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05.11.2003 15:27

Fanartikel im Fußball: Qualität der Produkte nahezu unbedeutend - abstrakter Nutzen entscheidend

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Studie mit 1.500 Anhängern des 1.FC Köln untersucht Erfolg von Merchandisingprodukten. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz stellen deutliche Unterschiede zu anderen Konsumgütern fest.

    Während Sepp Herberger mit "Der Ball ist rund" und "Ein Spiel dauert 90 Minuten" noch große Einsichten in einfache Worte fasste, werden im Fußball heute schwerere Sprach-Geschütze aufgefahren. Von Brand Names, Equity Story und Cross Selling ist die Rede. Der Volkssport Nummer eins ist über 100 Jahre nach seiner Geburtsstunde und 40 Jahre nach seiner Professionalisierung in Form einer Liga zum Mega-Event geworden und somit nicht mehr nur ein "Verein" sondern mittlerweile ein "Wirtschaftsunternehmen".

    Mit dem Druck, international am Ball zu bleiben, wächst auch der Kapitalbedarf der Fußball-Unternehmen. Investitionslücken, die vor allem durch hohe Spielergehälter und Ablösesummen entstehen, sind längst nicht mehr durch den Verkauf von Eintrittskarten zu schließen. Die Vereine brauchen Kapital. Borussia Dortmund besorgte es sich - bisher als Deutschlands einziger Fußballverein - an der Börse. In vielen Fällen ist das Stadion eine zusätzliche Einnahmequelle. Multifunktionale Stadien wie die neue Arena "Auf Schalke" bedeuten nicht nur einen Imagegewinn, sondern sichern durch die Vermietung an andere Veranstalter wichtige Zusatzeinnahmen. Mancher Verein wagt sich mit seiner Diversifikationsstrategie sogar auf weniger fußballaffines Terrain. So betreibt Borussia Dortmund ein Reisebüro, und der FC Bayern München verkauft Versicherungen im Schulterschluss mit der Allianz.

    Als schon fast traditionelles Standbein zur Finanzierung des Spielbetriebes gilt zudem das Merchandising. In Top-Vereinen basieren auf dieser Finanzierungsquelle mittlerweile fast durchschnittlich 20 Prozent des Umsatzes. Es gibt jedoch auch Vereine, die diese Quelle weitaus stärker zur Finanzierung heranziehen. Seit beispielsweise Florentino Pérez vor zwei Jahren die Präsidentschaft bei Real Madrid übernommen hat, entwickelt sich der Verein immer mehr zu einer Merchandising-Maschine. Mit dem soeben erworbenen englischen Superstar David Beckham hofft der Spanier demnächst 400 Mio. Euro an Einnahmen verbuchen zu können.

    Vor diesem Hintergrund wurde am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (ABWL) und Marketing I der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Studie erstellt, um am Beispiel des 1.FC Köln herauszufinden, welche Kriterien bei der Programmplanung der Merchandisingartikel für das Management wichtig sind. Merchandising heißt in diesem Zusammenhang ja eigentlich nichts anderes, als dass die Markenstärke des Vereins und einzelner Spieler zum Abverkauf anderer Produkte genutzt wird. Als Einflussgrößen für die Programmplanung interessierten daher der Fit zwischen Merchandisingartikel und Leistung der Muttermarke (1.FC Köln), die Qualität der Muttermarke, die Relevanz der transferierten Assoziationen sowie die Identifikation mit der Muttermarke. Als Stichprobe diente die Fangemeinde des 1.FC Köln. An der Studie nahmen 1.500 Personen teil.

    Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere der Fit zwischen Merchandisingartikel und Leistung der Muttermarke den mit Abstand größten Erklärungsbeitrag für den Erfolg aufweist. "Verglichen mit ähnlichen Studien aus dem Konsumgütersektor besitzt dieser Erfolgsfaktor jedoch hier eine fast doppelt so hohe Bedeutung", erklärte Univ.-Prof. Dr. Frank Huber, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Marketing I. "Damit ist der Fit mit weitem Abstand die zentrale Größe für den erfolgreichen Abverkauf eines Merchandisingproduktes." Dass Produkt und Marke 1.FC Köln zusammenpassen, ist demnach für die Befragten der alles entscheidende Grund, ob sich ein Merchandisingartikel zum Renner in der Fangemeinde entwickelt.

    Für den Erfolg des Merchandisingprogramms spielen die transferierten Assoziationen die zweitbedeutsamste Rolle. Im Vergleich zu bisherigen Studien, bei denen überwiegend Konsumgüter im Mittelpunkt standen, übt dieser Faktor einen deutlich höheren Einfluss auf das Gelingen der Vermarktung von Fanartikeln aus. "Fußballclubs sei daher angeraten, bei der Zusammenstellung der Produkte, die vermarktet werden sollen, unbedingt die Assoziationen, die dieser Artikel beim Nachfrager weckt, zu überprüfen", so Prof. Huber. Stehen diese nicht im Einklang mit denen, die der Verein zum Ausdruck bringt, dürfte sich das Merchandisingprodukt zum Ladenhüter entwickeln.

    Eine eher untergeordnete Rolle für den Erfolg des Merchandisingprogramms spielt hingegen die Qualität. Dieses Ergebnis deckt sich mit der geäußerten Vermutung, dass die Qualität der Fanartikel für den Fußballfan nicht in erster Linie von Bedeutung ist. "Für ihn", so Prof. Huber weiter, "spielt vielmehr der abstrakte Nutzen des erworbenen Fanartikels die entscheidende Rolle."

    Überraschend ist die Feststellung, dass die Identifikation mit der Muttermarke keinen signifikanten Einfluss auf den Markentransfererfolg hat. Einfach ausgedrückt heißt dies nichts anderes, als dass die Identifikation des Fans mit seinem Verein für den Erfolg eines Produktes nicht entscheidend ist. Egal ob der FC als Lebensinhalt oder nur Zeitvertreib gesehen wird, den Erfolg eines Merchandisingartikels beeinflusst dies nicht. Dieses Ergebnis dürfte die Verantwortlichen besonders glücklich machen, heißt dies doch nichts anderes, als dass jeder, der den FC kennt, als potentieller Käufer eines Merchandisingartikels in Frage kommt.

    Kontakt und Informationen:
    Professur für Betriebswirtschaftslehre und Marketing I
    Univ.-Prof. Dr. Frank Huber
    Tel. 06131/39-22227
    Fax 06131/39-23727
    E-Mail: huber@marketing-mainz.de


    Weitere Informationen:

    http://www.marketing-mainz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Sportwissenschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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