Beim Sézary-Syndrom, einem bösartigen Hautlymphom, haben die Krebszellen „verlernt“ auf Signale zu reagieren, die den Zelltod Apoptose einleiten. Neue Therapien zielen daher darauf ab, in den Krebszellen die Fähigkeit zum Zelltod wiederherzustellen. Dabei erwies sich nun eine Kombination von Wirkstoffen, die an zwei verschiedenen Stellschrauben der komplexen Regulation des Zelltods ansetzen, als besonders wirksam. Dies zeigten Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Universitätsmedizin Mannheim nun in präklinischen Experimenten an Mäusen sowie an isolierten Patientenzellen.
Kutane T-Zell-Lymphome bilden sich aus entarteten T-Zellen des Immunsystems, die sich vorwiegend in der Haut ansiedeln. Eine besondere Form dieser Erkrankung ist das Sézary-Syndrom, für das es bisher keine Heilungsmöglichkeiten gibt. Bei dieser Erkrankung werden die entarteten Zellen nicht nur in der Haut, sondern auch im Blut gefunden. Von dort aus können sie auch andere Organe befallen.
Krebsforscher wissen, dass die Bösartigkeit des Sézary-Syndroms in erster Linie darauf beruht, dass die Krebszellen nicht mehr auf Signale reagieren, die den programmierten Zelltod Apoptose auslösen. „Bei der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze versuchen wir daher, in den entarteten Zellen die Fähigkeit zum Zelltod wiederherzustellen“, erklärt Jan Nicolay, der an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Mannheim Patienten versorgt und am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) forscht. Einen solchen Wirkstoff erproben Nicolay und Kollegen in der Hautklinik der Universitätsmedizin Mannheim und an fünf weiteren Kliniken in Deutschland bereits in einer klinischen Studie: Das Medikament Dimethylfumarat (DMF) schaltet in den Sézary-Zellen einen wichtigen Überlebensfaktor aus und treibt sie dadurch in die Apoptose. Diesen Therapieansatz hat Nicolay ursprünglich zusammen mit Karsten Gülow und Peter Krammer am DKFZ entwickelt.
Noch wirksamer ließen sich die Sézary-Zellen möglicherweise mit einer Kombination von Medikamenten bekämpfen, die an zwei verschiedenen, unabhängigen Stellen in die Regulation der Apoptose eingreifen, war nun die Überlegung von Nicolay und Kollegen. Zusätzlich zum DMF erprobten sie nun erstmals beim Sézary-Syndrom den Wirkstoff ABT-199, der das antiapoptotische Protein Bcl-2 hemmt. Die Forscher konnten zeigen, dass ABT-199 T-Zellen von Sézary-Patienten in den Zelltod treibt, T-Zellen gesunder Spender dagegen kaum beeinträchtigt.
Die Forscher testeten die Kombination von DMF und ABT-199 daraufhin zunächst an Sézary-Zellen in der Kulturschale. Die Kombination beider Substanzen wirkte synergistisch, das heißt, sie löste deutlich stärker Zelltod aus als eine ABT-199 Monotherapie allein.
Gemeinsam mit Karin Müller-Decker vom DKFZ untersuchten die Forscher nun Mäuse, denen Sézary-Zellen übertragen worden waren. Die Behandlung dieser Tiere mit der Wirkstoff-Kombination war effektiver als die ABT-199 Monotherapie. Bei der Analyse der Tumoren der behandelten Mäuse entdeckten die Forscher, dass das Wirkstoff-Duo die Krebszellen sowohl in die Apotose treibt als überraschenderweise auch die Zellteilung aufhält. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die durch die Medikamente gehemmten Signalwege auch Zellteilung und Wachstum beeinflussen können.
„In den Zellen des Sézary-Lymphoms ist ein wichtiger Überlebensfaktor, NFkappaB, dauerhaft aktiviert, das macht sie resistent gegen Apoptose. An dieser Stelle greift DMF ein. ABT-199 dagegen wirkt auf ganz andere Stellschrauben bei der komplexen Regulation des Zelltods. Daher verstärken sich die beiden Medikamente in ihrer Wirkung“, erklärt Nicolay. Der Mediziner möchte daher die präklinischen Ergebnisse möglichst rasch in einer klinischen Studie überprüfen.
Tabea C. Froehlich, Karin Müller-Decker, Jana D. Braun, Thomas Albrecht, Anne Schroeder, Karsten Gülow, Sergij Goerdt, Peter H. Krammer, Jan P. Nicolay: Combined inhibition of Bcl-2 and NFκB synergistically induces specific cell death and limits xenograft mouse tumor growth in CTCL.
Blood 2019, DOI: 10.1182/blood.2019001545
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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Tabea C. Froehlich, Karin Müller-Decker, Jana D. Braun, Thomas Albrecht, Anne Schroeder, Karsten Gülow, Sergij Goerdt, Peter H. Krammer, Jan P. Nicolay: Combined inhibition of Bcl-2 and NFκB synergistically induces specific cell death and limits xenograft mouse tumor growth in CTCL.
Blood 2019, DOI: 10.1182/blood.2019001545
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Biologie, Medizin
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