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25.03.2019 13:43

Fachkonferenz Software-Verlässlichkeit: Warum reines Funktionieren nicht mehr ausreicht

MÜNCHNER KREIS Pressearbeit
Münchner Kreis

    München, 25. März 2019 – Bei Verlässlichkeit geht es heute mehr um Akzeptanz als um Technik, Software und seine Funktionen müssen vor allem nachvollziehbar und erklärbar sein. Das ist eine zentrale Erkenntnis der Fachkonferenz „Software-Verlässlichkeit – entscheidender Erfolgsfaktor für Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz“, zu der der MÜNCHNER KREIS am 13.3. zahlreiche ExpertInnen nach Berlin ins Fraunhofer-Institut FOKUS geladen hatte.

    Neue Herausforderungen für Verlässlichkeit entstehen entweder durch die veränderte Nutzung von Software oder durch ihre veränderte Entwicklung und Verbreitung. In Berlin ging es vor allem darum, was das in der Praxis bedeutet.

    Softwarenutzung wandelt sich insofern, als künstliche Intelligenz einerseits Teil unseres Alltags geworden ist – ganz selbstverständlich nutzen wir Sprachassistenten oder automatische Übersetzungsprogramme. Andererseits lehnt eine Mehrheit in Deutschland den Einsatz von KI in der Schule, bei Gericht oder bei der Bundeswehr ab, weil sie Angst vor Datenmissbrauch und Fremdbestimmung hat, so das Ergebnis einer in Berlin präsentierten Umfrage. Entsprechende Software kann also nur verlässlich und die damit verbundenen Anwendungen erfolgreich sein, wenn die Menschen ihnen auch vertrauen.

    Der Kunde kauft kein Produkt, sondern den Zugang zu einem Service

    Und nicht nur bei der Nutzung, auch bei der Herstellung und Verbreitung von Software sind die Erwartungen der Kunden grenzenlos, da waren sich die ExpertInnen einig. So soll die Entwicklung immer schneller gehen, das Produkt zugleich immer besser werden. Und diese Erwartung ist nicht zwingend paradox. Der ganzheitliche Entwicklungsansatz DevOps steigert in vielen Fällen tatsächlich beides, die Geschwindigkeit beim Ausliefern und die Qualität. Wobei das Wort „liefern“ in Zeiten des Cloud Computing den Vorgang nicht mehr wirklich treffend charakterisiert. Schließlich kauft der Kunde nicht mehr ein Produkt, sondern den Zugang zu einem Service. Auch – und gerade – ein solcher Service kann nur verlässlich sein, wenn die Nutzer ihm vertrauen.

    Wie man dieses Vertrauen systematisch fördert, auch darüber wurde in Berlin diskutiert. Ein spannender neuer Ansatz sind sogenannte Algo.Rules, die der Think Tank iRights.Lab gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung entwickelt hat. Neue Regeln definieren, wie ein Algorithmus gestaltet sein muss, um auch mit moralischer Elle bewertbar zu sein: transparent vor allem, nachvollziehbar in seinen Wirkungen und kontrollierbar.

    Auch IoT-Lösungen brauchen digitales Vertrauen

    Verlässlichkeit und Kontrollierbarkeit, das sind auch zentrale Vorteile der Blockchain-Technologie. Deshalb wollen Autohersteller sie nutzen, um gemeinsam mit dem ÖPNV und weiteren Mobilitätsanbietern eine vernetzte Mobilitätsplattform zu schaffen. Mit den verketteten Blöcken stünde dabei eine Art neutraler Instanz bereit, die zwangsläufig unabhängig und von allen Beteiligten kontrollierbar ist.

    Ebenfalls mit softwaregestützter Zusammenarbeit beschäftigen sich die Mitglieder des Industrial Internet Consortium (IIC). Wichtiges Element seiner Arbeit sind sogenannte Testbeds, Experimentierumfelder für Co-Innovation. Eine Herausforderung dabei ist es, in ohnehin schon komplexe IoT-Lösungen Mechanismen des „digitalen Vertrauens“ zu integrieren.

    Nachvollziehbarkeit sollte Teil der Softwareentwicklung sein

    Insgesamt hat die Berliner Fachkonferenz deutlich gemacht, dass Software-Verlässlichkeit im KI und IoT-Umfeld weniger ein Funktions- und mehr ein Vertrauensthema ist. Dieses Vertrauen ist oft brüchig, weil die Komplexität von Systemen immer weiter steigt, und weil der Verbleib und die Nutzung von Daten oft schwer nachvollziehbar ist. Genau deshalb sollte die Nachvollziehbarkeit von Zielen, Funktionen und Verantwortlichkeiten viel mehr als bisher Teil jeder Softwareentwicklung sein, so ein zentrales Ergebnis der Abschlussrunde der ExpertInnen.

