Jena. Eine neue Methode für die genaue Diagnose des Schadensausmaßes nach einem Herzinfarkt erforschen derzeit Mediziner am Universitäts-Klinikum Jena. Die Arbeitsgruppe um Dr. Uwe Leder mißt mit Hilfe der Magnetokardiographie (MKG) kleinste elektrische Ströme, die den Herzschlag auslösen und die Muskelkontraktion des Herzens koordinieren. "Herzareale, die nach einem Infarkt von dieser Reizleitung nicht völlig abgeschnitten sind, können durch gezielte Eingriffe möglicherweise wieder aktiviert werden", erläutert Leder. Jena gilt als führend unter insgesamt sechs Zentren in Deutschland, die an dieser Fragestellung mittels Magnetokardiographie arbeiten. Die erforderliche teure Großgerätetechnik wurde jetzt durch neue Hochleistungsrechner ergänzt.
Nicht einmal ein Millionstel des Erdmagnetfeldes sind jene Magnetfelder stark, die mit den elektrischen Herzimpulsen einhergehen, aber die Jenaer MKG-Gruppe hat es sich zum Ziel gesteckt, auch noch klein-ste Veränderungen zuverlässig zu entdecken und präzise zu lokalisieren. Denn solche Veränderungen deuten immer auf eine Schädigung des Herzens hin. "Die MKG-Diagnose wird eines Tages Standarduntersuchung sein, um zu erfahren, ob sich zum Beispiel eine Bypass-Operation für einen Patienten lohnt", macht Uwe Leder klar. "Denn wenn ein Herzmuskelareal nicht mehr elektrisch erregt wird, arbeitet es auch trotz verbesserter Blutversorgung nicht."
Die aufwendige Apparatur, die in Jena die Magnetkardiogramme registriert, ist im Biomagnetischen Zentrum der Universität untergebracht. Um elektromagnetische Störeinflüsse durch Elektrosmog zu vermeiden, untersuchen die Ärzte ihre Patienten in einer von der Umgebung magnetisch abgeschirmten Spezialkammer. Obwohl das Untersuchungsgerät den Kranken nicht berührt und kein Katheter eingeführt werden muß, registrieren zwei frei schwebende Meßköpfe die Signaländerungen des menschlichen Herzens. Jeder dieser Meßköpfe besitzt 31 Magnetfeldsensoren, die aus supraleitenden Quanteninterferometern (SQUIDs) bestehen. Das sind Magnetfeldsensoren, die bei Kühltemperaturen von minus 269 Grad Celsius auf solche geringen Magnetfelder reagieren.
Da die beiden Meßköpfe des Systems gegeneinander gekippt sind, erhalten die Ärzte Daten über Vorder- und Rückwand des Herzens. "Die empfangenen Signale geben uns Auskunft über Tiefe, Richtung und Größe der Signal-Quelle", erklärt Dr. Hannes Nowak, Physiker und Leiter des Biomagnetischen Zentrums. Beim MKG ist die räumliche und zeitliche Auflösung so genau, daß Ärzte die einzelnen Signale den verschiedenen Strukturen am Herzen exakt zuordnen können. Anhand der gemessenen Magnetfelder wissen die Spezialisten, an welchen Stellen das Herz normal leitet und an welchen es elektrisch "tot" ist.
"Zusätzlich zum MKG fertigen wir ein Magnetresonanztomogramm des Brustkorbs an", erklärt Dr. Uwe Leder. Mit diesem Magnetresonanztomogramm werden die MKG-Signale in einer aufwendigen 3D-Rekonstruktion am Computer so zusammengefügt, das ein perfekt berechnetes Bild darstellt, wie das Herz im Brustkorb liegt und an welcher Stelle sich das er-krankte Areal befindet. Farben geben Auskunft über den Zustand des Herzmuskelgewebes: Blau erscheinen abgestorbene Bereiche, rot oder grün solche, die noch normal funktionieren. "Durch das räumliche Bild bekommen wir über das Ausmaß eines Infarktes viel präzisere Informationen als beim üblichen EKG," hebt Dr. Leder die Vorteile der Methode hervor. "Das MKG ist immer noch Forschungmethode, aber wir gehen davon aus, daß sich weitaus aufschlußreichere Informationen gewinnen lassen als mit Ultraschall oder Szintigraphie", beschreibt er die erwarteten Vorteile.
Ansprechpartner:
Dr. Uwe Leder
Klinik Innere Medizin III der Universität Jena
Tel. 03641/939138
Fax: 03641/939459
e-mail: kardio@biomag.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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