Tests zur Bestimmung von Persönlichkeitstypen sind so unsicher wie der Ausgang eines Münzwurfs
Beliebt, aber nicht aussagekräftig: Unter anderem bei der Personalauswahl kommen Persönlichkeitstests verstärkt zum Einsatz. Wie Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Freien Universität Berlin und der Universität Ulm nun in einer Veröffentlichung in der renommierten Fachzeitschrift Nature Human Behaviour zeigen konnten, sind diese Tests jedoch nur so zuverlässig wie ein Münzwurf. Sie eignen sich also nicht, Klarheit in Hinblick auf die Persönlichkeit eines Menschen zu gewinnen und sind als Hilfsmittel wenig brauchbar.
Persönlichkeit ist keine Schublade, sondern ein Kontinuum
Seit Anbeginn der psychologischen Forschung sei der Typenansatz ein beliebtes Modell, sagt Prof. Dr. Matthias Ziegler und Co-Autor der jetzt erschienen Studie. Nun würden Typentests in den vergangenen Jahren insbesondere in nichtwissenschaftlichen Bereichen verstärkt dazu verwendet, Menschen Gruppen zuzuordnen. „Typisierungen mit vier Buchstaben, Farben oder Symbolen helfen hier vermeintlich, schnell verschiedene Menschen voneinander zu unterscheiden,“ berichtet der Psychologe. Das Problem: Diese Tests sind nicht zuverlässig und werden in der Wissenschaft von jeher kritisch gesehen – unter anderem deshalb, da es in der wissenschaftlichen Psychologie einen breiten Konsens gibt, dass man Persönlichkeitseigenschaften eher als Dimensionen und nicht als Schubladen verstehen sollte. „Persönlichkeit ist ein Kontinuum“, sagt Matthias Ziegler.
Typisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht korrekt
Dem unbenommen veröffentlichte Nature Human Behaviour 2018 eine Studie zu Typentests, die auf der Auswertung der Daten von mehreren Hunderttausend Personen basiert. Die Autoren der Studie waren überzeugt, mittels moderner Algorithmen vier stabile Persönlichkeitstypen nachgewiesen zu haben. Prof. Dr. Ziegler und seine Kollegen werteten den Datensatz nun ein zweites Mal aus und kamen zu einem anderen Ergebnis. „Wir haben speziell darauf geachtet, ob jede Person einem der vier Persönlichkeitstypen zugeordnet werden kann, und falls ja, wie sicher diese Zuordnung ist.“
Ziegler und seine Mitstreiter konnten hierbei zeigen, dass lediglich 42 Prozent der Personen einem der vier Typen zugeordnet werden konnten. „Die Sicherheit dieser Zuordnung war ungefähr so wahrscheinlich wie der Ausgang eines Münzwurfs. Somit zeigt unser Kommentar, dass sich sogenannte Persönlichkeitstypen selbst mit modernsten Methoden und riesigen Datensätzen nicht sicher bei einzelnen Personen nachweisen lassen“, sagt der Psychologe. Bei wichtigen Entscheidungen – etwa im Bereich Human Ressources – sei es daher nicht empfehlenswert, auf Typentests zu bauen. „Die Typisierung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht korrekt.“
Prof. Dr. Matthias Ziegler
Institut für Psychologie
Humboldt-Universität zu Berlin
Web: https://www.psychologie.hu-berlin.de/de/prof/dia
Four personality types may be neither robust nor exhaustive, in: Nature Human Behavior; Autoren: PMSc Jan-Philipp Freudenstein, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Psychologische Diagnostik, Differentielle und Persönlichkeitspsychologie (Freie Universität Berlin); Prof. Dr. Patrick Mussel, Professor für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik (Freie Universität Berlin)
MSc Christoph Strauch, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Allgemeine Psychologie (Universität Ulm); Prof. Dr. Matthias Ziegler, Professor für Psychologische Diagnostik (Humboldt-Universität zu Berlin)
https://doi.org/10.1038/s41562-019-0721-4
https://rdcu.be/bRdVh
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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