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23.10.1998 00:00

Space Shuttle hievt Jenaer Experiment ins All

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Intimer Blick in die ,Kinderstube' von Planeten

    Jena/Cape Canaveral. Dem Weltraumstart ihres CODAG-Projekts fiebern die Astrophysiker der Universität Jena entgegen. Die 90 Kilogramm schwere Apparatur, in der unter Schwerelosigkeitsbedingungen erstmals die Geburt neuer Planeten simuliert wird, soll am 29. Oktober um 14.00 Uhr Ortszeit mit dem NASA-Space Shuttle "Discovery" von Cape Canaveral (Florida) aus ins All gehievt werden. Für CODAG (Cosmic Dust Aggregation) erhielt das Jenaer Team um Dr. Jürgen Blum rund 3,8 Millionen Mark an Fördermitteln vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

    Planeten entstehen aus Mikrometer kleinen Staubpartikeln, die im Weltall aufeinanderprallen und zu allmählich wachsenden Klumpen zusammenbacken. Bis ein Himmelskörper mit eigener Schwerkraft entsteht, vergehen Tausende von Jahren, bis ein ,ausgewachsener' Planet herangereift ist, Jahrmillionen. Wie solche Wachstumsprozesse in der ersten Phase ablaufen, wissen die Astrophysiker bis heute fast nur aus der Theorie. Die ,Geburtsstunde' neuer Planeten wird nun an Bord der "Discovery" unter Schwerelosigkeit simuliert.

    In fünfjähriger Arbeit haben die Jenaer Wissenschaftler eine Apparatur gebaut, in der insgesamt zehn einzelne Experimente zur Planetenentstehung automatisch ablaufen und aufgezeichnet werden. Herzstück des 90 kg schweren Geräts ist eine zwei Liter große Vakuumkammer, in die über ausgeklügelte Mechanismen kontrolliert exakt definierte Staubpartikeln eingebracht werden. Zwei Mikroskopkameras zeichnen mit bis zu 200 Bildern pro Sekunde auf, wie sich diese Millionen Staubteilchen nun verhalten, wenn sie aufeinanderstoßen: wie sie zusammenhaften, welche Formen sie bilden, wie die Masseverteilung ist.

    Der Versuchsaufbau ist bei allen zehn Experimenten, die jeweils fünf Stunden ablaufen, völlig gleich, jedoch werden Quarz-, Siliziumkarbid- und Diamantstäube mit gleicher Korngröße, aber unterschiedlicher -form eingesetzt. Noch nie haben Forscher aus so unmittelbarer Nähe und unter authentischen Bedingungen einen intimen Blick in die ,Kinderstube' der Planeten geworfen. Bisher war man darauf angewiesen, Signale auszuwerten, die mit hochempfindlichen Teleskopen aus Lichtjahre entfernten kosmischen Staubwolken aufgefangen wurden. Ein Lichtstreuexperiment der Jenaer Forscher soll künftig bei der genaueren Interpretation solcher Daten helfen.

    Beteiligt an dem CODAG-Projekt sind neben der Jenaer Universität auch die Technischen Universitäten München und Braunschweig, die Unis Bremen und Florida, das Institut für Raumsimulation des DLR in Köln, das Fraunhofer-Institut für Optik und Feinmechanik Jena sowie das Max-Planck-Institut für Aeronmie. Fast der kleinste Teil der Projektkosten entfällt auf den Transport, denn im Space Shuttle fliegt CODAG nur als Ballast mit. "Die NASA berechnet daher nur 27000 Dollar", erläutert Jürgen Blum, "aber wir mußten das Experiment so organisieren, daß es vollkommen autark abläuft."

    Eine eigene Energieversorgung, ein absolut zuverlässiger Steuercomputer und riesige Datenspeicher für die aufzunehmenden Bilder machen daher einen Großteil der Apparatur aus. Enorme Akribie haben die Wissenschaftler auf die Vorbereitungen gelegt; schon der kleinste Fehler im Ablauf des Experiments kann einen Totalausfall verursachen. Denn nicht alles, was auf der Erde technisch simpel erscheint, funktioniert auch im All. So konstruierte das Institut für Datenverarbeitungsanlagen der TU Braunschweig einen neuartigen Zentralrechner, der den Ablauf der Experimente steuert und alle wissenschaftlichen Daten speichert. Das Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnik und Mikrogravitation der Uni Bremen baute u. a. eine Batterie, die auch unter den Extrembedingungen im All zuverlässig ihren Dienst tut.

    Erst wenn die Weltraumfähre wieder gelandet ist, werden die Jenaer Wissenschaftler erfahren, ob ihre Experimente reibungslos abgelaufen sind. Für die Auswertung der fünf Gigabyte Daten werden sie anschließend - unterstützt vom Max-Planck-Institut für Aeronomie - mehrere Monate benötigen.

    Ansprechpartner:
    Dr. Jürgen Blum
    Astrophysikalisches Institut und Universitätssternwarte der Universität Jena
    Tel.: 03641/947533
    e-mail: blum@astro.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Bilder

    Schematischer Aufbau des CODAG-Instruments.
    Schematischer Aufbau des CODAG-Instruments.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Schematischer Aufbau des CODAG-Instruments.


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