Statement von Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident, Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel), zu den Ergebnissen der Europawahl
„Der von einigen befürchtete Durchmarsch der Populisten und EU-Kritiker ist nicht eingetreten. Aber die Zugewinne von Populisten in einigen Ländern und die zunehmende Polarisierung in der EU erschweren es, einen konstruktiven Weg nach vorne zu finden. Vor allem die Ergebnisse in Frankreich und Italien sind in dieser Hinsicht beunruhigend. Damit wird es auch schwieriger, den Binnenmarkt zu vollenden und Handelsabkommen mit anderen Ländern und Regionen zu schließen. Dabei ist unser EU-Binnenmarkt das wichtigste Pfund, mit dem wir im globalen Wettbewerb wuchern können. Offene Gesellschaften und offene Grenzen sind Garanten unseres Wohlstands, was viele Menschen offenbar unterschätzen. Nach unseren aktuellen Berechnungen sorgt der integrierte Binnenmarkt in Summe für alle EU-Mitglieder für Wohlstandsgewinne von circa 643 Milliarden Euro jährlich; die Zollunion, Handelsabkommen, Schengen und Euro sorgen gemeinsam für weitere 287 Milliarden.
Die Risiken für die Stabilität innerhalb der EU und für ihre Wirtschaftskraft nehmen mit dem Wahlergebnis zu. Angesichts der weltwirtschaftlichen Großwetterlage und dem Handelskonflikt der USA mit China und der EU wird die Unsicherheit wachsen. Nun könnte auch die EU zu einem Quell weiterer Unsicherheit werden.
Das starke Abschneiden der Brexit-Partei in Großbritannien erschwert die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs nach dem Rücktritt der Premierministerin zusätzlich. Die Risiken für einen No-Deal-Brexit sind gestiegen. Die EU sollte dennoch alles tun, um dies abzuwenden und mit Verhandlungsangeboten auf die Briten zugehen.
Um der Destabilisierung entgegenzuwirken, sollte die EU eine Reform auf Grundlage zweier Prinzipien angehen: Erstens sollte sie sich auf Projekte mit echtem europäischen Mehrwert konzentrieren, der in jedem einzelnen Land spürbar werden muss, und sie sollte dabei zu einem gewissen Grad unterschiedliche Integrationsmodelle für einzelne Länder zulassen. Zweitens muss das Subsidiaritätsprinzip konsequent umgesetzt werden. Je mehr die EU Bereiche reguliert, die ebenso gut oder besser in den Mitgliedstaaten geregelt werden, umso höher ist die Gefahr, dass die Kosten-Nutzen-Analyse gegen Europa ausfällt. Wer Europa voranbringen will, muss es wie ein ins Trudeln geratendes Unternehmen restrukturieren.“
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Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
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überregional
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