    Warum das so wichtig ist, erklärt ein Zitat des Informatikers Joseph Weizenbaum. Es war auf der Berliner Fachkonferenz Teil einer Präsentation: „Ein Computer wird das tun, was du ihm sagst, aber das kann etwas ganz anderes sein, als du ursprünglich im Sinn hattest.“

    Positionen der Referenten:

    Prof. Dr.-Ing. Ina Schieferdecker, Fraunhofer FOKUS und TU Berlin in ihrem Einführungsstatement:
    Software verlässt die technische Steuerung und dient heute immer häufiger der Entscheidungsunterstützung und Entscheidungssteuerung in gesellschaftskritischen Kontexten. Es stellt sich die Frage, welche Prozesse nötig sind, wie man die Software nachvollziehbar macht und wer die Verantwortung trägt.

    Dr. Thomas Bierhoff, Atos Deutschland, zur Frage, ob und wie sich Verlässlichkeit garantieren lässt:
    Software lebt immer in einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit.

    Dr. Nabil Alsabah, Bitkom e. V., über das Verhältnis der Deutschen zu Künstlicher Intelligenz:
    53 Prozent der Menschen glauben, dass KI die Welt so stark verändern wird wie zum Beispiel der Verbrennungsmotor. Und 62 Prozent sehen KI als Chance. Das sind deutlich mehr als noch vor zwei Jahren.

    Volker Kirchgeorg, SAP SE, über die Macht der Digitalisierung:
    Digitalisierung hat Oberflächen total verändert, und es hat Geschäftsmodelle verändert – nicht zuletzt das von SAP.

    Philipp Otto, iRights.Lab, über Algo.Rules:
    Wir wollen zeigen, wie man Moral in Programmiercode abbilden kann.

    Prof. Dr. Micheal Schmidl, Baker & McKenzie, über Haftungsfragen im Zusammenhang mit agiler Softwareentwicklung:
    Wenn für einen Vorgang bezahlt wird, dann gilt in der Regel das Dienstvertragsrecht. Darin ist festgelegt, dass man etwas macht, aber nicht zwingend, dass man es auch gut macht.

    Alexander Bluhm, genua GmbH, über die Vorteile von Open Source-Produkten:
    Wir verwenden Open Source-Software, um die Verlässlichkeit der von uns hergestellten Produkte nachvollziehen zu können und handlungsfähig zu bleiben.

    Prof. Dr. Florian Matthes, TU München, zur Frage, warum es nicht schon viel mehr praktische Anwendungen der Blockchain-Technologie gibt:
    Die Governance solcher Projekte ist schwierig, weil es dabei häufig darum geht, mit seinen Feinden zu kooperieren.

    Dirk Slama, Bosch SI, über mögliche Risiken beim Betrieb von Testbeds:
    Es geht immer auch um die Frage, wie ich experimentell agieren kann, ohne dabei Sicherheitsprobleme zu produzieren.

    Dr. Diana Serbanescu, Weizenbaum-Institut, über neue Kriterien für die Qualität von Software:
    Systeme müssen heute nicht nur bezüglich ihrer Performance, sondern auch in Bezug auf Sicherheit und Fairness optimiert werden. Allerdings sind diese Kriterien schwer zu quantifizieren - und damit auch schwer zu optimieren.

    Über den MÜNCHNER KREIS

    Der MÜNCHNER KREIS möchte die digitalisierte Wissens- und Informationsgesellschaft durch seine Arbeit aktiv mitgestalten. Als gemeinnützige, internationale Vereinigung an der Nahtstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft bietet der MÜNCHNER KREIS eine unabhängige Plattform, die gleichermaßen Hersteller, Dienstleister und alle Anwenderbranchen wie Automotive, Energie etc. anspricht. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten setzt er sich konstruktiv mit den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung auseinander, um Orientierung in der digitalen Transformation zu geben.

    Pressekontakt

    Gabriela Ölschläger
    Storymaker
    Agentur für Public Relations GmbH
    Derendinger Straße 50
    D – 72070 Tübingen
    T + 49. 7071. 93872-217
    g.oelschlaeger@storymaker.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Elektrotechnik, Gesellschaft, Informationstechnik, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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