Dresdner Wissenschaftlern ist es gelungen, mit einer „Volkszählung“ im Gehirn die Anzahl und den Typ neu gebildeter Nervenzellen beim Zebrafisch zu ermitteln. Deren Bildung in hoher Anzahl und Integration ins Nervensystem nach einer Verletzung sind der Grund für die Regenerationsfähigkeit des Zebrafischgehirns. Die Studie entstand als Dresdner Gemeinschaftsprojekt: Wissenschaftler des Zentrums für Regenerative Therapien TU Dresden (CRTD) kombinierten ihre Expertise in der Stammzellbiologie mit neuesten Methoden des DRESDEN-concept Genome Centers und komplexen bio-informatischen Analysen des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme und des Zentrums für Systembiologie Dresden.
Der Zebrafisch ist ein Meister der Regeneration: Gehen ihm Gehirnzellen durch Verletzung oder Krankheit verloren, kann er sie einfach nachbilden – ganz im Gegensatz zum Menschen, wo sie nur im Fötal-Stadium gebildet werden. Der Zebrafisch ist jedoch evolutionär mit dem Menschen verwandt und besitzt daher die gleichen Zelltypen, die auch im menschlichen Gehirn vorhanden sind. Kann also ein verborgenes Regenerationspotenzial auch im Menschen aktiviert werden? Sind Therapien für Schlaganfall, Schädel-Hirntrauma und bisher unheilbare Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson möglich?
Dresdner Wissenschaftlern ist es gelungen, mit einer „Volkszählung“ im Gehirn die Anzahl und den Typ neu gebildeter Nervenzellen beim Zebrafisch zu ermitteln. Deren Bildung in hoher Anzahl und Integration ins Nervensystem nach einer Verletzung sind der Grund für die erstaunliche Regenerationsfähigkeit des Zebrafischgehirns. Die Studie entstand als Dresdner Gemeinschaftsprojekt: Wissenschaftler des Zentrums für Regenerative Therapien TU Dresden (CRTD) kombinierten ihre Expertise in der Stammzellbiologie mit neuesten Methoden des DRESDEN-concept Genome Centers und komplexen bio-informatischen Analysen des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme und des Zentrums für Systembiologie Dresden. Sie publizierten ihre Ergebnisse nun im Wissenschaftsjournal DEVELOPMENT, das über Themen der Entwicklungs-, Stammzell- und Regenerationsbiologie berichtet.
Für ihre Studie nutzte das Team um Dr. Christian Lange und Prof. Dr. Michael Brand vom CRTD erwachsene transgene Tiere, in deren Vorderhirn sie die neu entstandenen Neuronen identifizieren konnten. Das Vorderhirn des Zebrafisches ist das Äquivalent zur menschlichen Großhirnrinde, dem größten und funktionell wichtigsten Teil des Gehirns. Anschließend untersuchte das Dresdner Forscherteam die neu gebildeten und reifen Neuronen sowie Gehirn-Stammzellen mittels Einzelzell-Sequenzierung. So fanden sie spezifische Marker für neu gebildete Neuronen und konnten umfassend analysieren, welche Typen von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn des Zebrafisches neu gebildet werden.
Die Wissenschaftler entdeckten dabei zwei Neuronen-Typen, die sich neu bilden können: Projektionsneurone, die Verbindungen zwischen Hirnarealen schaffen, sowie Interneurone, die der Feinsteuerung der Aktivität der Projektionsneuronen dienen. Die Forscher untersuchten auch die Daten, die bei Gehirnzell-Sequenzierungen von Mäusen gewonnen wurden und stellten fest, dass Zebrafisch und Maus die gleichen Zelltypen besitzen. Damit bekommen diese Ergebnisse eine hohe Relevanz auch für den Menschen.
„Auf Basis dieser Studie werden wir die Regenerationsprozesse, die im Zebrafisch ablaufen, zielgerichtet weiter untersuchen. Vor allem werden wir die Bildung neuer Nervenzellen nach traumatischer Hirnschädigung und ihre Integration untersuchen“, sagt Prof. Dr. Michael Brand, Direktor des CRTD und Senior-Autor der Studie. „Wir erhoffen uns daraus wichtige Erkenntnisse für mögliche Therapien, die dem Menschen nach Verletzungen, Schlaganfall und bei neurodegenerativen Erkrankungen helfen. Wir wissen bereits, dass eine gewisse Regenerationsfähigkeit auch beim Menschen vorhanden ist und arbeiten daran, dieses Potenzial wachzurufen. Wichtig sind die Ergebnisse unserer Studie auch für das Verständnis, unter welchen Voraussetzungen sich transplantierte Gehirnzellen mit den vorhandenen vernetzen und damit dem Menschen die geistige Leistungsfähigkeit zurückgeben können.“
Am CRTD der TU Dresden widmen sich Spitzenforscher aus mehr als 30 Ländern neuen Therapieansätzen. Sie entschlüsseln die Prinzipien der Zell- und Geweberegeneration und ergründen deren Nutzung zur Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten. Das CRTD verknüpft Labor und Klinik, vernetzt Wissenschaftler mit Ärzten, nutzt Fachwissen in Stammzellforschung, Entwicklungsbiologie, Genom-Editing und Geweberegeneration, um letztlich die Heilung von Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, hämatologischen Krankheiten wie Leukämie, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes sowie Augen- und Knochenerkrankungen zu erreichen. Das Team von Prof. Dr. Michael Brand erforscht die Regenerationsmechanismen im Gehirn und Auge von Wirbeltieren.
Diese Studie wurde durch die TU Dresden / CRTD mit Mitteln der Exzellenzinitiative und der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie durch einen ERC Advanced Grant vom Europäischen Forschungsrat für Prof. Dr. Michael Brand finanziert. Sie wurde weiterhin unterstützt durch das Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme, das Zentrum für Systembiologie Dresden und das Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB) an der TU Dresden.
Prof. Dr. Michael Brand
Tel: +49 (0) 351 458 82301
Email: michael.brand@tu-dresden.de
Webpage: www.tu-dresden.de/crtd
Development: „Single cell sequencing of radial glia progeny reveals diversity of newborn neurons in the adult zebrafish brain”, Autoren: Christian Lange, Fabian Rost, Anja Machate, Susanne Reinhardt, Matthias Lesche, Anke Weber, Veronika Kuscha, Andreas Dahl, Steffen Rulands and Michael Brand, https://dev.biologists.org/content/early/2019/11/19/dev.185595
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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