Abell 43: Ein Fußball am Sternenhimmel
Einen außergewöhnlichen Sternennebel hat der Tübinger Astronom Dr. Thomas Rauch im Juli dieses Jahres entdeckt. Während seiner Teleskopaufnahmen in Chile fand der Forscher an Abell 43, einem etwa 15.000 Jahre alten Planetarischen Nebel, eine fußballähnliche Struktur. Mehrere Fünf- und Sechsecke überziehen wie ein Netzwerk die äußerste Schicht der riesigen Gaskugel. Wie es zu dieser ausgefallenen Form kam, soll nun genauer erforscht werden.
Alle Sterne machen in ihrem Leben die gleiche Entwicklung durch. Zunächst bestehen sie fast ausschließlich aus Wasserstoff. Durch den äußeren Druck auf den Kern steigt dessen Temperatur. In der Folge entzündet sich der Wasserstoff, eine nukleare Energieerzeugung entsteht. Da der Wasserstoff im Zentrum nach einer gewissen Brenndauer weitgehend verbraucht ist, wandert das sogenannte Wasserstoffschalenbrennen immer weiter nach außen, vom eigentlichen Kern des Sterns weg. Im Kern des Sterns findet dann ein zentrales Heliumbrennen, später ebenfalls ein Heliumschalenbrennen statt.
Durch die Verbrennungsvorgänge nimmt der Durchmesser des Sterns zu. Im Hertzsprung-Russell-Diagramm, einem Graphen, dessen Querachse die Temperatur und dessen Längsachse die Masse des Sterns angibt, entwickelt sich der Stern von der sogenannten Hauptreihe in das Gebiet der "Roten Riesen". Die Kurve, die er hierbei beschreibt, nennt man Asymptotischen Riesenast.
Auf seinem Entwicklungsweg zum roten Riesen weht nur ein verhältnismäßig schwacher stellarer Wind, der AGB-Wind (Asymptotic Giant Branch-Wind, ca. 10 km/sek.). Das Schalenbrennen dringt nur langsam nach außen vor. Kurz bevor die Schalen die Sternoberfläche erreichen, verläßt der Stern den Asymptotischen Riesenast. Im stellaren Kern, der nun "Weißer Zwerg" genannt wird, steigt die Temperatur an. Bei einer Effektivtemperatur (Teff) von über 20.000 Kelvin (0 Kelvin = -273°C) erreichen die vom Stern emittierten UV-Photonen Energien von über 13,6 eV(Elektronen-Volt). Diese Energie reicht aus, um den stellaren Nebel, d.h. die den Kern umgebenden Teilchen, zum Leuchten zu bringen. Der Beobachter sieht einen leuchtenden Ring um den meist leuchtschwächeren Zentralstern. Doch nur bei etwa 10 % der bekannten Planetarischen Nebel tritt der hier beschriebene "ideale" Nebel auf.
Abell 43 gehört zu den übrigen 90 %. Bei ihm sieht man nicht einen gleichmäßigen Nebelring, sondern die bereits erwähnten Fünf- und Sechsecke. Eine mögliche Erklärung für die auffällige Oberflächenstruktur gibt Dr. Rauch. Er vermutet, daß ein schnellerer Zentralsternwind mit etwa 2000 km/sek. von innen auf den wesentlich langsameren AGB-Wind trifft. Unter dem entstehenden Druck werfen sich in den Nebelschalen Blasen auf. Wie bei mehreren Seifenblasen, die aneinander haften, entstehen an den Schnittstellen der einzelnen Blasen mehreckige Formen, die wir als Fünf- und Sechsecke wahrnehmen.
Diese Deutung ist aber nur eine von vielen möglichen. Bei einer genaueren Untersuchung soll deshalb die Expansionsgeschwindigkeit der Oberfläche gemessen werden und zusammen mit den Direktaufnahmen mit einem dreidimensionalen hydrodynamischen Modell verglichen werden. Nur so könnte eine wirklich verläßliche Erklärung für die Entstehung der Abell-43-Struktur gefunden werden.
Nähere Auskünfte zum Thema und Bildmaterial erhalten Sie bei Dr. Thomas Rauch, Institut für Astronomie und Astrophysik,
Tel: 07071/29-78614
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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