Eine neuartige Datenbank zur Verbesserung forensischer Gutachten ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Landeskriminalamt Brandenburg und der Trierer Phonetik-Professorin Angelika Braun.
Eine Stimme teilt dem Hörer viel mehr mit als nur die Worte, die sie transportiert. Stimmen können auch verräterisch sein und zur Überführung von Straftätern beitragen. Angelika Braun hat mit ihren Stimmanalyse-Kenntnissen schon in manchem spektakulären Kriminalfall Ermittlern auf die Sprünge geholfen oder die Wahrheitsfindung vor Gericht unterstützt. Jetzt war die Phonetik-Professorin der Universität Trier über zwei Jahre hinweg als Kooperationspartnerin in einem Forschungsprojekt des Landeskriminalamts Brandenburg zur Häufigkeit von Stimmqualitäten aktiv. Die dabei entstandene Datenbank dient unmittelbar der Optimierung von forensisch-phonetischen Gutachten. Sie kommt aber auch Lehrenden und Studierenden der Phonetik gleichermaßen zugute.
Jedes Ohr nimmt Merkmale von Stimmen wahr. Sie konkret unterscheiden und aussagekräftig beschreiben zu können, überfordert Laien. Vor allem dann, wenn die Stimmen nicht so markant sind wie die der „näselnden“ Schauspieler Theo Lingen und Til Schweiger oder der „knarrenden“ Politiker Joschka Fischer und Ex-US-Außenminister Henry Kissinger.
Um Stimmproben einer Kategorie zuordnen zu können, braucht es neben einem guten Gehör breites Wissen und Erfahrung. Zur Täterüberführung per Stimmenvergleich genügt es im richtigen Leben nicht – wie in Fernsehkrimis der Serien CSI oder Tatort oft zu sehen – mit einer Software zwei Kurven übereinander zu legen. Mit den falschen Erwartungen, die dadurch geweckt werden, hat die Sachverständige immer wieder zu kämpfen.
"Die Stimme unterscheidet sich nun mal grundlegend von Fingerabdrücken oder DNA-Profilen, weil sie nicht unveränderlich ist“, sagt Angelika Braun. Allein die Stimmungslage oder eine Erkältung führen zu völlig unterschiedlichen Messergebnissen, die der Interpretation durch einen erfahrenen Experten bedürfen. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Versuche, Stimmenvergleiche weitgehend automatisch durchzuführen, nicht von Erfolg gekrönt waren.
In dem zweijährigen Forschungsprojekt „Verteilung von Stimmqualitäten im Deutschen“ analysierten die Phonetiker 200 Stimmproben von Männern zwischen 18 und 45 Jahren, weil diese Gruppe statistisch gesehen die meisten Straftaten begeht und damit am ehesten für eine stimmenvergleichende Begutachtung in Betracht kommt.
Die in der Datenbank erfasste Verteilung von Stimm-Merkmalen in der Bevölkerung dient vornehmlich dazu, stimmenvergleichende Gutachten für Ermittlungsbehörden und Gerichte stärker als bisher quantitativ untermauern zu können. Gehört die Stimme eines Verdächtigen oder Angeklagten einer nur selten vertretenen Kategorie an, könnte dies den Verdacht erhärten oder die Indizienlast beschweren.
Die im März abgeschlossene Zusammenarbeit des Landeskriminalamts Brandenburg, der Trierer Transferstelle PHONAM und der Phonetik der Universität Trier unterstreicht die bundesweit führende Position des Fachs in Forschung und Lehre zur forensischen Phonetik. Gefördert wurde sie aus Mitteln des Fonds für Innere Sicherheit der Europäischen Union.
An dem für das Projekt erstellten Pool von 200 Stimmproben werden Wissenschaftler und Studierende weitere Grundlagenforschung betreiben. Angelika Braun hat schon konkrete Vorstellungen: „Eine spannende Frage könnte sein, ob Zusammenhänge zwischen der regionalen Herkunft und der Verteilung von Stimmqualitäten bestehen. In anderen Ländern gibt es zumindest Hinweise darauf.“
Prof. Dr. Angelika Braun
Universität Trier/Phonetik
Tel +49 651 201-2255
E-Mail: brauna@uni-trier.de
www.phonetik.uni-trier.de
Prof. Dr. Angelika Braun bei der Bearbeitung einer Stimmprobe.
Foto: Uni Trier
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Recht
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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