Die akademische Freiheit in Ungarn ist ein weiteres Mal massiv bedroht. Davor warnt Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Direktor des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Brunnbauer kritisiert Pläne der Regierung von Premierminister Victor Orbán, die Unabhängigkeit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften aufzuheben. „Die Freiheit der Wissenschaft ist ein hohes Gut und für Innovation unersetzlich“, erklärt Brunnbauer. „Ein Angriff darauf in einem Land ist ein Angriff auf europäische Grundwerte und kann, wie bereits andere autoritäre Maßnahmen der ungarischen Regierung, eine fatale Vorbildwirkung entwickeln.“
Es ist erst wenige Wochen her, dass die Central European University (CEU) im Streit mit der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán ihren Wegzug aus Budapest angekündigt hat. Nun klagen erneut ungarische Wissenschaftler, die Regierung unterhöhle die Unabhängigkeit der Forschung. In einem offenen Schreiben (auf Englisch unter https://adf2019.wordpress.com/english/) wenden sich Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften gegen die geplante Umstrukturierung der Akademie und den Verlust der Finanzautonomie. Ihre Kritik: Die Regierung wolle die direkte Kontrolle bekommen über das Forschungsnetzwerk der Akademie. Dieses bislang von der Akademie verantwortete Netzwerk ist das größte seiner Art in Ungarn und umfasst Forschungseinrichtungen mit rund 5000 Mitarbeitern. In dem offenen Schreiben bitten Mitarbeiter des Netzwerks um Unterstützung vor der nächsten, womöglich wegweisenden Sitzung der Akademie am 12. Februar. Gleichzeitig warnen sie, hier könnte zum ersten Mal ein Mitgliedstaat der Europäischen Union offen das Prinzip der Freiheit der Wissenschaft von politischen Interessen verletzen.
Ulf Brunnbauer, Direktor des IOS und Südosteuropa-Historiker, unterstützt die Anliegen der ungarischen Wissenschaftler – zumal die Akademie Kooperationspartner des IOS ist. Die Auseinandersetzung um die Akademie habe bislang weniger Aufmerksamkeit bekommen als der Streit um die CEU. Trotzdem sei auch dies von europäischer Bedeutung. Brunnbauer: „Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit der Regierung Orbán ist anzunehmen, dass es nicht um eine Reform der Akademie geht, sondern um die Unterbindung unabhängiger Forschung. Gerade die geistes- und sozialwissenschaftlichen Institute der Akademie, die hohen internationalen Ruf genießen und exzellente Forschung betrieben, sind der Regierung ein Dorn im Auge, wagen sie es ja, sich der patriotischen Indienstnahme durch die Regierung zu entziehen. In der von Orbán gepredigten illiberalen Demokratie, die keine Demokratie sein kann, ist offensichtlich kein Platz für den europäischen Grundwert der Wissenschaftsfreiheit. Die EU und die Bundesregierung müssen reagieren, denn die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die autoritäre Politik Orbáns Nachahmer in der Region findet. Es ist eine traurige Ironie, dass eine rechtskonservative Regierung zu dem Wissenschaftsmodell des Stalinismus zurückkehren will.“
Ihr Ansprechpartner für Rückfragen:
Prof. Dr. Ulf Brunnbauer
E-Mail: brunbauer@ios-regensburg.de
Tel.: 0941/94354-75 (werktags)
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Wissenschaftspolitik
Deutsch
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