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20.10.1998 00:00

Wie Tübinger Forscher versuchen, Immunreaktionen vorherzusagen

Dr. Ellen Katz Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Tübingen

    (Die Originalarbeit wird diese Woche veröffentlicht in "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), USA, einer der führenden naturwissenschaftlichen Fachzeitschriften Amerikas)

    Den Zellen in den Hals geschaut -
    Wie Tübinger Forscher versuchen, Immunreaktionen vorherzusagen

    Die Originalarbeit wird diese Woche veröffentlicht in "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), USA, einer der führenden naturwissenschaftlichen Fachzeitschriften Amerikas:

    Um diese Jahreszeit ein altbekanntes Bild: Der Hausarzt leuchtet einem Patienten in den Hals, um eine Infektion ausfindig zu machen. Auch Immunzellen (T-Zellen) "schauen" in die Zellen des Körpers hinein, um ihre "Gesundheit" zu prüfen. Sie erfassen dabei gesunde bzw. krankheitsbedingt veränderte Zellen (z.B. nach einer Virusinfektion) über Wechselwirkungen von Zelloberflächenmolekülen.
    Der T-Zell-Rezeptor auf der T-Zelle "sieht" dabei eine Vielzahl von Eiweißbruchstücken (Peptiden) aus dem Innern der "Patienten-Zelle". Diese Peptide werden durch die sog. MHC-Zelloberflächenmoleküle auf allen Körperzellen präsentiert. Taucht z.B. nach einer Virusinfektion plötzlich ein Virus-Bruchstück auf der Zelloberfläche auf, so können T-Zellen dazu angeregt werden, diese Zelle umzubringen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

    Wenn Wissenschaftler eine Immunreaktion, z.B. gegen ein Virus, vorhersagen wollen, prüfen sie, welche Peptide aus viralen Proteinen theoretisch auf MHC-Molekülen binden und damit präsentiert werden können. Diese Vorhersagen sind möglich, weil Peptide ganz bestimmte Eigenschaften aufweisen müssen, um an MHC-Moleküle zu binden. Diese Methode ist aber aufwendig und nicht immer von Erfolg gekrönt.

    Mitarbeitern von Prof. Hans-Georg Rammensee aus der Abteilung Immunologie des Interfakultären Instituts für Zellbiologie der Universität Tübingen ist es nun in Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart und dem Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried gelungen, den Weg für eine bessere Vorhersage von Immunreaktionen zu bereiten. Sie untersuchten dazu das Proteasom, eine faßförmige intrazelluläre "Häckselmaschine" (Protease), die Eiweiße in der Zelle zu Peptiden zerschneidet.
    In der Gruppe von Dr. Hansjörg Schild gelang es Alexander Nußbaum und Tobias Dick zum ersten Mal, das Schnittmuster zu analysieren, welches das Proteasom in einem großen, unmodifizierten Protein hinterläßt. Ähnliches war aufgrund der Komplexität der proteasomalen "Klingen" bisher nur an künstlichen, kurzen Eiweißstücken untersucht worden. Die Forscher ließen dazu im Reagenzglas das Eiweiß Enolase vom Hefe-Proteasom zerschneiden und identifizierten in Zusammenarbeit mit der Peptidanalyse-Gruppe von Dr. Stefan Stevanovic die Schnittprodukte.

    Eine statistische Auswertung der Schnittstellen ergab, daß das Proteasom nur an ganz bestimmten Stellen des Eiweißes schnitt. Vorläufige Ergebnisse mit weiteren Eiweißen lassen vermuten, daß die Schnittpräferenz des Proteasoms ("Schnittmotiv") allgemeingültige Komponenten enthält. Diese werden nun in Zusammenarbeit mit Prof. Dietz vom Institut für Medizinische Biometrie und Prof. Hadeler von der Biomathematik in Computerprogrammen simuliert und auf neue Eiweiße angewendet.

    Als nächstes sollen die Versuche auf menschliche Proteasomen, die dem Hefe-Proteasom sehr ähnlich sind, ausgedehnt werden. Außerdem soll untersucht werden, ob Proteasomen Eiweiße in Zellen tatsächlich genauso zerschneiden wie im Reagenzglas.
    Durch die Kombination der nun gewonnenen Erkenntnisse mit den bisher eingesetzten Verfahren erhoffen sich die Forscher für die Zukunft eine genauere Vorhersage von Immunantworten. Die Ergebnisse könnten auch in der Optimierung von Impfstoffen eine Rolle spielen.

    Erstautor der Publikation und Verfasser des obigen populärwissenschaftlichen Beitrags ist der Doktorand und Graduiertenstipendiat Alexander Nußbaum.

    Ansprechpartner für nähere Informationen:
    Prof. Hans-Georg Rammensee und Alexander Nußbaum
    Interfakultäres Institut für Zellbiologie, Abtl. Immunologie
    am Universitätsklinikum Tübingen
    Tel. 0 70 71 / 29-8 76 28, Fax 0 70 71 / 29-56 53
    e-mail: rammensee@uni-tuebingen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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