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24.11.2003 10:13

Mit besserer Lehrerausbildung zu besserem Unterricht: Reformkonzept zur Lehrerausbildung erneut disk

Heidi Neyses Kommunikation & Marketing
Universität Trier

    Universität Trier: Sitzung des Hochschulkuratoriums mit
    Wissenschaftsminister Zöllner zur Reform der Lehrerausbildung

    Die Reform der Lehrerausbildung in Rheinland-Pfalz steht kurz vor der Umsetzung. Dieses, nicht zuletzt durch die Pisa-Studie ausgelöste, große Reformvorhaben wird sich in den nächsten Jahren unmittelbar auf die Universitäten des Landes auswirken. Aus diesem Grunde hatte der Vorsitzende des Hochschulkuratoriums der Universität Trier, Dr. Josef Peter Mertes, zu einer Sondersitzung dieses Gremiums am Ende Oktober 2003, mit Wissenschaftsminister Prof. Dr. Jürgen E. Zöllner, sowie dem Beauftragten für die Reform der Lehrerausbildung, Prof. Dr. Hermann Saterdag, eingeladen. Es sollte eine erneute Gelegenheit für Hochschulleitung, Dekane und Interessierte sein, vor der Umsetzungsphase von Seiten der Hochschule Vorschläge und Einwände einzubringen. Bereits vor fast genau einem Jahr wurden kontroverse Standpunkte in Trier erörtert, die sich inzwischen im Wesentlichen auf zwei Problemfelder konzentrieren: Die Lehramtsfächer fürchten eine gravierende Schwächung der Fachwissenschaften und sehen Probleme mit dem Zeitbudget bei der Leistungspunktvergabe. Zu beiden Punkten folgt eine Stellungnahme am Ende der Pressemitteilung.

    Zöllner stellte zunächst zentrale Elemente des Grundsatzkonzepts vor: Das "Duale Studien- und Ausbildungskonzept" soll die Lehrerausbildung praxisnah und durchlässiger gestalten. Ziel der Reform sind - so Zöllner - vor allem Qualitätsverbesserungen in der Lehrerausbildung verbunden mit der Verkürzung der Gesamtausbildungsdauer sowie der Verzahnung von Universität und Studienseminaren mit Beginn des ersten Semesters durch Kerncurricula und Zentren für Lehrerbildung. Zu den Eckpunkten des Reformvorschlags gehören unter anderem der modularisierte Studien- und Seminaraufbau mit Bachelor- und Master-Abschlüssen, die Stärkung der Fachdidaktiken, Praxisbezug ab dem 1. Semester bei "unverändert hoher fachwissenschaftlicher Fundierung", erhöhte Professionalität, fachbereichsübergreifende Lehrerbildungszentren, mehr Polyvalenz der Ausbildung, verbindliche curriculare Standards für alle Fächer und die Einsetzbarkeit in verschiedenen Schularten. Im Rahmen der Modularisierung können Studierende verpatzte Prüfungen nachmachen.
    Zöllner verwies auch auf die bundesweite Diskussion: Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat eine Kommission zu den "Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland" eingesetzt und der Wissenschaftsrat hat Empfehlungen "zur künftigen Struktur der Lehrerbildung" herausgegeben. Nachdem die OECD-Studie die Problemfelder aufgedeckt und die Pisa-Studie breit diskutiert worden sei, habe die Landesregierung in Rheinland-Pfalz Handlungsbedarf gesehen, berichtete Zöllner.

    Zwei grundlegende Problempunkte wurden von Seiten der Hochschule in der anschließenden Diskussion vorgebracht: Prof. Dr. Hurm (Anglistik), Leiter der Kommission zur Einführung von Master-Bachelor-Studiengängen im Fachbereich II, sah Nachbesserungsbedarf insbesondere bei der Umrechnung von Semesterwochenstunden in Leistungspunktzahlen. Prof. Dr. Thaa, Dekan des Fachbereichs III, wies mit Hurm auf das zweite große Problem für die Fächer hin: Dort befürchtet man die Schwächung der Fachwissenschaften. Auf deren Stellungnahmen und Einwände ging Zöllner ein: "Probleme müssen angesprochen werden", sagte er, "Es wird keine Schwächung der Fachwissenschaften geben". Zöllner versprach prüfen zu lassen, inwieweit die Umwandlung von Semesterwochenstunden in Leistungspunktzahlen zu Problemen führen kann. Saterdag sollte diese technische Frage klären und mit der Hochschulseite erörtern. Die vorgetragenen Problempunkte sollen erneut in der Studienkommission geprüft und mit der Hochschulseite durchgesprochen werden.

