ihre hierzu im Jahre 2000 veröffentlichte Arbeit in "Science" ist bereits ein Klassiker. Die Leopoldina ehrt Ilme Schlichting mit der Carus-Medaille für ihre kreativen und besonders methodisch bahnbrechenden Arbeiten und möchte sie zu ähnlichen zukünftigen Taten ermutigen.

    Zur Person: Ilme Schlichting (Jahrgang 1960) hat in Heidelberg Biologie und Physik studiert. Sie spezialisierte sich, ihrer Ausbildung gemäß, anschließend auf biophysikalische Fragestellungen, zunächst mit Untersuchungen an Muskelfasern mittels Röntgen-Kleinwinkelstreuung, über Kernspinresonanz-Spektroskopie, bis hin zu ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet, der kinetischen Kristallographie. Ihre Doktorarbeit, angefertigt bei Kenneth Holmes in Heidelberg, wurde 1991 mit der Otto-Hahn-Medaille und dem Karl-Lohmann-Preis ausgezeichnet. Als Feodor-Lynen-Stipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung arbeitete sie von 1990 bis 1992 im Labor von Gregory Petsko an der Brandeis-Universität in Boston an "klassischen" kristallographischen Projekten. Zurück in Deutschland hat sie die kinetische Kristallographie entscheidend vorwärts getrieben, zunächst als Arbeitsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg und anschließend, von 1994 bis 2001, am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund. Für ihre Forschungsarbeiten erhielt sie den Schering-Preis (1998) und den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2000). 2001 wurde sie zum wissenschaftlichen Mitglied und zur Direktorin am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg berufen. Seit dem Frühjahr 2003 ist sie Leopoldina-Mitglied (Sektion Biochemie und Biophysik).

    Preis und Preisvergabe: Die Vergabe der Carus-Medaille erfolgte am 17. Oktober 2003 im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Leopoldina-Jahresversammlung in Halle (Saale). Die Jahresversammlung 2003 steht unter dem Themenschwerpunkt "Energie".

    Die Carus-Medaille geht auf eine Stiftung aus Anlass des 50. Professorenjubiläums des XIII. Präsidenten der Akademie Leopoldina, Carl Gustav Carus (1789-1869), zurück. Sie wurde 1896 erstmals vergeben. Seit 1961 ist sie mit dem von der Stadt Schweinfurt gestifteten Carus-Preis von 5 000 Euro verbunden. Die Vergabe des Carus-Preises erfolgt Anfang 2004 in Schweinfurt in einer gesonderten Feierstunde. Die Carus-Medaille wird in der Regel an jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bedeutende naturwissenschaftliche oder medizinische Forschungsleistungen vergeben.


    Weitere Informationen:

    http://www.leopoldina-halle.de/26_03.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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