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13.12.2019 11:59

TU Berlin: Den CERN-Teilchenbeschleuniger geisteswissenschaftlich erforschen

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    DFG-Forschungsgruppe an der Schnittstelle zwischen Philosophie, Physik, Geschichte und Soziologie geht in die zweite Runde

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat eine internationale Forschungsgruppe mit Beteiligung des Fachgebiets Wissenschaftsgeschichte der TU Berlin um weitere drei Jahre verlängert. Ziel ist es, die Forschungen an der „größten Forschungsmaschine der Welt“, dem Large Hadron Collider (LHC) am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN in Genf, aus philosophischer, historischer und soziologischer Sicht zu untersuchen.

    Die Teilchenphysik am LHC erforscht die grundlegenden Bausteine und Kräfte, aus denen die Natur zusammengesetzt ist. In den letzten Jahrzehnten ist dabei ein Bild dieser Welt entstanden, das fast alle Messungen genau beschreiben kann. Diese Erfolge stehen aber im Gegensatz zu vielen offenen Fragen. So rätselt die Physik weiterhin darüber, wie eine umfassendere und fundamentalere Theorie der Natur aussehen könnte. Die DFG-Forschungsgruppe „The Epistemology of the Large Hadron Collider“ untersucht, auf welchen Grundlagen diese neue Theorie entwickelt wird und welche neuartigen Prinzipien der Wissenschaftsentwicklung dabei verwendet werden. Die Forschungsgruppe mit Wissenschaftler*innen aus den Bereichen Philosophie, Physik, Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftssoziologie von sieben Universitäten arbeitet bereits seit drei Jahren eng zusammen. Für die Verlängerung dieser Zusammenarbeit für weitere drei Jahre haben die DFG und der Österreichische Wissenschaftsfond (FWF) jetzt insgesamt rund 2,4 Millionen Euro bewilligt.

    „Es ist nicht leicht, eine so wunderbar funktionierende aktive Kooperation über Wissenschaftskulturen hinweg zu finden. Im ganzen Verbund und in jedem einzelnen Teilprojekt arbeiten Physik und Philosophie, Geschichte oder Soziologie zusammen, und wir haben gemeinsame Interessen und eine gemeinsame Sprache gefunden“, erklärt Prof. Dr. Friedrich Steinle vom Fachgebiet Wissenschaftsgeschichte der TU Berlin. „Der fachübergreifende Austausch an der TU Berlin hat uns hier geholfen und profitiert seinerseits davon.“ Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Adrian Wüthrich erforscht Prof. Dr. Friedrich Steinle im Rahmen des Projekts die Genese des heute in der Physik selbstverständlich verwendeten, aber zugleich merkwürdigen Begriffes des virtuellen Teilchens. In der ersten Laufzeit der Forschungsgruppe ging es darum, wie in der frühen Zeit der Quantenmechanik „virtuelle Übergänge“ oder „virtuelle Zustände“ Einzug in die theoretische Physik gehalten haben. In der zweiten Förderphase wird der Fokus auf der Etablierung und den weiteren Veränderungen dieses Begriffes von seiner Einführung durch Richard Feynman und andere bis zur Genese des bis heute gültigen sog. Standardmodells der Teilchenphysik liegen.

    Die Forschungsgruppe ist Ergebnis einer über zehnjährigen Zusammenarbeit zwischen Geisteswissenschaften und Physik zu Themen des Large Hadron Collider. Die riesigen Messeinrichtungen am LHC, an denen 10.000 Physiker*innen arbeiten und Trillionen von Daten gesammelt werden, stellen neuartige Fragen, die untersucht werden: Wie kann neue Erkenntnis in einem so komplexen Umfeld erzeugt werden? „Die komplexen Forschungsbedingungen der Teilchenphysik sind eine Herausforderung für das Streben nach immer einfacheren und umfassenderen Beschreibungen der Natur. Die Zusammenarbeit der Physik mit der Philosophie ermöglicht neue und bisher unzugängliche Einblicke in dieses Forschungsgebiet“, so Prof. Gregor Schiemann von der Bergischen Universität Wuppertal zur Idee der Forschungsgruppe, die aus Expert*innen aus Deutschland, Österreich und den USA besteht.
    In der Forschungsgruppe werden sechs Themenbereiche untersucht:
    History of the concept of virtual particles von Dr. Adrian Wüthrich (TU Berlin), Prof. Dr. Friedrich Steinle (TU Berlin) und Prof. Dr. Robert Harlander (RWTH Aachen)
    Problems of hierarchy, fine-tuning and naturalness von Prof. Dr. Radin Dardashti (BU Wuppertal), Prof. Dr. Gregor Schiemann (BU Wuppertal) und Prof. Dr. Robert Harlander (RWTH Aachen)
    Contextual relation between the LHC and gravitational theory von Prof. Dr. Dennis Lehmkuhl (Universität Bonn), Prof. Dr. Michael Krämer (RWTH Aachen) und Prof. Dr. Erhard Scholz (BU Wuppertal)
    Impact of computer simulation on the epistemic status of LHC data von Prof. Dr. Dr. Rafaela Hillerbrand (KIT Karlsruhe), Prof. Dr. Gregor Schiemann (BU Wuppertal), Prof. Dr. Christian Zeitnitz (BU Wuppertal)
    Model building and dynamics von Prof. Dr. Michael Stöltzner (Universität South Carolina) und Prof. Dr. Peter Mättig (Universität Bonn)
    Conditions of producing novelty and securing credibility from the sociology of science perspective von Prof. Dr. Martina Merz (AAU Klagenfurt) und Prof. Dr. Peter Mättig (Universität Bonn)

    Weitere Details finden Sie unter: https://www.lhc-epistemologie.uni-wuppertal.de/home.html

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Prof. Dr. Friedrich Steinle
    TU Berlin
    Institut für Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte
    Tel.: 030 314 24016 / -73815
    E-Mail: friedrich.steinle@tu-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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