Weltweit werden die Städte größer und die Straßen voller. Dabei ist der allmorgendliche Stau im Berufsverkehr weder gut für die Nerven noch für die Umwelt. Gerade in Ländern wie China oder Indien platzen die Fahrbahnen aus allen Nähten. Eine naheliegende Alternative zum eigenen Auto bietet da der öffentliche Nahverkehr. Doch nun hat eine Studie der University of Queensland in Australien herausgefunden, dass die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel je nach Land und Kulturkreis unterschiedlich bewertet wird. Im asiatischen Raum etwa ist das Busfahren mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet. In anderen Ländern hingegen hat das Auto an Prestige eingebüßt.
In einer internationalen Studie, an der auch Wissenschaftler der University of Queensland beteiligt waren, wurden große kulturelle Unterschiede bei der persönlichen Einstellung zu öffentlichen Verkehrsmitteln deutlich. Die Forscher befragten Pendler in angelsächsischen und nordischen Ländern, darunter die Vereinigten Staaten, die Niederlande und Australien, sowie in asiatischen Ländern wie China und Indien, um das Image, das die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel hat, zu untersuchen.
Dr. Dorina Pojani von der University of Queensland School of Earth and Environmental Sciences staunt darüber, wie unterschiedlich der öffentliche Nahverkehr in verschiedenen Teilen der Welt bewertet wird: "Im Durchschnitt sind berufstätige und gebildete Haushalte in angelsächsischen und nordischen Ländern wohlhabender, sodass man eigentlich erwarten würde, dass sie mehr an ihren Autos hängen und gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln negativer eingestellt sind. Aber wir haben herausgefunden, dass sie diese Thematik viel gleichmütiger betrachten.
Im Gegensatz dazu haben Berufstätige in China und in Indien - also in Ländern, in denen es noch nicht so lange üblich ist, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen - bereits eine sehr starke und negative Einstellung zu öffentlichen Verkehrsmitteln entwickelt. Diese Erkenntnis war ziemlich aufschlussreich. Es hat sich außerdem gezeigt, dass Berufstätige in diesen Ländern glauben, dass es ihren Geschäftsbeziehungen oder sogar ihren Aussichten auf dem Heiratsmarkt schaden könnte, wenn sie mit dem Bus fahren."
Dr. Pojani - die mit dem Bus zur Arbeit fährt - glaubt, dass Vorurteile gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln tief verinnerlicht werden und dass sie eine gesellschaftliche Befürwortung sowohl fördern als auch behindern können.
"In der Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs wurde dieser gesellschaftliche Bereich nahezu vollständig von Ingenieuren dominiert, die der Meinung waren, dass sie die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ankurbeln können, indem sie die Infrastruktur ausbauen oder die Fortbewegungsmittel schneller gestalten.
Aber tatsächlich reicht das allein nicht aus. Verkehrsmittel wie Busse, Autos und Fahrräder haben alle eine starke symbolische Bedeutung. Die Verwendung oder Vermeidung eines bestimmten Fortbewegungsmittels ist eine Möglichkeit, um unseren sozialen Status und unsere Identität auszudrücken.
Selbst wenn wir uns dessen nicht bewusst sind, hängt die Entscheidung darüber, ob wir mit dem Bus fahren, möglicherweise nicht davon ab, wie viel die Fahrt kostet oder ob wir damit ans Ziel kommen, sondern davon, wie wir von den anderen wahrgenommen werden wollen. In einigen Ländern hat man eventuell Angst davor, arm zu wirken, oder man möchte nicht mit denjenigen in Verbindung gebracht werden, die normalerweise mit dem Bus fahren."
Die Studie weist darauf hin, wie wichtig es ist, diese gesellschaftlichen Vorurteile zu ändern, um rund um den Globus häufig genutzte und nachhaltige öffentliche Verkehrssysteme zu entwickeln.
"Wir leben in einer Welt der zunehmenden Treibhausgase, des beschleunigten Klimawandels und der schnellen Erschöpfung von nicht erneuerbaren Ressourcen", so Dr. Pojani. "Öffentliche Verkehrsmittel müssen beliebter werden, insbesondere in asiatischen Megametropolen wie Peking oder Chennai, wo die Bürger unter den gesundheitlichen Folgen der immer schlechter werdenden Luftqualität leiden. Ein Umdenken im Bereich des öffentlichen Verkehrs kann dazu beitragen, eine bessere Zukunft für alle zu schaffen."
Die Studie ist im Journal of Transport Geography erschienen (DOI: 10.1016/j.jtrangeo.2019.04.008).
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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