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23.10.2003 14:39

Stress und Alkohol, Promotionen und ein neuer Ehrendoktor

Dr. Arnd Schweitzer Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Medizinische Hochschule Hannover (MHH) begeht am Freitag achte Promotionsfeier

    Eltern, Freundinnen und Freunde, Kinder - alle werden sie wieder mit dabei sein, wenn die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) zum achten Mal im Hörsaal F ihre Promotionsfeier begeht. Präsident Professor Dr. Horst v. der Hardt wird die Urkunden für die erfolgreich beendeten Doktorarbeiten 50 jungen Ärztinnen und 64 Ärzten überreichen; 16 von ihnen haben ihre Promotionen "mit Auszeichnung" abgeschlossen. Zwei Promotionspreise gehen an Dr. med. Jan Georg Schmidt-Mende und an Dr. med. Jan Henrik Beckmann. Die Auszeichnungen sind mit je 2.500 Euro dotiert und werden von der Gesellschaft der Freunde der Medizinischen Hochschule Hannover e. V. vergeben - wie auch das mit 11.000 Euro dotierte Hannelore-Munke-Forschungs-Stipendium zur Förderung der Krebsforschung. Stipendiaten sind Professor Dr. med. Martijn van Griensven und Dr. med. Eric Hesse aus der Unfallchirurgischen Klinik der MHH. Der mit 10.000 Euro dotierte Sir-Hans-Krebs-Preis geht an Dr. Inge Sillaber, Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, und Professor Dr. Rainer Spanagel, Zentrum für Seelische Gesundheit in Mannheim. Den Preis überreicht Vorstandsmitglied Volker Seidel von der Hannoverschen Lebensversicherung AG, die den Preis gestiftet hat. Anschließend erhält Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. mult. Heinrich-Dietrich Haferkamp von der Universität Hannover die Ehrendoktorwürde der MHH. Und zum Abschluss vergibt Professor v. der Hardt die ersten Stiftungsgelder der Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung an MHH-Forscherinnen und Forscher - insgesamt mehr als 390.000 Euro.

    Die Promotionspreise

    Wachstumsfaktor hilft bei gestörter Blutbildung
    Dr. med. Jan Schmidt-Mende beschäftigte sich mit dem Myelodysplastischen Syndrom. Es umfasst Erkrankungen, bei denen das Knochenmark nur ungenügend neue Blutzellen bildet. Blutvorläuferzellen reifen nicht aus und sterben vorzeitig im Knochenmark ab. Eine schwere Blutarmut ist die Folge. Bislang wussten Forscher, dass eine bestimmte Gruppe von Enzymen, die Caspasen, in den absterbenden Zellen aktiviert werden. Ihre Aktivität ist ein Maß für den gesteigerten Zelltod. Klinische Studien zeigten, dass bei einem Teil der Patienten die Gabe von zwei Wachstumsfaktoren, G-CSF und Erythropoetin, die Blutarmut verringerte und die Blutzellen ansteigen ließ. Dr. Schmidt-Mende untersuchte nun genauer, was unter den Blutstammzellen geschieht: In Kulturen von Patientenzellen war der spontane Zelltod höher als unter den Zellen von Gesunden. Bei den Erkrankten war auch die Aktivität der Caspase erhöht. Nach der Gabe von G-CSF schwächte sich die Enzym-Aktivität ab, gleichzeitig starben weniger Blut-Vorläuferzellen. Durch den Wachstumsfaktor bildeten sich zudem mehr rote Blutkörperchen. Die Arbeit von Dr. Schmidt-Mende hilft zu verstehen, wie beim Myelodysplastischen Syndrom der Zelltod im Knochenmark abläuft und welche Funktion Wachstumsfaktoren spielen können - um neue Strategien in der Behandlung zu finden.

