Im Dezember 2019 wiederholte das „BioRescue Wissenschafts- und Naturschutzteam" die Eizellenentnahme bei den Nördlichen Breitmaulnashörnern in Kenia und konnte über Weihnachten einen neuen Embryo erzeugen.
Im August 2019 hat das BMBF-geförderte „BioRescue Wissenschafts- und Naturschutzteam“ einen Meilenstein im Kampf gegen das Aussterben des Nördlichen Breitmaulnashorns erreicht. Es entnahm den beiden verbliebenen Weibchen Eizellen, befruchtete diese künstlich mit gefrorenem Sperma von verstorbenen Männchen und erzeugte zwei Nördliche Breitmaulnashorn-Embryos. Mit großer Unterstützung der kenianischen Regierung und im Beisein von Hon Najib Balala (Cabinet Secretary, Ministry of Tourism and Wildlife, Kenya) wiederholte das Team die Prozedur am 17. Dezember 2019 und konnte über Weihnachten einen neuen Embryo erzeugen. Dies erhöht die Chancen auf Nachwuchs für die Dickhäuter erheblich. Die Prozedur hat sich als sicher erwiesen und kann solange regelmäßig durchgeführt werden, bis die Tiere zu alt sind. Die Vorbereitungen für die nächsten Schritte der Rettungsmission für das Nördliche Breitmaulnashorn sind im Gange.
Am 17. Dezember 2019 - vier Monate nach der bahnbrechenden ersten Eizellenentnahme - wiederholte das BioRescue-Team die Prozedur mit den Nördlichen Breitmaulnashörnern Najin und Fatu in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia. Unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung wurden die Tiere narkotisiert und neun unreife Eizellen (Oozyten) – drei von Najin und sechs von Fatu – wurden mit einem selbst entwickelten medizinischen Spezialgerät entnommen. Das Anästhesieren der Tiere und die von Ultraschallbildern geleitete Eizellenentnahme verliefen ohne Komplikationen. Die Eizellen wurden umgehend in das Labor von Avantea in Italien transportiert. Nach der Inkubation und Reifung der neun Eizellen wurden vier von Fatu und eine von Najin mit einem Spermium befruchtet. Das dabei angewandte Verfahren heißt ICSI (Intra Cytoplasm Sperm Injection). Eine der fünf mit einem Spermium des Nashornbullen Suni befruchteten Eizellen von Fatu entwickelte sich zu einem lebensfähigen Embryo mit Hilfe eines Geri®-Gerätes. Dieser innovative Tisch-Inkubator mit integrierter kontinuierlicher Embryonenüberwachung bietet eine individuelle und ungestörte Inkubationsumgebung und wurde dem BioRescue-Konsortium von Merck gespendet. Der dritte erzeugte Embryo lagert jetzt auch sicher im flüssigen Stickstoff.
Hon Najib Balala (Cabinet Secretary, Ministry of Tourism and Wildlife, Kenia) sagt: „Die kenianische Regierung ist glücklich darüber, dass das in-vitro-Fertilisationsprojekt des internationalen Konsortiums von Wissenschaftlern und Naturschützern aus Deutschland, der Tschechischen Republik, Italien und Kenia so erfolgreich ist und drei reine Nördliche Breitmaulnashorn-Embryos erzeugen konnte. Diese können in der kommenden Zeit in Leihmütter – südliche Breitmaulnashorn-Weibchen – eingesetzt werden. Das ist ein großer Gewinn für Kenia und seine Partner, da Nördliche Breitmaulnashörner unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Nur noch zwei Weibchen, Najin und Fatu, existieren weltweit und leben derzeit in Kenia. Die Rettungsmission ist ein komplizierter Vorgang und wir danken den Partnern für ihr Engagement: dem Kenya Wildlife Service, der Ol Pejeta Conservancy, dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, dem Labor Avantea und dem Zoo Dvůr Králové. Sie setzen sich unermüdlich dafür ein, dass diese akut vom Aussterben bedrohten Tiere nicht unter unseren Augen vom Planeten verschwinden. Ich sporne die Wissenschaftler an, weiter an Technologien und Innovationen zu forschen, die nicht nur die Nördlichen Breitmaulnashörner retten, sondern auch anderen Tierarten mit - ähnlich düsteren Aussichten - helfen können. Der Umstand, dass Kenia zu einem Fixpunkt dieses wissenschaftlichen Durchbruchs wurde, macht mich stolz. Es ist atemberaubend zu sehen, dass die Wissenschaft uns in die Lage versetzt, den tragischen Verlust dieser Nashorn-Unterart doch noch abzuwenden.“
Die Vorbereitungen für die nächsten Schritte der Mission zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns laufen auf Hochtouren und parallel zur Erzeugung von weiteren Embryos. Aus einer Gruppe Südlicher Breitmaulnashörner in der Ol Pejeta Conservancy wird derzeit ein passendes Weibchen als Leihmutter ausgewählt. Um die bestmöglichen Ergebnisse für die Arbeit mit den Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryos zu erzielen, stützt sich das BioRescue-Team auf seine bisherigen Erfahrungen im Embryotransfer bei Südlichen Breitmaulnashörnern in Europäischen Zoos. Diese werden vom BioRescue-Team durchgeführt, um Reproduktionsproblemen von Südlichen Breitmaulnashörnern in europäischen Zoos zu beheben. Obwohl noch Forschungsbedarf besteht, rechnet das Team damit, dass ein erster Transfer eines Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryos Ende 2020 erfolgen kann.
