Über 800 Seiten stark ist das Cambridge Handbook of Wisdom, das kürzlich von Robert J. Sternberg (Cornell University) und Judith Glück (Universität Klagenfurt) herausgegeben wurde. Das Handbuch gibt einen Überblick über die an Universitäten noch immer eher vereinzelt betriebene Weisheitsforschung und zeigt Perspektiven auf, wie mehr Wissen über Weisheit zu einer besseren Welt beitragen könnte.
Vor 14 Jahren haben Robert J. Sternberg und Jennifer Jordan die letzte Ausgabe des Handbook of Wisdom veröffentlicht, mit damals 13 Kapiteln. Gemessen daran hat die Weisheitsforschung heute deutlich mehr zu bieten, wobei die neue Ausgabe 32 Kapitel umfasst, die von 26 verschiedenen Forschungsteams aus Psychologie, Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Medizin verfasst wurden. Auch wenn heute viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Weisheit arbeiten, nimmt das Thema noch immer wenig Raum in den Studien- und Forschungsprogrammen – auch großer Psychologieinstitute – ein.
Mehr Wissen über Weisheit würde sich gesellschaftlich lohnen, so die Annahme des Herausgebers und der Herausgeberin im Vorwort zum Handbuch: „Wir leben in einer Welt, die wesentlich mehr Weisheit braucht, als sie derzeit aufweist.“ Die Weisheitsforschung sehen die beiden – im Gegensatz zu so mancher enger experimentalpsychologischer Fragestellung - als hochrelevant für die Probleme der gegenwärtigen Menschheit an. Jene Situationen, in denen sich Weisheit zeigt, würden sich jedoch typischerweise klassischen experimentellen Methoden entziehen, was eine zentrale Herausforderung für die Weisheitsforschung darstellt.
Mit dem Buch wenden sich Robert J. Sternberg und Judith Glück nicht nur an Studierende und die wissenschaftliche Community, sondern auch an alle außerhalb des Feldes, die ernsthaft verstehen wollen, was Weisheit ausmacht und worin ihr Potenzial liegt, die Welt zu verändern. Judith Glück, die sich in einem Beitrag mit der Entwicklung von Weisheit während des Erwachsenenlebens beschäftigt, stellt darin auch die Frage, inwiefern sich das Alter bzw. bestimmte Lebensphasen eher zur Herausbildung von Weisheit eignen. Die Betrachtung verschiedener Studien bringt zu Tage: Es ist nicht möglich, eindeutig eine bestimmte Lebensphase als „weises“ Alter nachzuweisen, vielmehr hänge das Ergebnis von den (psychologischen) Messinstrumenten in den jeweiligen Untersuchungen ab. Weisheit entwickelt sich nicht automatisch im Lauf des Lebens, daher könne man auch nicht darauf vertrauen, dass die Zeit mehr Weisheit für den Einzelnen und das Gesamte zutage brächte. „Manche Menschen sind stark darum bemüht, ein tiefes Verständnis zu den essentiellen Fragen des menschlichen Lebens zu gewinnen. Sie wollen wissen, wie wir einander ähneln und uns voneinander unterscheiden und welche Möglichkeiten wir haben, nicht nur unser eigenes Leben, sondern das vieler zu verbessern. Wenn diese Menschen auch die emotionalen und kognitiven Fähigkeiten haben, mit den Komplexitäten dieser Themen umzugehen, können sie ein reiches und tiefes Wissen über das Leben erlangen und dieses dazu verwenden, die Welt im gesamten zu verbessern“, erläutert Judith Glück. Voraussetzung für die Entwicklung von Weisheit sind beispielsweise Empathie, Emotionsregulation und Reflexionsvermögen, die bewusst gefördert werden könnten. Diese könnten sowohl beim Individuum als auch auf der gesellschaftlichen Ebene zur Herausbildung von mehr Weisheit beitragen.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Judith Glück
+43 463 2700 1611
Judith.Glueck@aau.at
Sternberg, R. J. & Glück, J. (2019). The Cambridge Handbook of Wisdom. Cambridge: Cambridge University Press.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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