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10.11.2003 16:50

Gold, Silber, Vulkane - und Blei in der Luft

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Die südamerikanischen Anden sind reich an metallischen Bodenschätzen. Deshalb waren der Clausthaler Lagerstättenkundler Prof. Dr. Bernd Lehmann und der Geologe Dr. Rainer Müller von Ende September bis Mitte Oktober mit 20 Clausthaler Studenten in Bolivien und Chile unterwegs; am Ende ihrer Reise wurden sie unfreiwillig Zeugen der politischen Unruhe in Bolivien. Während das Militär Dutzende Menschen erschoss, flüchteten sie auf Umwegen zum Flughafen und konnten mit einem Militärflugzeug entkommen. Alle sind wieder wohlbehalten in Deutschland.

    Am 28. September sammelte sich die Gruppe in La Paz. Am nächsten Tag stiegen sie auf den 5200 Meter hohen Chacaltaya. Eine Straße führte bis wenige hundert Meter unter den Gipfel, der Anstieg forderte jedoch in der dünnen Luft jeden bis an die Leistungsgrenzen. Psychotraining für den Zusammenhalt der Gruppe.

    Warum sind die Anden für Geologen so interessant? Vor der Westküste Südamerikas taucht ozeanische Kruste unter der kontinentalen Platte ab. In 100 Kilometer Tiefe bilden sich Schmelzen. In einem komplexen Wechselspiel aus Magma, Gasen und Flüssigkeiten werden in den Anden-Vulkanen, physikalisch ähnlich einer entperlenden Champagnerflasche, aus großer Tiefe metallische Elemente (in erster Linie Kupfer, Zinn, Gold und Silber) in höhere Schichten oder an die Tagesoberfläche transportiert. So kommt es, dass in dem zentralen Andengürtel einige der weltweit größten Kupfer-, Zinn-, Gold- und Silberlagerstätten anzutreffen sind. Diese erkundeten die Clausthaler Geologen, querten die berühmte Hochebene des Altiplano mit dem Cerro Rico de Potosi und dem größten Salzsee der Erde und besuchten die spektakulären Kupfertagebaue von Chile wie Chuquicamata und Escondida. Auf dem Rückweg von der Pazifikküste zum Flughafen El Alto von La Paz hatten kurz vor der Stadt Bauern und Bergarbeiter überall Steine auf die Straße geworfen. Der Grund des Konflikts: Der gewählte konservative Präsident wollte eine Erdgaspipeline für den Export durch Chile ans Meer bauen. Die nationalistisch und links eingestellten ärmeren Bevölkerungsschichten fürchteten den Ausverkauf nationaler Ressourcen. "Alle paar Jahre kommen die Bergarbeiter in die Hauptstadt und werfen Dynamit. Das kenne ich seit meiner Promotionszeit vor 25 Jahren", sagt Professor Lehmann. "Und an der allgemeinen Armut hat sich trotz der vielen Tonnen von Edelmetallen, die ins Ausland verkauft wurden, bisher nichts geändert."

    Dem Fahrer des Exkursionsbusses wurde die letzten Kilometer der insgesamt 3000 km langen Tour "zu heiß". Er bog kurzerhand in einen Hof am Stadtrand von El Alto hinein. Dort saßen sie, vor dem Haus Scharfschützen, in Sichtweite Schüsse und Rauchschwaden, der Flughafen am Horizont erahnbar. Trinkwasser und Lebensmittel gingen zur Neige. Dazu keine Aussicht, mit dem Bus ans Ziel zu gelangen. Nach einem nervösen Tag des Abwartens beschließen sie, sich zu Fuß zum Flughafen durchzuschlagen, 16 km, abseits der Hauptstraßen. Nach einer Nacht auf den Flughafenbänken, Pleite: Alle Flüge sind gestrichen. Da sehen sie: Von einem Rollfeld hebt eine Privatmaschine ab. Per Telefon versuchen sie, ein Flugzeug zu chartern, und weil Professor Lehmann und Dr. Müller für Notfälle jeweils einige Dollar bar in der Jackett-Tasche mit sich tragen, ordern sie eine Fokker aus Santa Cruz, aus dem friedlichen Tiefland von Bolivien. Preis: 3.800 US-Dollar (in cash). Überzählige Plätze verkaufen sie an wartende Europäer. In der Zwischenzeit wurde die Deutsche Botschaft aktiv, alarmiert durch Telefonanrufe von Angehörigen, und ein ranghoher Militär bietet ihnen eine Maschine der bolivianischen Luftwaffe an und ordert die bereits in der Luft befindliche Privatmaschine zurück. Zweimal zahlen, einmal fliegen, und der Thriller ist vorbei.


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    In der Stille der Geröllwüste - der zentrale Andengürtel birgt weltweit die größten Gold-, Silber- und Kupferlagerstätten.
    In der Stille der Geröllwüste - der zentrale Andengürtel birgt weltweit die größten Gold-, Silber- u ...

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    "Alle paar Jahre kommen die Bergarbeiter in die Hauptstadt und werfen Dynamit."
    "Alle paar Jahre kommen die Bergarbeiter in die Hauptstadt und werfen Dynamit."

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

    In der Stille der Geröllwüste - der zentrale Andengürtel birgt weltweit die größten Gold-, Silber- und Kupferlagerstätten.


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    "Alle paar Jahre kommen die Bergarbeiter in die Hauptstadt und werfen Dynamit."


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