idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.09.2019 11:27

Forschende sehen Handlungsbedarf bei Waldbrandrisiko

Josef Zens Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

    Wie wirkt sich der Einfluss des Menschen auf Waldbrände aus? Und was kann man aus Waldbränden in der Vergangenheit für die Zukunft der Forstwirtschaft lernen? Mit einem neuen statistischen Ansatz hat ein internationales Team von Forschenden für eine Region im Nordosten Polens gezeigt, dass mit dem Wandel zur organisierten Forstwirtschaft verstärkt Waldbrände auftraten. Dabei spielte unter anderem der Waldumbau zu Kiefernmonokulturen eine Rolle. Die vermehrten Brände machten es in der Folge wiederum notwendig, die Wälder anders zu bewirtschaften und zu pflegen. Im Zuge des Klimawandels schlagen die Forscher neue Strategien zur Bekämpfung von Waldbränden vor.

    Wie wirkt sich der Einfluss des Menschen auf Waldbrände aus? Und was kann man aus Waldbränden in der Vergangenheit für die Zukunft der Forstwirtschaft lernen? Neue Antworten auf diese Fragen liefert nun ein internationales Team von Forschenden um Elisabeth Dietze, ehemals am Deutschen GeoForschungZentrum GFZ in Potsdam, heute am Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Das Forschungsteam hat für eine Region im Nordosten Polens gezeigt, dass dort mit dem Wandel zur organisierten Forstwirtschaft Ende des 18. Jahrhunderts verstärkt Waldbrände auftraten. Dabei spielte unter anderem der Waldumbau zu Kiefernmonokulturen eine Rolle. Die vermehrten Brände machten es in der Folge wiederum notwendig, die Wälder anders zu bewirtschaften und zu pflegen. Die Forschenden berichten darüber im Fachjournal PLOS ONE.

    Jede natürliche Landschaft hat ein ihr eigenes Muster, nach dem sich Brände dort verhalten. Dieses Muster bezeichnet man auch als „Feuerregime“. Feuerregime sind mit der jeweiligen Landschaft, ihrer Vegetation und ihrem Klima direkt verbunden. Auch der Mensch kann diese durch Bewirtschaftung einer Landschaft verändern. Darüber, wie er Feuerregime vor dem Beginn der aktiven Waldbrandbekämpfung beeinflusst hat, weiß man bisher aber noch wenig. Für die vergangenen 250 Jahren ist der menschliche Beitrag zum weltweiten Anstieg von Bränden in der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders unklar, da die Datenlage für diesen Zeitraum nicht sehr umfangreich ist.

    In der nun veröffentlichten Studie haben die Forschenden geprüft, inwieweit die Waldbewirtschaftung das Feuerregime in einer gemäßigten Waldlandschaft um den Czechowskie-See in der Bory Tucholskie (Deutsch: Tucheler Heide) beeinflusst hat. Die Bory Tucholskie ist eines der größten Waldgebiete Mitteleuropas in Nordostpolen. Die Forschenden kombinierten Hinweise aus verschiedenen Quellen, etwa Holzkohlestücke und Moleküle, die bei Verbrennungsprozessen entstehen, sogenannte molekulare Feuermarker. Das untersuchte Material stammte aus Bohrkernen von Seesedimenten. Auf ihre Proben wendeten die Forschenden einen neuen statistischen Ansatz zur Klassifizierung von Bränden an. Ihre Messungen verglichen sie mit unabhängigen Klima- und Vegetationsrekonstruktionen und historischen Aufzeichnungen.

    Anpassungsbedarf im Rahmen des Klimawandels

    Das Team fand zwei markante Veränderungen des Brandregimes im 19. und 20. Jahrhundert, die beide der Mensch angetrieben hat. Demnach nahm die verbrannte Biomasse in der Mitte des 19. Jahrhunderts unbeabsichtigt zu. Denn damals wurden für die Industrialisierung notwendige brennbare, schnell wachsenden Kiefernmonokulturen angelegt. „Nach verheerenden Bränden im Jahr 1863 begann man, Feuer als bedeutsamen Faktor in die Waldbewirtschaftung mit einzubeziehen“, erklärt Elisabeth Dietze.