    ____________________________________________________________
    Anhang: Einzelne Stellungnahmen aus den Fachbereichen

    Die folgenden beiden wichtigen Stellungnahmen wurden von Prof. Dr. Gerd Hurm, FB II, und von Prof. Dr. Winfried Thaa, Dekan des FB III, zur Sitzung abgegeben:

    1. Stellungnahme zum "Anteil der Fachwissenschaften"

    Durch die Reform des Lehramtsstudiengangs ist die bewährte Durchlässigkeit von Magister-Studium und Lehramts-Studium stark gefährdet. Zwar gibt das Reformkonzept für die Lehrerbildung in RP das Ziel vor, die Durchlässigkeit noch zu verbessern, doch dürfte in der Konsequenz genau das Gegenteil geschehen. Waren bisher die Anforderungen in Universitäts- und Lehramts-Zwei-Fächer-Studiengängen nahezu identisch (bis auf einen verhältnismäßig geringen Mehranteil an Veranstaltungen in Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik im Lehramts-Studium im Vergleich zum Magister-Studium), so ist durch die Tendenz der Reform in gestuften Studiengängen eine gegenläufige Entwicklung zu befürchten. Da die neuen Studiengänge vorwiegend Ein-Fach-Studiengänge sein sollen und werden (bewährter internationaler Standard, Empfehlung KMK), wird sich der fachwissenschaftliche Anteil des verbliebenen Hauptfachs von 50 % (bei 2 Fächern) auf 65 % bis 70 % (je nach Profil des Studiengangs) erhöhen. Im Gegenzug wird der fachwissenschaftliche Anteil in Lehramts-BMS (BMS = Bachelor-Master-Studiengänge) in RP durch die Vorgabe des Zwei-Fächer-Studiengangs sowie durch die Erhöhung des Anteils der Bildungswissenschaft und der Fachdidaktik auf ca. 35 % für ein Hauptfach zurückgehen. Somit hätten Studierende nach einem Jahr im Hauptfach eines Lehramts-BMS vielleicht 6 bis 7 fachwissenschaftliche Lehrveranstaltungen besucht, im Hauptfach eines Universitäts-BMS hingegen schon 12 bis 14 fachwissenschaftliche Lehrveranstaltungen. Da der Unterschied der fachwissenschaftlichen Kenntnisse unüberbrückbar groß wäre, könnte eine Durchlässigkeit nicht mehr gewährleistet werden.
    Prof. Dr. Gerd Hurm, Prof. Dr. Winfried Thaa

    Stellungnahme zu Leistungspunktzahlen

    Ein grundlegendes Problem des neuen Lehramtsstudiengangs liegt darin, dass die Leistungspunktzahlen (CP = Credit Points) für die einzelnen Lehrveranstaltungen zu gering angesetzt werden. Die Umrechnung des alten Richtwerts Semesterwochenstunden (SWS) in den neuen Richtwert Leistungspunktzahl (CP) erfolgt über einen viel zu niedrigen, generellen Faktor (1,5). In der Umrechnung wird dabei von einem Zeitaufwand ausgegangen wie er nur in Lehrveranstaltungen mit Vorlesungscharakter üblich ist. An andere, deutlich zeitaufwendigere Veranstaltungsformen, die etwa durch einen großen Zeit- und Arbeitsaufwand für Begleitlektüre, Recherche und Schreibarbeit (Referate, Hausarbeiten) gekennzeichnet sind, werden dadurch praxisferne Leistungsanforderungen gestellt. Da der fachwissenschaftliche Anteil in den Studiengängen nicht reduziert werden soll, die Studierenden aber gleichzeitig zusätzliche bildungswissenschaftliche und fachdidaktische Veranstaltungen belegen müssen, kann dies rechnerisch nur gelingen, indem den fachwissenschaftlichen Veranstaltungen unrealistisch niedrige Leistungspunktzahlen, sprich praxisferne Arbeitszeitvorgaben zugewiesen werden. War beispielsweise bisher für eine wissenschaftliche Hausarbeit eine gute Woche in der vorlesungsfreien Zeit veranschlagt worden, so geht der jetzige Entwurf davon aus, dass die Arbeit in zwei Tagen während der laufenden Vorlesungszeit geschrieben werden soll. Damit bleibt rein rechnerisch der fachwissenschaftliche Anteil zwar gleich, allerdings ist ein solcher Studiengang nicht wirklich studierbar.

    Prof. Dr. Gerd Hurm

    Pressestelle der Universität Trier
    Heidi Neyses
    Tel.: 0651-201/4238
    Fax: 0651-201/4247


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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