Kassel. Ein "erfreulicherweise wieder steigendes Interesse am Ingenieur-Studium" so-wie die weiter "stark wachsende internationale Attraktivität" der Kasseler Studienangebote sind die auffallenden Trends zu Beginn des Winteresemesters 1998/99 an der Universität Gesamthochschule Kassel (GhK). Wie Präsident Prof. Dr. Hans Brinckmann in einem Pressegespräch am 23. Oktober mitteilte, seien die Studienanfängerzahlen im Maschinenbau und der Elektrotechnik nach einer "bundesweit besorgniserregend rückläufigen Tendenz in den letzten Jahren" zum Semesterbeginn an der GhK erstmals wieder gestiegen. Den "auffälligen Internationalisierungs-Erfolg" seiner Universität belegte Brinckmann damit, daß der Anteil ausländischer Studierender in Kassel inzwischen die Zehn-Prozent-Marke überschritten hat und bei den Studienanfängern bereits auf 16 Prozent gesteigert werden konnte. Die GhK werde im kommenden Semester zugleich ihren "enormen inneren Modernisierungsschub" fortsetzen. Als Stichpunkte dafür nannte Brinckmann eine neue Grundordnung der Universität im Anschluß an das neue Hessische Hochschulgesetz (HHG), die grundlegende Reform des Finanzierungssystems und Rechnungswesens, neue Studiengänge wie in Witzenhausen, die Umsetzung der 1996 beschlossenen Entwicklungsplanung und wissenschaftlichen Schwerpunktbildung, die Neuordnung der Fachbereiche sowie die innere Reorganisation im Rahmen des VW-Stiftungsprojekts, "die erhebliche Umbrüche bringt, beispielsweise für den Kunsthochschulbereich".
Zwar sei die Zahl der Studienanfänger auch in Kassel leicht auf 2.351 (Vorjahr: 2.469) zurückgegangen, die Zahl der Studierenden insgesamt auf 17.250 (17.987). Dieser generelle Rückgang werde in Kassel allerdings durch die Nachfrage internationaler Studienanfänger zum Teil kompensiert, wo ein Zuwachs um mindestens 14 Prozent erreicht wurde. Knapp 1.800 ausländische Studierende aus 110 Herkunftsländern - darunter zunehmend auch aus Osteuropa - tragen inzwischen zur internationalen Studienatmosphäre der Kasseler Uni bei. "Unsere gestuften Studiengänge, das breite Angebot international üblicher Abschlüsse und die gezielte Entwicklung postgradualer Programme, die auf den internationalen Bildungsmarkt zugeschnitten sind und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert werden, stehen hinter diesem Erfolg", so Brinckmann.
Der GhK-Präsident betonte zugleich, daß der leichte Rückgang der Studierendenzahl keineswegs mit einer generellen Entspannung im überlasteten Studienbetrieb der Uni gleichzuzusetzen sei. So werde die Universität in mehreren Studiengängen der Nachfrage nachwievor nur durch Zulassungsbeschränkungen Herr. Beispielsweise liege der "Bewerberüberhang" in Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung immer noch bei 400 bis 500 Prozent, in Wirtschaftswissenschaften und Sozialwesen bei 100 Prozent.
Neben der knappen Personaldecke - "der Personalmittelansatz im Haushalt reicht gerade für 90 Prozent unserer Stellen" - habe sich leider die Finanzaustattung der Universität auch 1998 weiter verschlechtert. Mittlerweile stünden der Hochschule pro Studierender an laufenden Mitteln gerade noch 568 DM im Jahr zur Verfügung (1992: 796 DM), wie der Kanzler der GhK, Dr. Hans Gädeke, erläuterte. Die Situation werde sich durch den gleichzeitigen Wegfall bisheriger Sonderzuweisungen (z.B. Förderung von Forschungsschwerpunkten) noch weiter verschärfen. Zugleich habe die GhK - unabhängig von der Zahl ihrer Studierenden - wachsende Kosten für ihre Infrastruktur zu finanzieren: vom Internet-Zugang (Pauschalkostensteigerung 1998: 300.000 DM) über die Neuen Medien (Kosten der Zugriffe auf Datenbanken) bis hin zur Bauunterhaltung.