    Die staatliche Forstwirtschaft reagierte Ende des 19. Jahrhundert mit einer aktiven Brandvermeidungsstrategie. Mit unterschiedliche Maßnahmen, beispielsweise durch ein dichteres Wegenetz, habe man versucht, Brände zu verhindern. Diese Maßnahmen seien über das 20. Jahrhundert sehr effektiv gewesen, die Zahl der Feuer zurückgegangen. Aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion seien in den 1990er Jahren wieder mehr Kiefern gepflanzt worden. Die bewaldete Fläche habe zugenommen. „Im Zuge des Klimawandels mit seinem Temperaturanstieg und häufigeren Trockensommern ist eine neue Anpassung der Forstwirtschaft nötig. Feuer sollten künftig effektiver unterdrückt werden und man sollte den Wald umbauen – hin zu diverseren und weniger brennbaren Baum- und Straucharten. Das ist unser wichtigstes Ergebnis für die Forstwirtschaft“, sagt Elisabeth Dietze.

    Mit den neuen Erkenntnissen lassen sich Modelle zur Vorhersage von Feuern besser kalibrieren. „Wir können die Feuerarten umfassender rekonstruieren als bisher“, so Elisabeth Dietze. „Auch Feuer geringer Intensität, etwa typische Bodenfeuer im Gegensatz zu Kronenfeuern, können wir so mit molekularen Feuermarkern nachweisen, was mit Holzkohle alleine nicht möglich war.“

    Die Studie ist im Rahmen von „ICLEA – Virtuelles Institut zur Integrierten Klima- und Landschaftsentwicklungsanalyse“ entstanden. Als Partner bündeln das GFZ, die Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald, die Brandenburgisch Technische Universität Cottbus zusammen mit der Polnischen Akademie der Wissenschaften ihre Forschungskapazitäten und Expertise, um die Klima- und Landschaftsentwicklung der historischen Kulturlandschaft zwischen Nordostdeutschland und Nordwestpolen zu untersuchen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Elisabeth Dietze
    Gastwissenschaftlerin
    Sektion Organische Geochemie
    Helmholtz-Zentrum Potsdam
    Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
    Tel.: +49 (0)331/288- 2220
    E-Mail: elisabeth.dietze@gfz-potsdam.de


    Originalpublikation:

    Dietze, E., Brykała, D., Schreuder L.T. et al., 2019. Human-induced fire regime shifts during 19th century industrialization: a robust fire regime reconstruction using northern Polish lake sediments. PLOS ONE. DOI: 10.1371/journal.pone.0222011
    https://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0222011


    Weitere Informationen:

    http://„Neue Einblicke in die Waldbrandgeschichte Zentraleuropas“ – GFZ-Pressemitteilung, 25.10.2018
    https://www.gfz-potsdam.de/medien-kommunikation/meldungen/detailansicht/article/...
    http://ICLEA – Virtuelles Institut zur Integrierten Klima- und Landschaftsentwicklungsanalyse
    https://www.gfz-potsdam.de/sektion/klimadynamik-und-landschaftsentwicklung/proje...


    Bilder

    Seesedimente des Czechowskie-Sees, Tucheler Heide, Polen, ermöglichen hochauflösende Einblicke in die Landschafts- und Waldbrandgeschichte
    Seesedimente des Czechowskie-Sees, Tucheler Heide, Polen, ermöglichen hochauflösende Einblicke in di ...
    D. Brykała, Polish Academy of Science
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Seesedimente des Czechowskie-Sees, Tucheler Heide, Polen, ermöglichen hochauflösende Einblicke in die Landschafts- und Waldbrandgeschichte


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).