    Genetischer Eingriff schützt vor Organabstoßung

    Dr. med. Jan Henrik Beckmann untersuchte neue Möglichkeiten, um die chronische Abstoßung von verpflanzten Organen zu verhindern. Dank der modernen Transplantationsmedizin ist die Situation für betroffene Patienten heute deutlich besser - eine großes Problem ist aber nach wie vor die nebenwirkungsreiche Therapie, die das Immunsystem unterdrückt und damit verhindert, dass das fremde Organ abgestoßen wird. Forscher suchen deshalb nach einem Weg, das verpflanzte Organ dauerhaft vor dem Immunsystem des Empfängers zu schützen, ohne in die Körperabwehr einzugreifen. In seiner Studie beschäftigte sich Dr. Beckmann mit so genannten antiapoptotischen Molekülen - sie sitzen auf der Oberfläche der Zellen eines Organs und können es möglicherweise vor der Abstoßung schützen. In einem Mausmodell gelang es ihm, durch Gentransfer die Produktion der Moleküle anzuregen. Zwar verbesserten sie dort nur marginal das Überleben des Transplantats - Dr. Beckmann etablierte jedoch eine wirkungsvolle Methode des Gentransfers: Ein Adenovirus transportierte die genetische Information für das protektive Molekül in den Kern der Herzmuskelzellen. Der Forscher konnte nachweisen, dass die Zellen das Molekül tatsächlich produzieren und auf ihrer Oberfläche bereitstellen. Damit steht eine aussichtsreiche Technik zur Verfügung, zukünftig Spenderorgane kurz vor der Transplantation genetisch so zu verändern, dass die Abstoßung dauerhaft und ohne die Nebenwirkungen einer Immunsuppression unterdrückt werden könnte.

    Der Sir-Hans-Krebs-Preis 2003

    Stress und Alkohol - Wissenschaftler entdeckten möglichen genetischen Risikofaktor

    Seit längerem weiß man, dass es zwischen Stress und Alkoholkonsum einen Zusammenhang gibt. In ihrer Arbeit konnte eine Gruppe um Dr. Inge Sillaber vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und Professor Dr. Rainer Spanagel vom Zentrum für Seelische Gesundheit in Mannheim erstmals zeigen, dass ein bestimmtes Hormonsystem, das Corticotropin-Releasing-Hormon-System (CRH) wichtig ist, um den Alkoholkonsum nach Stress über längere Zeit zu kontrollieren. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie im Mai 2002 im renommierten Wissenschafts-Magazin Science (2002; Vol.296, pp. 931-3).

    CRH vermittelt normalerweise hormonelle Antworten und das Verhalten bei Stress. Fehlt bei Mäusen der entsprechende CRH1-Rezeptor, führt Stress dazu, dass die Mäuse mehr und zunehmend Alkohol konsumieren. Dieser Effekt entsteht allerdings verzögert und hält lebenslang an. Gleichzeitig wird eine Untereinheit eines anderen Rezeptors (NMDA-Rezeptor) vermehrt produziert. Aus ihren Ergebnissen folgern sie, dass die Veränderungen im CRH1-Rezeptor-Gen oder in der Untereinheit des NMDA-Rezeptors einen genetischen Risikofaktor darstellen können für durch Stress verursachten Alkoholkonsum oder Alkoholismus.

    Die Ehrendoktorwürde

    "Es ist uns eine große Ehre, Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. mult. Heinrich-Dietrich Haferkamp von der Universität Hannover die Ehrendoktorwürde der MHH zu verleihen", sagt MHH-Präsident Professor v. der Hardt. "Wir möchten damit die umfangreichen wissenschaftlichen Leistungen Professor Haferkamps, seine besondere Unterstützung der Biomedizintechnik und seine vorbehaltlose Förderung der damit verbundenen Forschungsprojekte auch an der MHH würdigen." Haferkamp gründete 1986 das Laser Zentrum Hannover e. V., das sich zu einem der bedeutensten Zentren dieser Art in Europa entwickelt hat. Mittlerweile laufen dort mehrere gemeinsame Projekte mit der MHH. Seinem großen Engagement im Zentrum für Biomedizintechnik der Universität Hannover ist es zu verdanken, dass MHH und Universität gemeinsam den Sonderforschungsbereich "Zukunftsfähige bioresorbierbare und permanente Implantate aus metallischen und keramischen Werkstoffen" initiieren konnten.

