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11.11.2003 15:19

Nationalismus in Polen bedeutet Widerstand gegen Europa

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Osterweiterung der Europäischen Union (EU) stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Ein Grund dafür: In den Beitrittsstaaten gibt es Nationalgefühle, die Widerstand gegen die EU als staatenübergreifendes Machtzentrum anmelden. Polen sei dabei der politisch heikelste Staat, sagt Gerhard Wagner. Der Soziologe von der Uni Würzburg befasst sich in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt mit dem Nationalismus in diesem Land.

    In Polen - mit 38,7 Millionen Einwohnern der mit Abstand bevölkerungsreichste Beitrittsstaat - gebe es eine ausgeprägte historische Identität, an die nationalistische Bewegungen anknüpfen können. Diese Eigenheit rührt laut Wagner daher, dass die Polen jahrhundertelang unter Fremdherrschaft gelebt haben. Von 1795 bis 1918 war ihr Staat nicht einmal existent.

    Daher identifiziere man sich in Polen weniger als Bürger des Staates, sondern in erster Linie über die Abstammung und die Kultur - beispielsweise über das Bekenntnis zum katholischen Glauben. "So befürworten zwar viele Polen den Beitritt zur EU, lehnen aber zum Beispiel die im Westen übliche Trennung von Kirche und Staat völlig ab", sagt der Würzburger Professor. Dieser Zwiespalt zwischen pro-westlicher Identifikation und anti-westlicher Abwehrhaltung herrsche zurzeit in allen Beitrittsstaaten vor. In Polen sei er besonders ausgeprägt.

    Wie denken die Polen über Nation und Gesellschaft? Wie sind sie gegenüber anderen Staaten oder Minderheiten im eigenen Land eingestellt? Das sind einige der Fragen, die das Würzburger Projekt klären soll, denn: "Ob die Integration der Beitrittsländer gelingt, hängt auch davon ab, wie gut wir Bescheid wissen über das Nationalbewusstsein und das Widerstandspotenzial in diesen Ländern", wie Wagner sagt.

    Um das zu ergründen, sollen ausführliche Interviews mit polnischen Parlamentariern geführt werden. Wichtig hierbei: Das Vorhaben sei nicht als "Stoßtrupp-Unternehmen" westlicher Sozialforscher konzipiert, sondern werde von einem deutsch-polnischen Team geplant, durchgeführt und ausgewertet.

    Befragt werden Parlamentarier des Sejm, der Ersten Kammer des polnischen Parlaments, weil sich dort die ambivalente Einstellung der Bevölkerung gegenüber der EU im Parteiensystem widerspiegelt. Die Wissenschaftler wollen Interviews führen mit Vertretern des pro-europäischen Lagers - Allianz der Demokratischen Linken (SLD) und Bürgerplattform (PO), des anti-europäischen Lagers - Liga der Polnischen Familien (LPR) und Bauernbund Selbstverteidigung (Samoobrona) sowie mit der politisch in der Mitte stehenden Polnischen Bauernpartei (PSL).

    Zurzeit ist das Forschungsprojekt in der Phase der Vorbereitung. Die Interviews sollen von April bis September 2004 geführt werden. Für die Fertigstellung der Studie ist Ende 2005 anvisiert. Die Würzburger Soziologen kooperieren bei ihrem Vorhaben mit Kollegen in Berlin, Bielefeld, Leipzig, Posen und Warschau.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Gerhard Wagner, T (0931) 888-4818, Fax (0931) 888-4890, E-Mail:
    g.wagner@mail.uni-wuerzburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-wuerzburg.de/soziologie/nationalismus.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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