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24.11.2003 14:51

Bauunternehmen verstärken strategischen Focus und entwickeln Partnerschaftsmodelle

Anette Schober-Knitz Referat für Hochschulkommunikation und Marketing
Hochschule Biberach

    Über 100 Experten aus der Bau- und Immobilienwirtschaft diskutierten in der vergangenen Woche (19. und 20.11.2003) an der Fachhochschule/Bauakademie Biberach, wie die Bauwirtschaft ihre Leistungsfähigkeit durch klare strategische Ausrichtung am Markt besser bündeln kann und wie durch Partnerschaftsmodelle mit Kunden und Baupartnern Kosten gesenkt und gemeinsame Gewinnpotentiale erschlossen werden können.

    Wettbewerb über die Leistungsfähigkeit oder den Preis? Das ist eine wichtige strategische Entscheidung, die ein Bauunternehmen für seine verschiedenen Geschäftsfelder treffen muss. Zwar ist die Fragestellung nicht neu; auffallend ist aber, wie konsequent und differenziert die Umsetzung heute erfolgen muss. Wie ein großer Mittelständler mit 2.700 Mitarbeitern die Preisführerschaftsstrategie umsetzt, erläuterte Herr Rüberg, Geschäftsführer von Leonhard Weiss, Satteldorf. Beste Bauqualität ist auch bei dieser Strategie unverzichtbar. Deshalb ist es notwendig, sich sehr konsequent auf nur noch auf bestimmte Bauleistungen in abgegrenzten Regionen zu konzentrieren, wo die Technik- und Marktstärken des Unternehmens optimal genutzt werden können. Flankierender Verzicht in der Organisation führt zu extrem schlanken Strukturen, die die Verwaltungskosten unter 2% des Umsatzes drücken. Das verlangt allerdings eine Abfederung bei Personalpolitik und Personalführung. Wie viele der in den letzten Jahren trotz widriger Rahmenbedingungen erfolgreich arbeitenden Mittelständler setzt auch Rüberg mit einer Wertschöpfungsquote von 70% auf eigenes gewerbliches Personal, das durch Qualifikation, Handlungsspielraum und Erfolgsbeteiligung ins unternehmerische Denken eingebunden wird. "Motivation und Know How ist auch künftig nicht durch 5 Euro Stundenlohn zu schlagen".

    Die Position der Großunternehmen wurde von Herrn Bodner, Vorstandsvorsitzender der Bilfinger Berger AG, Mannheim, vertreten. Deutsche Bauunternehmen sind besonders leistungsfähig. Diese Leistungsfähigkeit zu erhalten ist langfristig auch von volkswirtschaftlichem Nutzen und könne unterstützt werden durch drei Faktoren: die Ausschreibungspraxis, Einbindung privaten Kapitals in den Ausbau von Infrastrukturen (PPP) und Partnermodelle mit den Kunden. Die Ausschreibungs- und Vergabepraxis vor allem der öffentlichen Hand, zum Teil aber auch bei Privaten, fokussiere zu sehr auf den Preis als alleiniges Entscheidungskriterium, obwohl die VOB andere Möglichkeiten zulasse. Selbst der Bundesrechnungshof habe mittlerweile darauf hingewiesen, dass in einer Reihe von Fällen die Orientierung an der Leistungsfähigkeit wirtschaftlich günstiger gewesen wäre. "Wir brauchen neben dem reinen Preiswettbewerb auch einen Qualitätswettbewerb nach definierten Qualitätskriterien", so Bodner, damit Bauprojekte mit besonderen Anforderungen nicht als Experimentierfeld für überforderte Anbieter zugelassen würden. Im Ausland würde das durch entsprechende Vergabeprozeduren seit langem praktiziert. Gerade bei rückläufiger Nachfrage würde die derzeitige deutsche Vergabepraxis dazu führen, dass Leistungskapazitäten aus dem Markt gedrängt würden und somit die falschen Kapazitäten erhalten blieben. Große Bauunternehmen, die ihre Leistungsfähigkeit durch die Generalverantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette komplexer Projekte definierten, müssten zwar nicht alle Stufen selbst beherrschen, aber dennoch Know How für alle Stufen besitzen. Bei PPP gäbe es mittlerweile


    nicht nur wirtschaftlich nachweisbare, sondern auch politisch anerkannte Erfolge im Hochbau; hier müsse verstärkt auf die Erfahrungen aus Großbritannien zurückgegriffen werden. Prof. Mayrzedt, der die Fachhochschule Biberach in einem Forschungsprojekt über die Möglichkeiten der privaten Finanzierung von Autobahnen vertritt, wies darauf hin, dass die wirtschaftlichen Bedingungen dafür in Deutschland ideal seien, es politisch aber gerade beim privat finanzierten Straßenbau noch zuviel Widerstand gegen PPP gäbe und die angestrebten Modelle noch gravierende Schwächen aufwiesen.

    Effizienzgewinne aus Teamarbeit wurden auf den Wirtschaftstagen schon seit vielen Jahren diskutiert. Es begann mit sog. Bauteams zur Vermeidung von Schnittstellenverlusten zwischen den Gewerken; darauf folgten Ansätze zur fertigungsgerechten Planung durch die frühe Kooperation zwischen Planern und Bauunternehmen. Nun wurden Geschäftsmodelle vorgestellt, die als sog. Partnerschaftsmodelle eine Zusammenarbeit mit dem Kunden bereits in der Preconstruction-Phase vorsehen, also die Leistungsfähigkeit des Bauunternehmens frühzeitig einbringen und Mehrwert für beide Parteien schaffen wollen. Dazu wurden konkrete Kooperations- und Vertragsformen vorgestellt wie die neue "Marke" Porefair von Hochtief Construction AG oder die BuildingAgency AG aus Stuttgart, ein Tochterunternehmen von Drees & Sommer. Diese Modelle sind in der Praxis noch Exoten. Ausschlaggebend für den Erfolg wird sein, inwieweit der Vorteil dem Kunden so kommuniziert werden kann, dass er keine Nachteile aus dem eingeschränkten Wettbewerb befürchtet. Dahinter steht auch die Erkenntnis, dass die in den letzten Jahren beobachteten zunehmenden rechtlichen Auseinandersetzungen nach einem Bauprojekt für keine Partei sinnvoll sind.

    Ansprechpartner

    Prof. Dr. Gisela Götz
    Fachhochschule Biberach
    Karlstr. 11
    88400 Biberach
    Tel: 07351/582-401
    Fax: 07351/582-449
    mail: goetz@fh-biberach.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fh-biberach.de/weiterbildung/Bauakademie/Seminare


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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