    "Durch den besonderen Einsatz und die Erfahrung von Professor Haferkamp gelang es, dass der Sonderforschungsbereich erfolgreich begutachtet wurde und schließlich eingerichtet werden konnte. Dazu trug sicher auch die wissenschaftliche Reputation Professor Haferkamps bei - auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, bei innovativen Projekten und in der von ihm stets geförderten Zusammenarbeit von Ingenieuren und Medizinern. Die MHH hat hiervon in besonderer Weise profitiert", sagt Professor v. der Hardt.

    "Für einen Ingenieur ist es außergewöhnlich, eine medizinische Doktorwürde zu bekommen", sagt Professor Haferkamp. Er sieht die Würdigung auch als ein Ergebnis der Innovationsoffensive, die 1999 zur Gründung des Zentrums für Biomedizintechnik führte, dessen Sprecher er ist. "In diesem Bereich gab und gibt es noch immer viel Potential", sagt Professor Haferkamp. Die bisher so erfolgreiche Zusammenarbeit soll daher auf jeden Fall fortgesetzt werden. "Dafür bieten sich die Neurobionik, die Nanotechnik, die Mikrosystemtechnik und die Biophotonik geradezu an, weil in diesen Bereichen in Hannover Exzellenzforschung betrieben wird."

    Forschungsgelder der Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung

    Zum ersten Mal wird die Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung im Rahmen der Promotionsfeier Forscherinnen und Forscher der MHH mit Geld für ihre wissenschaftlichen Arbeiten fördern. So erhält Professor Dr. med. Helmut Drexler, Direktor der Abteilung Kardiologie und Angiologie, 200.000 Euro für ein Spezialmessgerät namens "BD FACS Aria Flow Cytometer". Privatdozent Dr. rer. nat. Ulrich Lehmann und Dr. med. Michael Mengel aus der Abteilung Pathologie werden mit 100.000 Euro unterstützt für ihr Forschungsprojekt "Kardialer in-situ-Mikro-Chimärismus nach Herz- oder Knochenmark-Transplantation". Dr. med. Ulf Landmesser aus der Abteilung Kardiologie und Angiologie wird mit 78.150 Euro gefördert für das Projekt "Oxidativer Stress und chronische Herzinsuffizienz: Bedeutung vaskulärer und myokardialer pro-oxidativer und antioxidativer Enzymsysteme". Und schließlich erhält Dr. med. Heike Nave aus der Abteilung Funktionelle und Angewandte Anatomie 16.372 Euro für ihr Vorhaben: "Herz-Kreislauf-Regulation durch intravenös appliziertes Neuropeptid Y (NPY) im Krankheitsmodell für akute Endotoxämie".

    Zeitablauf der Promotionsfeier der MHH am Freitag, 24. Oktober 2003, Hörsaal F

    15.15 Uhr
    Musikalische Einleitung

    15.20 Uhr
    Begrüßung durch MHH-Präsident Professor Dr. Horst v. der Hardt

    15.30 Uhr
    Verleihung der Promotionspreise der Gesellschaft der Freunde der MHH (überreicht durch MHH-Forschungsdekan Professor Dr. Karl Welte und Professor Dr. Hartmut Küppers, Vorsitzender der Freundegesellschaft)

    15.45 Uhr
    Persönliche Aushändigung der Promotionsurkunden durch Professor v. der Hardt

    16.30 Uhr
    Verleihung des Sir-Hans-Krebs-Preises (überreicht durch Professor Welte und Volker Seidel, Vorstandsmitglied der
    Hannoverschen Lebensversicherung AG)

    16.40 Uhr
    Verleihung der Ehrendoktorwürde(überreicht durch Professor v. der Hardt)

    16.50 Uhr
    Vergabe der Gelder der Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung
    (überreicht durch Professor v. der Hardt)

    16.55 Uhr
    Abschluss

    17.05 Uhr
    Musikalischer Ausklang


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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