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19.12.2019 12:00

Fütterung der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher

Dr. Markus Nielbock Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien finden sich zunehmend in Entfernungen, die einem Alter des Universums von nur wenigen hundert Millionen Jahren entsprechen. Eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Emanuele Paolo Farina vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg hat nun wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen, wie diese Objekte so schnell anwachsen konnten. In der Umgebung von 12 von 31 untersuchten aktiven Schwarzen Löchern und ihren Wirtsgalaxien haben sie ausgedehnte Wasserstoffwolken nachgewiesen, die ausreichend Nahrung liefern. Diese Studie ist heute in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal erschienen.

    Quasare gehören zu den hellsten langlebigen Objekten des Universums. Deswegen können sie selbst auf größten Entfernungen im Weltall nachgewiesen werden. Mit zunehmender Entfernung der beobachteten Objekte schauen die Astronomen gleichzeitig immer weiter in die Vergangenheit des Kosmos zurück.

    Es handelt sich bei Quasaren um supermassereiche Schwarze Löcher mit Massen von mehr als einer Milliarde Sonnen in den Zentren von Galaxien, in die Gas und anderes Material hineinströmt. Dieses Gas heizt sich dabei so stark auf, dass es extrem hell strahlt.

    Wie wuchsen die ersten supermassereichen Schwarzen Löcher?

    Die ersten Quasare existierten bereits wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Wie diese Schwarzen Löcher jedoch in der kurzen Zeit seit den ersten Sternen zu solch großen Massen anwachsen konnten, ist eines der größten Rätsel der Astronomie. Zudem bilden die Wirtsgalaxien dieser Quasare neue Sterne mit einer 100-mal höheren Rate als die Milchstraße und andere nahe Galaxien. Simulationen wie Illustris TNG lassen Astronomen vermuten, dass dafür ständig enorme Mengen an Gas aus dem intergalaktischen Medium nachgeliefert werden, so dass die Wirtsgalaxien der jungen Quasare in Wolken aus Wasserstoffgas eingehüllt sein sollten. Bisher wurden nur eine Handvoll Quasare auf diese Weise untersucht. In einem Anfang des Jahres veröffentlichten Artikel kartierte eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Alyssa Drake vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) nennenswerte Gasmengen um vier ferne Quasare.

    Aufbauend auf den Vorarbeiten von Fabian Walter und Bram Venemans (beide MPIA) hat Emanuele Paolo Farina, der sowohl am MPIA als auch am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) forscht, das Projekt REQUIEM (Reionization Epoch QUasar InvEstigation with MUSE) initiiert. Diese systematische Studie sucht nach Anzeichen von Gaswolken in der Nähe der ersten Quasare, die bereits existierten, als das Universum lediglich eine Milliarde Jahre war. Eine Auswertung der ersten 31 untersuchten Objekte führte in 12 Fällen zum Nachweis von ausgedehnten und überraschend dichten Wasserstoffwolken. Sie alle umhüllen die Wirtsgalaxien und sind gravitativ an sie gebunden. Die Menge an Gas reicht aus, um die Aktivität der Quasare sowie die vermehrte Sternentstehung zu füttern.

    Riesige Gaswolken verraten sich durch ein Leuchten im UV-Licht.

    Die Astronomen entdeckten die Wasserstoffwolken durch ein charakteristisches Leuchten im UV-Licht. „Als wahrscheinlichste Erklärung für das leuchtende Gas dient der Mechanismus der Fluoreszenz“, erläutert Farina. „Der Wasserstoff wandelt dabei die energiereiche Strahlung des Quasars in Licht mit einer bestimmten Wellenlänge um, die sich durch ein Glimmen bemerkbar macht.“ Aufgrund der großen Entfernung und der damit verbundenen kosmischen Rotverschiebung erscheint das Leuchten in den irdischen Teleskopen als rotes Licht.

