Big-Data-Analyse zeigt: Es fehlt an Forschung über schnell wachsende Städte im globalen Süden, insbesondere zu Themen wie Verkehr, Zersiedelung und die Energienutzung privater Haushalter. Die Klimaschutz-Forschung befasst sich zunehmend mit dem Beitrag von Städten – und macht nun einen wichtigen Schritt vorwärts, von eher anekdotenhafter Einzelfallbetrachtung hin zur systematischen Zusammenfassung vieler Tausender Fälle. So lassen sich am Ende aus der Fülle städtischer Politik-Erfahrungen allgemeingültige Erkenntnisse ableiten.
„Wir haben mehr als 4000 wissenschaftliche Fallstudien zu städtischem Klimaschutz identifiziert und mit Methoden der Big-Data-Analyse die relevanten Metadaten über Orte, Themen, Vergleiche zu anderen Städten und weitere Inhalte ausgelesen“, berichtet William F. Lamb, Forscher am Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Er koordinierte den Aufbau der daraus entstandenen Fallstudien-Datenbank – der ersten ihrer Art – und der zugehörigen MCC-Studie, die nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde.
„Unsere Studie zeigt einen Mangel an Forschung zu aufstrebenden Städten in Asien und Afrika, von denen ein großer Teil des künftigen Anstiegs urbaner Treibhausgasemissionen ausgehen wird“, betont Lamb. „Dabei bietet dort der anstehende Prozess von Städtebau und Infrastruktur-Entwicklung die Chance, Entwürfe für einen emissionsarmen urbanen Raum zu entwickeln.“ Wichtige Themen sind Verkehr, Zersiedelung und die Energienutzung in privaten Haushalten. „Unsere Datenbank ist Ausgangspunkt für eine detailliertere Synthese“, erklärt Lamb. „Sie ermöglicht es, dass die Forschung gezielt den Blick auf bestimmte Themen oder Orte richtet und Wissenslücken schließt, dass also ihre begrenzten Kapazitäten gut eingesetzt werden." Insbesondere für künftige Bewertungen der Forschungsliteratur, etwa durch den Weltklimarat IPCC, wird das bedeutsam. Und es ist eine wichtige Antwort auf die rasant steigende Zahl wissenschaftlicher Arbeiten zu diesem Thema.
Zu den identifizierten Wissenslücken gehört der Mangel an Erkenntnissen über kleinere Städte. Ein großer Teil der Weltbevölkerung (43 Prozent) lebt in kleineren Städten (unter 300.000 Einwohner), doch nur 19 Prozent der Fallstudien-Literatur beschäftigt sich damit. Ein ähnlicher großer Anteil der Literatur, 23 Prozent, konzentriert sich auf Megacities (über zehn Millionen Einwohner), obwohl dort deutlich weniger Menschen leben (12 Prozent). Regional zeigt die Forschung eine starke Ausrichtung auf Europa, Nordamerika und Ozeanien. Und sie beleuchtet die Themen der Angebotsseite, etwa rund um das lokale Energiesystem, viel weniger die Themen der Nachfrageseite (wie Verkehr, Abfallwirtschaft, Haushaltsenergienutzung, aber auch kommunale Regulierung, Städtebau und CO₂-Emissions-Buchführung). Die neue Datenbank ist sowohl bei der Zahl der Fallstudien als auch bei der Zahl der Analyse-Parameter auf Zuwachs ausgerichtet. Zudem wird das Forscherteam die bereits einbezogenen Fallstudien noch systematischer auswerten und den Befund der Klimapolitik vor Ort zur Verfügung stellen.
https://www.mcc-berlin.net/ueber-uns/team/minx-jan.html
Lamb, W., Creutzig, F., Callaghan, M., Minx, J., 2019, Learning about urban climate solutions from case studies, Nature Climate Change
http://dx.doi.org/10.1038/s41558-019-0440-x
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Energie, Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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