Eine Studie der Universität Oldenburg zeigt, dass individuelle anatomische Unterschiede eine große dabei Rolle spielen, wie elektrische Hirnstimulation wirkt
Patienten mit Schizophrenie oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) könnten von ihr profitieren: Die elektrische Hirnstimulation gilt als vielversprechende Methode, um neurologische und psychiatrische Erkrankungen zu behandeln – aber auch, um die Wirkungsweise des Gehirns besser zu verstehen. Nun hat ein Oldenburger Forscherteam um die Psychologen Prof. Dr. Christoph Herrmann und Dr. Florian Kasten herausgefunden, wie sich die Wirkung des Verfahrens bei einzelnen Patienten besser vorhersagen lässt. „Das Ergebnis ist ein Meilenstein auf dem Weg zur zukünftigen therapeutischen Anwendung der Methode“, sagt Herrmann, der an der Universität Oldenburg die Abteilung Allgemeine Psychologie leitet. Die Forscher stellen ihre Studie jetzt in der Zeitschrift Nature Communications vor.
Die elektrische Hirnstimulation soll Nervenzellen in bestimmten Arealen des Gehirns entweder zu verstärkter Aktivität anregen oder ihre Aktivität hemmen. Dafür werden Elektroden an der Kopfhaut angebracht, die schwache elektrische Gleichströme oder Wechselströme erzeugen. Mit der sogenannten transkraniellen Wechselstromstimulation können beispielsweise Stärke und Frequenz der elektrischen Hirnaktivität beeinflusst werden. Ziel der Behandlung ist es meist, die Aktivität erkrankter Hirnregionen zu normalisieren. „Bislang waren die Effekte der Hirnstimulation aber meist relativ schwach und sehr variabel“, berichtet Kasten. Kritiker stellten die Wirksamkeit des Verfahrens daher generell in Frage.
Das Team um Herrmann und Kasten hat nun untersucht, welchen Einfluss individuelle anatomische Unterschiede auf die Wirkung der elektrischen Hirnstimulation haben. Dafür fertigten sie von 40 Probanden zunächst strukturelle Bilder des Gehirns mithilfe des Magnetresonanztomographen (MRT) der Universität an. So konnten sie Karten des individuellen Stromflusses durch das Gehirn berechnen. Außerdem stellten sie mit der sogenannten Magnetoenzephalographie (MEG) Karten der Hirnaktivität der Probanden her. Dieses Verfahren misst die schwache magnetische Aktivität des Gehirns durch einige hundert äußere Sensoren.
20 der Probanden erhielten eine zwanzigminütige Hirnstimulation, 20 weitere Probanden nur eine Scheinbehandlung. Das Team fand heraus, dass die Hirnstimulation dann eine starke Wirkung erzielt, wenn sich die berechnete Karte des Stromflusses im Gehirn und die Karte der Hirnaktivität bei einer Versuchsperson stark gleichen. Wenn es weniger Zusammenhänge zwischen beiden gibt, wirkt sich die Hirnstimulation entsprechend schwächer aus. Die Resultate erlauben es den Forschern nun, die Effekte der Hirnstimulation besser als bisher vorauszusagen.
Prof. Dr. Christoph Herrmann, Tel.: 0441/798-4936, E-Mail: christoph.herrmann@uni-oldenburg.de
Florian Kasten, Katharina Duecker, Marike Maack, Arnd Meiser & Christoph Herrmann: „Integrating electric field modeling and neuroimaging to explain inter-individual variability of tACS effects“, Nature Communications 10, 5427 (2019), doi.org/10.1038/s41467-019-13417-6
http://uol.de/neuroimaging
http://uol.de/allgemeine-psychologie
http://www.nature.com/articles/s41467-019-13417-6
Die Wissenschaftler bringen Elektroden am Kopf einer Testperson an. Bild: Universität Oldenburg
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