Auch die GhK, so der Kanzler, dränge deshalb bei den politisch Verantwortlichen in Land und Bund hartnäckig auf eine angemessenere Finanzierung. Sie beschränke sich jedoch nicht darauf, Forderungen zu stellen, sondern habe für sich selbst die Herausforderung angenommen, mit ihren Mitteln so wirtschaftlich und effizient wie möglich zu haushalten. So gehöre die GhK zu den Einrichtungen des Landes, die im Rahmen der Verwaltungs- und Finanzreform eine Pilotfunktion übernommen habe. Seit 1998 bewirtschafte sie im Rahmen eines Globalhaushalts ihre Mittel einschließlich der Personalmittel selbst. Bis zum 1. Januar 2000 soll die Umstellung der Haushaltsführung auf das kaufmännische Rechnungswesen, eine Kosten- und Leistungsrechnung sowie ein Controlling abgeschlossen sein. Damit, so Gädeke, erhalte die GhK die Möglichkeit, ihre Mittel selbstverantwortlich, zweckorientiert und flexibel einzusetzen. Allerdings stecke das Budget auch den Spielraum für alle Finanzaufgaben ab, die nun - wie z.B. Tariferhöhungen für Löhne und Gehälter - zu Lasten der Universität gehen.
Die Umstellung auf ein modernes Finanzmanagement an der Kasseler Uni ordnete GhK-Präsident Brinckmann in eine ganze Reihe von wichtigen Modernisierungsprojekten in den kommenden Semestern ein. So werde sich der Konvent der GhK bereits im Wintersemester an die Aufgabe machen, im Rahmen des neuen HHG eine neue Verfassung für die Uni zu beschließen, die auch eine professionellere und effizientere Selbstorganisation in den Organen der GhK bewirken soll. Bereits auf der Basis der neuen Grundordnung soll im Sommer kommenden Jahres auch die neue Universitätsspitze gewählt werden. Zu diesem "Modernisierungsschub" gehört für Brinckmann auch die Nutzung der Möglichkeiten, die die "Experimentierklausel" des neuen HHG z.B. für die Bildung einer weitgehend autonomen Kunsthochschule in der GhK bietet - der Zusammenschluß der bisherigen drei künstlerischen Fachbereiche zu einem gemeinsamen Fachbereich "Hochschule für Kunst und Gestaltung" wurde vom Wissenschaftsministerium inzwischen genehmigt, sowie die "inneren Reformen", die durch das von der VW-Stiftung geförderte Reorganisationsprojekt "Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung" in Gang gekommen sind. Auch die Neuordnung der Fachbereiche stehe auf der Tagesordnung. Mit der Bildung des gemeinsamen Kunsthochschul-Fachbereichs aus bisher drei Fachbereichen und dem Zusammenschluß von zwei weiteren Fachbereichen zu einem neuen Fachbereich "Berufsbildungs-, Sozial- und Rechtswisssenschaften" sei man auch hier bereits auf dem Wege zu neuen Strukturen.
"Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern wollen, sehe ich zu dem in Kassel eingeschlagenen Weg der organisatorischen Modernisierung und inhaltlichen Profilierung keine Alternative", so Brinckmann. Die GhK werde deshalb auch die wissenschaftliche Schwerpunktbildung konsquent fortsetzen, die mit der Fortschreibung der Hochschulentwicklungsplanung eingeleitet worden sei und zu einer Zielvereinbarung mit dem Land Hessen führen soll. Als Beispiele für Realisierungschritte nannte Brinckmann die erfolgreiche Einführung des gestuften Studienangebots "Ökologische Landwirtschaft" mit den neu eingerichteten Studienschwerpunkten "Nachhaltige Regionalentwicklung" und "Landschaftsökologie/Umweltsicherung" in der zweiten Studienstufe, die auch im gestuften Diplomstudiengang Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung angeboten werden, das im kommenden Semester erstmals angebotene berufsbegleitende Studium "Regionales Mobilitätsmanagement", die neu eingerichtete interdisziplinäre Arbeitsgruppe "Gewässerökologie/Gewässerschutz", die Weiterentwicklung der Staatsdomäne Frankenhausen zum agrarwirtschaftlichen Modellprojekt sowie den Aufbau eines Zentrums für Umweltgerechtes Bauen (ZUB) an der Nahtstelle zwischen Forschung und Praxis, der ohne Zuschuß aus dem Hochschuletat erreicht werden muß.
Zugleich werde die GhK auch im neuen Semester den intensiven Dialog mit der Region suchen und die Bevölkerung mit besonderen Veranstaltungen in die Universität einladen, so mit der hochschulübergreifenden "Universitätsvorlesung" dieses Semesters zum Thema "Geschichtskultur" (ab 7. November), mit der Ausstellung "Einblicke" im Kasseler Rathaus (ab 2. November) sowie mit fachorientierten Veranstaltungen für die Öffentlichkeit, darunter erstmalig mit einem "Innovations- und Absolventenforum der Kasseler Elektrotechniker" am 26. und 27. November.
Bernt Armbruster
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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