    Detektiert wurden diese Wolken durch den Spektrografen MUSE (Multi Unit Spectroscopic Explorer) am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Neben der räumlichen Verteilung des Signals des Wasserstoffs misst MUSE zudem die Geschwindigkeit des Gases entlang der Sichtlinie. Aus der Analyse schließen die Wissenschaftler, dass das Gas radial zu den Zentren der Galaxien zu strömen scheint und so die Schwarzen Löcher füttert.

    Wir stehen erst am Anfang.

    Erst durch den Einsatz neuer, leistungsstarker Instrumente können wir die Bedingungen zu Beginn der Entwicklung der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher und Galaxien studieren. „Die Entdeckung dieser ausgedehnten Wasserstoffgaswolken ist ein wichtiger Schritt hin zum Verständnis, wie diese Schwarzen Löcher innerhalb von wenigen hundert Millionen Jahren seit den ersten Sternen wachsen konnten“, stellt Farina fest.

    „Wir beginnen mit den aktuellen Studien gerade erst zu erforschen, wie sich die ersten supermassereichen Schwarzen Löcher so schnell entwickeln konnten“, gibt Alyssa Drake zu bedenken. „Doch die neuen Instrumente wie MUSE sowie das zukünftige James Webb Space Telescope helfen uns dabei, diese spannenden Rätsel zu lösen.“


    Kollaboration

    Diese Forschungsarbeit wird ermöglicht durch eine Kollaboration von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, dem Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching, dem Department of Physics der University of California in Santa Barbara, USA, dem INAF Osservatorio di Astrofisica e Scienza dello Spazio in Bologna, Italien, der Europäischen Südsternwarte in Santiago, Chile, dem Steward Observatory der University of Arizona in Tucson, USA, dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, sowie dem INAF Osservatorio Astronomico di Arcetri in Florenz, Italien.

    Medienkontakt

    Dr. Markus Nielbock
    Max-Planck-Institut für Astronomie
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Königstuhl 17
    69117 Heidelberg
    Telefon:+49 6221 528-134
    E-Mail: pr@mpia.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Emanuele Paolo Farina
    Max-Planck-Institut für Astronomie
    E-Mail: farina@mpia.de

    Alyssa Drake
    Max-Planck-Institut für Astronomie
    Telefon: +49 6221 528-353
    E-Mail: drake@mpia.de


    Originalpublikation:

    Emanuele Paolo Farina et al.
    "The REQUIEM Survey I: A Search for Extended Ly–Alpha Nebular Emission Around 31 z > 5.7 Quasars"
    The Astrophysical Journal (Dezember 2019)
    https://arxiv.org/abs/1911.08498
    DOI: 10.3847/1538-4357/ab5847

    Alyssa B. Drake et al.
    "Lyα Halos around z ~ 6 Quasars"
    The Astrophysical Journal, 881, 131 (2019)
    https://arxiv.org/pdf/1906.07197.pdf
    DOI: 10.3847/1538-4357/ab2984


    Weitere Informationen:

    https://www.mpia.de/aktuelles/wissenschaft/2019-12-erstequasare - Originalpressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie mit weiteren Bildern und Videos


    Bilder

    Künstlerische Darstellung der Beobachtung von weit entfernten Quasaren im jungen Universum.
    Künstlerische Darstellung der Beobachtung von weit entfernten Quasaren im jungen Universum.
    Bild: MPIA Grafikabteilung
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    Rekonstruierte Bilder, die die Vielfalt der Verteilung von Wasserstoffgas (schwarze Konturen und rote Farben) in der Nähe von vier hochrotverschobenen Quasaren und ihren Wirtsgalaxien zeigen
    Rekonstruierte Bilder, die die Vielfalt der Verteilung von Wasserstoffgas (schwarze Konturen und rot ...
    Bild: E. Farina
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Künstlerische Darstellung der Beobachtung von weit entfernten Quasaren im jungen Universum.


    Zum Download

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    Rekonstruierte Bilder, die die Vielfalt der Verteilung von Wasserstoffgas (schwarze Konturen und rote Farben) in der Nähe von vier hochrotverschobenen Quasaren und ihren Wirtsgalaxien zeigen


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