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19.11.2003 15:24

Den Ursachen psychischer Erkrankungen auf der Spur

Prof. Dr. Peter Falkai Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

    Neue Methoden der Bildgebung und der molekularen Medizin bringen entscheidende Durchbrüche

    Fortschritte in der molekularen Medizin und bei den bildgebenden Verfahren haben in den vergangenen Jahren erheblich zur Entschlüsselung der Ursachen psychischer Störungen beigetragen. So konnten Veränderungen in bestimmten Hirnregionen nachgewiesen und verdächtige Gene für die Krankheitsentstehung identifiziert werden. Setzt sich diese Entwicklung fort, ist in nächster Zukunft mit weiteren Durchbrüchen zu rechnen, erklärten Experten zum Auftakt des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin.

    Lange galt es als beinahe hoffnungsloses Unterfangen, den Ursachen psychischer Erkrankungen näher auf die Spur zu kommen, sind sie doch sowohl genetisch beeinflusst als auch durch Umwelt und Erfahrungen mitverursacht. "Diese Skepsis hat sich in den vergangenen Jahren jedoch grundlegend gewandelt", erläuterte Prof. Wolfgang Maier von der Universität Bonn.

    Psychische Erkrankungen sind Erkrankungen des Gehirns
    Verantwortlich hierfür seien vor allem zwei Erkenntnisse: Zum einen, dass es sich bei psychischen Erkrankungen auch um Erkrankungen des Gehirns handelt. "Daraus", so Maier, "ergeben sich zahlreiche neurobiologische Forschungsansätze, die von den neuen Methoden der Bildgebung und der Molekularbiologie profitieren". Zum anderen ist es die Erkenntnis, dass alle psychischen Erkrankungen zwar nicht genetisch verursacht, aber doch genetisch beeinflußt sind. "Damit können auch die sich stürmisch entwickelnden molekulargenetischen Methoden für die Ursachenforschung psychischer Störungen genutzt werden."

    In der jüngeren Vergangenheit sind auf beiden Ebenen große Fortschritte erzielt werden:
    * Bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) belegen, dass psychische Erkrankungen entgegen früherer Vermutungen mit Störungen der Hirnfunktion, häufig auch mit Veränderungen der Hirnstruktur einhergehen. Zwar finden sich keine krankheitstypischen Hirnschädigungen wie dies bei den meisten neurologischen Erkrankungen der Fall ist. Stattdessen wurde z. B. bei der Depression ein verringertes Volumen in der für Gedächtnis und Gefühlsleben besonders wichtigen Struktur des Hippocampus festgestellt; bei der Schizophrenie finden sich im Frontalhirn und im limbischen System zahlreiche Veränderungen in Struktur und Funktion. Diese Abweichungen sind zumindest teilweise schon vor der Erkrankung bzw. bei noch gesunden Personen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko vorhanden.

    * Auch bei der Suche nach den verantwortlichen Genen auf DNA-Ebene sind nach Angaben Maiers vor kurzem "entscheidende Durchbrüche" gelungen. So konnten in den vergangenen zwölf Monaten mehrere, die Schizophrenie beeinflussenden Gene identifiziert werden. Diese Erfolge, an deren Entwicklung deutsche Arbeitsgruppen wesentlich beteiligt waren, sind vor allem neuen molekulargenetischen Methoden zu verdanken,

    * Das Schizophrenie-Risiko wird demnach von den Genen Dysbindin auf Chromosom 6, Neuregulin auf Chromosom 8 und G72 auf Chromosom 13 beeinflußt. Der Zusammenhang jeder dieser drei Gene mit der Schizophrenie ist mittlerweile durch mehrere unabhängige Arbeitsgruppen gut belegt. "Mit ihrer Entdeckung gibt es hoffnungsvolle Ansätze für die Entwicklung neuer und besser wirksamer Medikamente", hofft Prof. Maier.

    Zusammenhang Stress und Depressionen
    Ein weiteres Beispiel: Bei der Erforschung der biologischen Ursachen von Depressionen sind Erfolge noch schwieriger zu erreichen. Dies liegt vor allem an dem starken Einfluß von früheren und späteren Lebensereignissen und deren Zusammenspiel mit der genetischen Veranlagung des Einzelnen. Sehr belastende Lebensereignisse wie z. B. körperlicher Mißbrauch führen zwar bei vielen, nicht aber bei allen Menschen zu psychischen Störungen. Warum das so ist, konnte jetzt in einer jüngst in "Science" publizierten neueren Studie gezeigt werden: Diejenigen Betroffenen, die eine spezifische genetische Variante aufweisen, reagieren bevorzugt nach kindlichen Mißbrauchserfahrungen mit Depressionen im Erwachsenenalter. Diese genetische Variante führt zu einer Beeinträchtigung bei der Stressverarbeitung. Und übermäßiger Stress - auch das ein Ergebnis neuer Forschungen - ist mitverantwortlich für die Entstehung von Depressionen.


    Weitere Informationen:

    http://www.dgppn-kongress2003.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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