Bewegungswissenschaftler aus Chemnitz und Biologen aus Harvard untersuchen in aktueller „Nature“-Veröffentlichung den Einfluss des Barfußgehens auf die Sensibilität unserer Fußsohlen
Bereits vor sechs Millionen Jahren begann der Mensch, auf zwei Beinen zu laufen. Die ältesten bekannten Nachweise für Schuhe sind nur 40.000 Jahre alt – demnach ist die menschliche Anatomie bestens an ein Leben ohne Schuhe in natürlicher Umgebung angepasst. Ein Teil dieser Anpassung ist die Hornhaut, eine natürliche Schutzschicht der Füße – die heute allerdings eher als kosmetisches Problem gesehen wird. Doch welchen Einfluss hat die dicke Hornhaut auf die Empfindlichkeit der Fußsohlen? Das untersuchten Prof. Dr. Thomas Milani, Professur Bewegungswissenschaft der Technischen Universität Chemnitz, und Professor Daniel Lieberman von der Harvard University.
Kooperation zischen Chemnitz und Harvard
In der Theorie liegt die Hornhautschicht zwischen dem Boden und den menschlichen Sensoren in der Haut. Diese nehmen beispielsweise die Bodenbeschaffenheit war. Demnach wäre die logische Schlussfolgerung: Durch die Zunahme von Hornhaut müsste diese Wahrnehmung beim Gehen gedämpft sein. Dementgegen steht allerdings die evolutionsbiologische Theorie, dass der Mensch sich über Millionen von Jahren ideal an ein Leben mit Hornhaut angepasst hat, sodass die Funktion der Sensoren nicht in relevantem Maße beeinträchtigt sein sollte.
Zur Untersuchung der Hypothesen reiste das internationale Forscherteam um den Chemnitzer Wissenschaftler Milani und seinen Kollegen Liebermann von der Harvard University im Juni 2016 nach Kenia und testete mithilfe eines Ultraschallgerätes die Dicke der Fußsohlenhaut von 40 barfuß laufenden Personen.
Mit einem Vibrationsgerät konnte zudem die Empfindlichkeit der Fußsohlen gemessen werden. Dazu wurden unterschiedlich große Vibrationen über ein Messgerät abgefragt, um die Wahrnehmungsschwelle jedes Probanden zu finden. Als Kontrollgruppe dienten Kenianerinnen und Kenianer, die regelmäßig Schuhe tragen. Unterstützung erhielten die Forscherinnen und Forscher vom Institut für Physiologie der Moi University (Kenia).
Verblüffende Erkenntnis
Das verblüffende Ergebnis dieser Untersuchungen: Trotz 30 Prozent dickerer Hornhaut konnte kein Sensibilitätsunterschied zwischen den Gruppen festgestellt werden. Das Forschungsteam schlussfolgerte, dass Hornhaut damit ihre Schutzfunktion erfüllt, ohne die darunter liegenden Sensoren in ihrer Funktion einzuschränken.
„Fest steht, dass unsere Füße evolutionsbiologisch nicht für Schuhe vorgesehen sind“, sagt Milani. Daraus zu folgern, grundsätzlich barfuß zu laufen und auf Schuhe zu verzichten, wäre jedoch in Anbetracht der asphaltierten Straßen ebenfalls falsch.
Prof. Dr. Thomas Milani, Professur Bewegungswissenschaft der TU Chemnitz, Tel. +49 371 531-34536, E-Mail thomas.milani@hsw.tu-chemnitz.de
Holowka, N.B., Wynands, B., Drechsel, T., Yegian, A., Tobolsky, V.P., Okutoyi, R., Ojiambo Mang’Eni, Haile, D.K., Sigei, T., Zippenfennig, C., Milani, T.L. & Lieberman, D.E. (2019). Foot callus thickness does not trade off protection for dynamic skin sensitivity during walking. DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-019-1345-6
Forscher der TU Chemnitz untersuchen die Sensibilität der Fußsohle eines Probanden aus Kenia mit Hil ...
Foto: Professur Bewegungswissenschaft
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Forscher der TU Chemnitz untersuchen die Sensibilität der Fußsohle eines Probanden aus Kenia mit Hil ...
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