Dr. Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte im Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel), kommentiert die im August gestiegene Zahl an Arbeitslosen:
„Der längste Aufschwung am deutschen Arbeitsmarkt seit 50 Jahren geht offenbar zu Ende. Im August ist die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat leicht gestiegen, dies geht aus dem heute veröffentlichten Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit hervor. Damit ist die Arbeitslosigkeit den vierten Monat in Folge nicht mehr gesunken, das gab es zuletzt im Jahr 2013. Die Erwerbstätigkeit stieg zuletzt zwar weiterhin, der Beschäftigungsaufbau hat sich in den vergangenen Monaten jedoch stark verlangsamt. Die Zahl der offenen Stellen sinkt zudem seit April. Insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe lässt Unternehmensbefragungen zufolge die Nachfrage nach Arbeitskräften deutlich nach. Es ist daher davon auszugehen, dass der Tiefpunkt der Arbeitslosigkeit in Deutschland durchschritten ist und die Arbeitslosenquote nun zunehmen wird.
Abgesehen von den kurzen und vergleichsweise geringen Zunahmen 2008/2009 (Große Rezession) und 2012/2013 (europäische Staatsschuldenkrise) nahm die Arbeitslosigkeit zwischen 2005 und 2019 von 12 Prozent auf 5 Prozent kontinuierlich ab. Allerdings ist nur ein Teil dieses Rückgangs struktureller Natur. Hier spielen die Lohnmoderation während der 2000er Jahre und die Hartz-Reformen von 2003 bis 2005 herausragende Rollen. Der übrige Teil des Rückgangs ist dem ausgeprägten Konjunkturboom der vergangenen Jahre geschuldet und war somit absehbar nur vorübergehend.
Soll die Arbeitslosigkeit auch langfristig auf dem aktuell niedrigen Niveau liegen oder sogar darunter, ist dies nur über strukturelle Reformen erreichbar. Hier ist nicht zuletzt der gesetzliche Mindestlohn zu nennen, der die strukturelle Arbeitslosigkeit eher erhöht haben dürfte. Es ist zu befürchten, dass die unerwünschten Nebenwirkungen des Mindestlohns erst vollständig zu Tage treten, wenn die Wirtschaft sich in einem längeren Abschwung befindet. Die Wirtschaftspolitik sollte in diesem Falle in Erwägung ziehen, zumindest die turnusmäßige Erhöhung des Mindestlohns deutlich geringer ausfallen zu lassen als die der Tariflöhne, um die unerwünschten Nebenwirkungen am Arbeitsmarkt zu begrenzen.“
Medienansprechpartner:
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Dr. Dominik Groll
Forschungsbereich Makroökonomische Politik in unvollkommenen Märkten, Prognosezentrum
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Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
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Deutsch
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