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02.12.2019 21:00

Ein CERN für den Klimawandel

Dr. Annette Kirk Kommunikation
Max-Planck-Institut für Meteorologie

    EMBARO bis Montag, 02.12.2019, 21 Uhr
    In einem Perspektivenartikel, der gerade in den Proceedings of the (USA) National Academy of Science (PNAS) erschienen ist, beleuchten Prof. Tim Palmer (Oxford Universität, England) und Prof. Bjorn Stevens (Max-Planck-Gesellschaft, München) den aktuellen Stand der Erdsystemmodellierung. Sie argumentieren, dass es ein Fehler ist, das Verständnis der globalen Erwärmung als das Produkt anspruchsvoller Modelle zu formulieren, denn diese Einordnung unterbewertet die Beiträge physikalischer Prinzipien, einfacher Modelle und Beobachtungen für dieses Verständnis.

    Eine solche Einordnung führt auch unweigerlich zu einer Verharmlosung von Defiziten in der Erdsystemmodellierung - und das hat Auswirkungen auf die Entwicklung der Wissenschaft. Der Beitrag der Erdsystemmodellierung zum Verständnis der globalen Erwärmung war wichtig, aber vor allem, um zu zeigen, dass die theoretischen Rahmenbedingungen für die Interpretation von Beobachtungen trotz ihrer vielen Vereinfachungen auf Kurs waren. Nachdem die Ursachen der globalen Erwärmung geklärt sind und die Notwendigkeit klar ist, dass dies eine Reduzierung der CO2-Emissionen bedeutet, steht die Klimawissenschaft vor neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel Marotzke et al. (2017) betonen, der Notwendigkeit, die Bewohnbarkeit des Planeten zu verstehen und die Fähigkeit der menschlichen Bevölkerung, den Extremen von Wetter und Klima standzuhalten, die mit der zukünftigen Erwärmung einhergehen können.

    Um diese Herausforderungen anzugehen und die Entscheidungsträger über die Rate der zukünftigen Erwärmung und die Risiken einer sich erwärmenden Welt zu informieren, ist eine neue Modellierungsstrategie erforderlich. Diese Strategie, so Palmer und Stevens, solle exa-scale computing und eine neue Generation von Modellen nutzen; sie zielt darauf ab, systematische Fehler zu reduzieren, indem sie - mit bekannten Gesetzen der Physik und nicht durch fehleranfällige semi-empirische Ansätze - wichtige physikalische Prozesse repräsentiert. Jahrzehntelange Erfahrung in der numerischen Wettervorhersage hat schließlich gezeigt, dass die Reduzierung von systematischen Fehlern zu verbesserten Vorhersagen führt. Um diese neue Generation von stärker physikbasierten Modellen zu entwickeln, für die bereits plädiert wurde, die aber jetzt möglich wird, drängen Palmer und Stevens auf mutige multi-nationale Initiativen, um Computer- und Klimawissenschaftler zusammenzubringen und Modellierungssysteme zu entwickeln, die neue Technologien und exa-scale computing vollständig ausnutzen.

    Auf die Frage, ob er befürchtet, dass diese Kritik am gegenwärtigen Zustand der Erdsystemmodellierung von denen ausgenutzt werden könnte, die versuchen, das gegenwärtige Verständnis der globalen Erwärmung in Frage zu stellen, antwortet Stevens: "Es ist wichtig, dass Wissenschaftler offen sprechen. Es sollte nicht überraschen, dass wir einige Dinge verstehen können (wie die Erwärmung der Welt durch menschliche Aktivitäten), aber nicht alles (wie z.B. was diese Erwärmung für regionale Wetterveränderungen, Extreme und die Bewohnbarkeit des Planeten bedeutet). Wenn wir nicht über die Grenzen unseres Verständnisses sprechen, laufen wir Gefahr, die Notwendigkeit neuer wissenschaftlicher Ansätze nicht zu kommunizieren, gerade dann, wenn sie am dringendsten gebraucht werden."

    Auf die Frage, ob es gerechtfertigt ist, neues Geld für eine solche internationale Klimamodellierungsinitiative auszugeben, sagte Palmer: "Im Vergleich zu neuen Teilchenbeschleunigern oder Weltraumteleskopen ist der Bedarf, vielleicht rund 100 Millionen Dollar pro Jahr, sehr gering. Darüber hinaus erscheint das Nutzen-Kosten-Verhältnis für die Gesellschaft, ein viel klareres Bild von den Gefahren zu haben, denen wir in den kommenden Jahrzehnten durch unser laufendes Handeln ausgesetzt sind, außerordentlich groß. Um ehrlich zu sein, braucht es nur den Willen, bei einem solchen Projekt länderübergreifend zusammenzuarbeiten. Dann wird es passieren."


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Bjorn Stevens
    Max-Planck-Institut für Meteorologie
    Tel.: 040 41173 422 (Assistentin Angela Gruber)
    E-Mail: bjorn.stevens@mpimet.mpg.de

    Prof. Dr. Timothy Palmer
    University of Oxford
    E-Mail: tim.palmer@physics.ox.ac.uk


    Originalpublikation:

    Palmer, T., und B. Stevens (2019) The scientific challenge of understanding and estimating climate change. PNAS, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1906691116.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Meer / Klima
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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