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05.02.2019 12:07

Wie das Darmbakterium Clostridium ramosum Übergewicht fördert

Sonja Schäche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Es ist bekannt, dass bestimmte Darmbakterien das Gewicht beeinflussen. Wie dieser Effekt zustande kommt, ist bisher kaum verstanden. Ein Potsdamer Forscherteam vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) zeigt nun in der Fachzeitschrift Scientific Reports, dass das Bakterium Clostridium ramosum die Darmzellen von Mäusen dazu bringt, vermehrt den Botenstoff Serotonin auszuschütten. Durch das Serotonin wird die Fettaufnahme aus dem Darm begünstigt, was die Fettpolster schneller wachsen lässt.

    Clostridium ramosum ist ein zehn Mikrometer großes Bakterium und somit rund 100 Mal kleiner als ein Sandkorn. Die sporenbildende Mikrobenart kommt verstärkt im Darm übergewichtiger Menschen vor. Unklar ist, ob die Betroffenen durch das Bakterium an Gewicht zunehmen. Im Tierversuch ist die Datenlage eindeutiger. „In früheren Studien mit Mäusen beobachteten wir, dass Clostridium ramosum Übergewicht fördert, indem es die Zahl der Fettsäuretransporter im Darm erhöht“, sagt Professor Michael Blaut, Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie am DIfE.

    Dieser Spur gingen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun weiter nach. Dafür untersuchten sie Mäuse und Darm-Organoide. Darm-Organoide werden aus Stammzellen gewonnen und weisen ähnliche Eigenschaften wie normales Darmgewebe auf. Sie werden deshalb auch als „Mini-Därme“ bezeichnet. Das Forscherteam beobachtete, dass Clostridium ramosum den Darm der Tiere dazu bringt, vermehrt enterochromaffine Zellen zu bilden. Diese spezialisierten Zellen produzieren den Botenstoff Serotonin. Somit kann das Bakterium die Konzentration von Serotonin im Darm erhöhen und die Anzahl der Fettsäuretransporter steigern. Eine mögliche Folge für Maus und Mensch: Übergewicht. „Die Studie zeigt einmal mehr, wie stark der Einfluss einer einzelnen Bakterienspezies im Darm sein kann“, betont Blaut.

    Fettreiche Ernährung fördert Wachstum von Clostridium ramosum

    Insbesondere eine Ernährung mit viel Fett könnte problematisch sein. Denn das Bakterium vermehrt sich gerade unter einer fettreichen Diät optimal. „Unsere Ergebnisse liefern einen wichtigen Hinweis auf das Zusammenspiel zwischen Ernährung, Stoffwechsel des Wirts und Darmbakterien“, sagt Dr. Ana Mandic, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung, die seit fast drei Jahren an dem Projekt arbeitet. Im nächsten Schritt sei es wichtig zu prüfen, in welchem Maße Clostridium ramosum beim Menschen zu Übergewicht beiträgt. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, ob das Bakterium durch eine bestimmte Ernährung und andere Mikroorganismen ausgebremst werden könnte.

    Literatur

    Original-Publikation: Mandić AD, Woting A, Jaenicke T, Sander A, Sabrowksi W, Rolle-Kampcyk U, v. Bergen M, Blaut M. Clostridium ramosum regulates enterochromaffin cell development and serotonin release. Scientific Reports (2019) 9:1177
    [https://doi.org/10.1038/s41598-018-38018-z]

    Ähnlicher Artikel: Woting A, Pfeiffer N, Loh G, Klaus S, Blaut M. Clostridium ramosum promotes high-fat diet-induced obesity in gnotobiotic mouse models. mBio® 2014
    [https://mbio.asm.org/content/5/5/e01530-14.long]

    Hintergrundinformationen

    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

    Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

    Pressekontakt

    Sonja Schäche
    Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 33200 88-2278
    E-Mail: sonja.schaeche@dife.de / presse@dife.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Michael Blaut
    Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 (0)33200 88-2311
    E-Mail: blaut@dife.de

    Dr. Ana Mandic
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Tel.: +49 (0)33200 88-2464
    E-Mail: ana.mandic@dife.de


    Originalpublikation:

    Mandić AD, Woting A, Jaenicke T, Sander A, Sabrowksi W, Rolle-Kampcyk U, v. Bergen M, Blaut M. Clostridium ramosum regulates enterochromaffin cell development and serotonin release. Scientific Reports (2019) 9:1177
    [https://doi.org/10.1038/s41598-018-38018-z]


    Weitere Informationen:

    http://www.dife.de/presse/pressemitteilungen/?id=1422


    Bilder

    Lichtmikroskopische Aufnahme von Clostridium ramosum nach Gram-Färbung.
    Lichtmikroskopische Aufnahme von Clostridium ramosum nach Gram-Färbung.
    Quelle: Tina Jaenicke/DIfE
    None

    Repräsentatives immunfluoreszenzmikrosokopisches Bild von Kolonorganoiden von Mäusen nach einer 7-tägigen Inkubation mit hitzeinaktivierten Zellen von Clostridium ramosum
    Repräsentatives immunfluoreszenzmikrosokopisches Bild von Kolonorganoiden von Mäusen nach einer 7-tä ...
    Quelle: Ana Mandic/DIfE
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Lichtmikroskopische Aufnahme von Clostridium ramosum nach Gram-Färbung.


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    Repräsentatives immunfluoreszenzmikrosokopisches Bild von Kolonorganoiden von Mäusen nach einer 7-tägigen Inkubation mit hitzeinaktivierten Zellen von Clostridium ramosum


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