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18.06.2019 09:06

Neuer Therapieansatz gegen Essanfälle - Studie in Psychotherapy and Psychosomatics

Dr. Ellen Katz Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Tübingen

    Menschen mit der Essstörung Binge Eating leiden unter Essanfällen und haben eine deutlich verminderte Kontrolle über ihr Essverhalten. Ärzte und Wissenschaftler am Universitätsklinikum Tübingen haben jetzt zwei Gruppen mit Betroffenen parallel untersucht. Eine Gruppe trainierte unter psychologischer Leitung gezielt ihre Selbstbeherrschung beim Essen. Die Kontrollgruppe nahm nicht an diesem speziellen Übungsprogramm teil. Die Vergleichsstudie IMPULS, die am 20. Mai 2019 in der Zeitschrift, Psychotherapy and Psychosomatics veröffentlicht wurde, zeigte deutlich, dass das Training auch drei Monate später noch zur besseren Selbstkontrolle in Bezug auf die Essanfälle führte.

    Die Binge Eating-Störung ist eine Essstörung, die erst seit einigen Jahren als offizielle Diagnose gestellt werden kann, gleichzeitig aber die häufigste Essstörung in der Allgemeinbevölkerung darstellt. Betroffene leiden unter regelmäßigen Essanfällen und in Folge häufig unter Übergewicht und Adipositas. Die Weltgesundheits-organisation hat die weltweite Zunahme der Adipositasprävalenz als eines der vordringlichen Gesundheitsprobleme identifiziert.

    In der Therapiestudie an der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie unter Leitung von Dr. Kathrin Schag wurden Personen mit der Binge Eating-Störung behandelt. Dabei wurden in acht 90-minütigen Sitzungen zum einen die Selbstkontrollfähigkeiten gestärkt, zum anderen übten die Studienteilnehmer in sogenannten Expositionssitzungen, sich besonders schmackhafte Nahrungsmittel vorzusetzen, gleichzeitig aber dem Drang zu essen zu wiederstehen. Dabei durften die Teilnehmer die Nahrungsmittel und Gerichte mitbringen, die bei ihnen am ehesten ein unkontrolliertes Essverhalten auslösen. Unter psychologischer Anleitung konfrontierten sich die Teilnehmer mit dem Verlangen zu Essen und lernten, dieses zu beherrschen. Diese Erfahrung, das Essverhalten steuern zu können und zu erleben, wie sich das Verlangen während der Gruppensitzung verminderte, führte zu einem Erfolgserlebnis und der Erkenntnis „Ich kann das“.

    Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die psychotherapeutische Behandlung von Impulsivität als zugrunde liegende Ursache von Essanfällen vielversprechend ist und das Leiden einer großen Personengruppe lindern kann. Betroffene mit Binge Eating-Störung profitieren von einem ambulanten Gruppenprogramm, das speziell auf impulsives Verhalten fokussiert.

    Kontrollgruppe

    Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, in der die Studienteilnehmer nicht an dem speziellen Gruppenprogramm teilnahmen, zeigte sich, dass zunächst beide Gruppen ihre Essanfälle und weitere Essstörungssymptome reduzieren konnten, diese Effekte aber bei der Behandlungsgruppe länger, d.h. über 3 Monate anhielten und sich weiter verstärkten, während die Kontrollgruppe bzgl. der Essanfälle wieder auf das Ausgangsniveau zurückging. Die vorläufige Verbesserung in der Kontrollgruppe wurde dahingehend interpretiert, dass das wöchentliche Ausfüllen von Selbstbeobachtungsprotokollen, ein klassisch verhaltenstherapeutisches Instrument, zu einer erhöhten Selbstachtsamkeit führte, die nach der Behandlungszeit allerdings schnell wieder zurückging.
    Die Ergebnisse der IMPULS-Studie geben somit Hoffnung, in der Behandlung von Essstörungen und Adipositas einen wichtigen Therapiebaustein gefunden zu haben.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Universitätsklinikum Tübingen
    Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
    Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Kathrin Schag
    Osianderstraße 5, 72076 Tübingen
    Tel. 07071 29-89117
    E-Mail: kathrin.schag@med.uni-tuebingen.de


    Originalpublikation:

    IMPULS: Impulsivity-Focused Group Intervention to Reduce Binge Eating Episodes in Patients with Binge Eating Disorder - A Randomised Controlled Trial.
    Schag K, Rennhak SK, Leehr EJ, Skoda EM, Becker S, Bethge W, Martus P, Zipfel S, Giel KE.
    Psychotherapy & Psychosomatics, 2019 May, 20:1-13. doi: 10.1159/000499696. [Epub ahead of print]
    PMID: 31108488


    Weitere Informationen:

    http://www.med.uni-tuebingen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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