Übergewicht kann Gelenke schädigen und erhöht das Risiko, frühzeitig eine Gelenksarthrose zu entwickeln, also unter Gelenksverschleiß zu leiden. Die Fachhochschule St. Pölten hat gemeinsam mit Partnerinstitutionen im Projekt „Children’s KNEEs“ die Auswirkungen von Übergewicht auf die Gelenke von Kindern und Jugendlichen untersucht, ein physiotherapeutisches Trainingsprogramm erarbeitet und dieses aus klinischer und biomechanischer Sicht evaluiert.
Circa 17 Prozent der Kinder in Österreich sind übergewichtig, sieben Prozent leiden unter Adipositas – Tendenz steigend. Weltweit hat sich die Zahl der Menschen mit Adipositas in den letzten drei Jahrzehnten nahezu verdreifacht, circa 340 Millionen Erwachsene und Kinder sind davon betroffen oder sind übergewichtig. Das Gewicht belastet bei jedem Schritt die Knochen und Gelenke und kann so zu Gelenksproblemen führen. Studien haben einen starken Zusammenhang zwischen Übergewicht und dessen negative Auswirkungen auf biomechanische Abläufe beim Fortbewegen festgestellt.
„Vor allem die Kombination aus erhöhtem Körpergewicht und biomechanischen Fehlstellungen kann zu einer erhöhten und somit unphysiologischen Gelenksbelastung in Hüft- und Kniegelenken führen. Besteht diese Mehrbelastung über einen längeren Zeitraum hinweg, kann dies zu einem erhöhten Risiko führen, frühzeitig eine Gelenksarthrose zu entwickeln“, erklärt Brian Horsak, Senior Researcher am Institut für Gesundheitswissenschaften und Leiter des Schwerpunkts Motor Rehabilitation am Center for Digital Health Innovation der FH St. Pölten.
Effektives Training
Das „Children's KNEEs“-Projekt ist weltweit eine der ersten randomisiert-kontrollierten klinischen Studien, die Effekte eines speziellen Beinachsentrainings für adipöse Kinder und Jugendliche aus vorwiegend biomechanischer und klinischer Sicht evaluiert hat.
Ergebnis ist, dass das Training die Hüftmuskulatur der Jugendlichen stärken konnte. Dadurch waren die Kinder und Jugendlichen beim Gehen und Stiegensteigen wieder besser in der Lage, ihre Beinachse dynamisch zu stabilisieren. Somit hat das Training zu einer Normalisierung des Gangbildes beitragen können. Keine Unterschiede gab es jedoch in der Selbstwahrnehmung der Kniefunktion, der Schmerzen und des Unbehagens.
„Auch wenn die Effekte aus dem Training für die Studie relativ gering ausfallen, zeigen sie, dass das richtige Training schon nach kurzer Zeit das Fortschreiten der Fehlstellungen reduzieren kann“, sagt Horsak. Essentiell ist laut Barbara Wondrasch, der leitenden Physiotherapeutin des Projekts, die Entwicklung von evidenzbasierten und attraktiven Trainingsprogrammen: „Nur wenn die jungen Menschen über einen längeren Zeitraum das Programm verfolgen, können nachhaltige Verbesserungen des Gangbildes erzielt werden“, so Wondrasch.
Relevanz für die Gesellschaft
Bis heute gibt es für übergewichtige oder adipöse Kinder und Jugendliche keine durch Sozialversicherungsträger finanzierte Präventionsmaßnahmen. Ein wesentliches Ziel dieser Studie war es daher, erste Daten zu liefern, die aufzeigen, dass solche Programme sehr zielführend sind und langfristig auch zu einer Kostenreduktion im Gesundheitssystem beitragen könnten, indem degenerativen Gelenkserkrankungen vorgebeugt wird.
Projektpartner der Studie waren die Donau-Universität Krems (Stefan Nehrer), die Medizinische Universität Wien (Susanne Greber-Platzer und Richard Crevenna), die Universität Wien (Arnold Baca) und das Orthopädische Spital Speising (Andreas Kranzl).
3D-Ganganalyse: Bewegung in Bits und Pixel verwandelt
Bei dem Projekt wurde mit Motion-Capturing-Technik gearbeitet, die eine besonders realitätsnahe und detailreiche digitale Nachbildung von Bewegung in Bits und Pixel erlaubt. Menschliche Bewegungen werden dabei auf computergenerierte 3D-Modelle übertragen. Diese erlauben dann eine genaue Analyse der Bewegung und der wirkenden Kräfte im Körper.
Zum Einsatz kommt die Technik an der FH St. Pölten im vor Kurzem eingerichteten „ReMoCap-Lab“ (Laboratory for Capturing Motion and Augmenting Environment in Motor Rehabilitation). Es bündelt die Expertise der FH St. Pölten in den Bereichen Rehabilitation, Bewegungsanalyse, Visual Analytics, Machine Learning und Virtual/Mixed Reality. „Mit dem Labor möchten wir die Zukunft in der Bewegungsrehabilitation aktiv mitgestalten. Wir vereinen dort unsere vielfältigen Kompetenzen und nutzen diese interdisziplinär“, erklärt Horsak.
Die FH St. Pölten hat ihre Expertise im Bereich der Gang- und Bewegungsanalyse in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und für den Bereich des digitalen Gesundheitswesens das St. Pölten Center for Digital Health Innovation eingerichtet. In mehreren Forschungsprojekten untersuchten ForscherInnen etwa intelligente Gangmusteranalysen für das Erkennen von Gangstörungen, entwickelten eine Lernsoftware zur Ganganalyse für Physiotherapeutinnen und -therapeuten und eine intelligente Schuhsohle, die Gangstörungen hörbar macht.
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Publikation zur Kniestudie
Effects of a lower extremity exercise program on gait biomechanics and clinical outcomes in children and adolescents with obesity: A randomized controlled trial
B. Horsak, C. Schwab, A. Baca, S. Greber-Platzer, A. Kreissl, S. Nehrer, M. Keilani, R. Crevenna, A. Kranzl, B.Wondrasch
Die Studie ist frei zum Download verfügbar.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0966636218313341
Projekt „Children‘s KNEEs Study“
Das Projekt „Children‘s KNEEs Study“ wurde vom Land Niederösterreich im Zuge des Life-science-calls der NÖ Forschungs- und Bildunges.m.b.H. (NFB) gefördert. PartnerInnen im Projekt waren das Zentrum für regenerative Medizin und Orthopädie der Donau Universität Krems, die Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin und die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinische Universität Wien, das Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien und das Gang- und Bewegungsanalyselabor des Orthopädischen Spital Speising in Wien.
https://research.fhstp.ac.at/projekte/the-children-s-knees-study
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Fotos:
Fotos Digital Health Lab, Credit: Martin Lifka Photography
Über die Fachhochschule St. Pölten
Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den sechs Themengebieten Medien & Wirtschaft, Medien & Digitale Technologien, Informatik & Security, Bahntechnologie & Mobilität, Gesundheit und Soziales. In mittlerweile 22 Studiengängen werden circa 3.200 Studierende betreut. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt zu den oben genannten Themen sowie institutsübergreifend und interdisziplinär. Die Studiengänge stehen in stetigem Austausch mit den Instituten, die laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickeln und umsetzen.
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Digital Health Lab an der FH St. Pölten
Martin Lifka Photography
None
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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