Zusätzlich zur Eizellenentnahme transportierte das BioRescue-Team im Dezember 2019 auch kryokonserviertes Sperma von Sudan, dem letzten nördlichen Breitmaulnashorn-Männchen, das im März 2018 verstarb, von Kenia nach Deutschland. Ziel ist es, das Sperma in Zukunft für die Produktion weiterer Embryos zu verwenden. Da die Proben jedoch erst 2014 gewonnen wurden, als Sudan bereits über 40 Jahre alt war, muss zunächst geprüft werden, ob er für diesen Einsatzzweck noch geeignet ist.
Die Eizellenentnahme, die Erzeugung der Embryos und die Vorbereitung des Embryotransfers ist eine Gemeinschaftsleistung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), Avantea, Zoo Dvůr Králové, Ol Pejeta Conservancy und des Kenya Wildlife Service (KWS). Die Eingriffe und Prozeduren sind Teil des Forschungsprojekts „BioRescue“, dessen Ziel es ist, Methoden der assistierten Reproduktion (ART) und der Stammzell-assoziierten Techniken (SCAT) für den Artenschutz deutlich voranzubringen. Ergänzt wird das BioRescue-Programm durch eine umfassende ethische Risikoanalyse, die von der Universität Padua durchgeführt wird. Das BioRescue-Konsortium wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und besteht aus international renommierten Institutionen aus Deutschland, Italien, Tschechien, Kenia, Japan und den USA.
Zitate
Thomas Hildebrandt, Leiter der Abteilung für Reproduktionsmanagement, Leibniz-IZW
„Unser erneuter Erfolg bei der Erzeugung von Embryos aus Eizellen von Fatu zeigt, dass das BioRescue-Programm auf dem richtigen Weg ist. Nun wird das Team alles daran setzen, das gleiche Ergebnis auch für die 30-jährige Najin zu erreichen, bevor es für sie zu spät ist. Im Jahr 2020 wollen wir einen Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo in eine erste Leihmutter übertragen, um so das Überleben des Nördlichen Breitmaulnashorns zu sichern.”
Jan Stejskal, Direktor für internationale Projekte, Dvůr Králové Zoo
„Wir wissen nicht, wie viele Embryos wir für eine erfolgreiche Geburt eines Nördlichen Breitmaulnashornkalbes benötigen. Deshalb ist jeder Embryo so wichtig. Die langfristige Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, Experten in Zoos und Naturschützern vor Ort ist entscheidend, wenn wir einer Art Hoffnung geben wollen, die sonst in wenigen Jahren aussterben würde.”
Cesare Galli, Leiter, Avantea
„Dass wir wieder einen weiteren Embryo von Fatu und keinen aus Najin erzeugt haben, könnte ein Beleg dafür sein, dass sich ein hohes Alter der Tiere negativ auswirkt. Wir dürfen daher keine Zeit verschwenden.“
Richard Vigne, Managing Director, Ol Pejeta Conservancy
„Uns ist ein weiterer kleiner Schritt auf dem Weg zur Rettung der Nördlichen Breitmaulnashörner gelungen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und der Erfolg ist noch nicht garantiert. Kenia wird weiterhin seinen Beitrag als Dreh- und Angelpunkt der internationalen Kooperation zur Rettung dieser Art leisten. Hoffen wir auf eine erfolgreiche Trächtigkeit mit einem Nördlichen Breitmaulnashorn in einer nicht zu fernen Zukunft!"
Brigardier (Rtd) John Waweru, Director General, Kenya Wildlife Service
„Wir sind begeistert von beiden erfolgreichen Eizellenentnahmen und der nachfolgenden Erzeugung der Embryos. Beides zusammen sind wichtige Meilensteine in dem ambitionierten Wettlauf gegen das Aussterben der majestätischen Nördlichen Breitmaulnashörner. Wir sind nach jedem Schritt erfreut vom stetigen Fortschritt dieser Mission. Kenia steht seit nunmehr zehn Jahren Seite an Seite mit den internationalen Partnern – ein eindrucksvoller Beleg dafür, was Menschen mit guter Zusammenarbeit erreichen können. Mit dem Rückenwind der jüngsten Erfolge werden wir die Oberhand behalten und das Verschwinden der Nördlichen Breitmaulhörner von unserem Planeten verhindern. Der Kenya Wildlife Service betont, diese historische Initiative nach Kräften zu unterstützen und weiter die Grenzen der Wissenschaft zu verschieben.“
Barbara de Mori, Direktorin des Ethiklabors für Veterinärmedizin, Artenschutz und Tierschutz – Universität Padua
„Wie die vorherigen, wurde auch der neue Embryo im Rahmen einer strengen ethischen Risikoanalyse der durchgeführten Prozeduren und Verfahren erzeugt. Das Wohlergehen von Najin und Fatu wurde dabei in allen Aspekten berücksichtigt. Alle beteiligten Personen haben an der ethischen Bewertung teilgenommen und damit unterstrichen, wie wichtig die Fortsetzung dieses Projekt ist. Wir müssen den beiden Nördlichen Breitmaulnashornweibchen eine Chance geben, ihren Nachwuchs aufzuziehen, um so diese Art doch noch zu retten.”
Jan Kirsten, Leiter des Global Business Franchise for Fertility, Merck
„Es ist ein Privileg, die Mission zur Rettung des am stärksten gefährdeten Säugetiers der Welt mit unserem Fachwissen und unseren weltweit führenden Technologien zu unterstützen. Wir freuen uns, dass sich mit Hilfe unseres Geri-Inkubators ein lebensfähiger Nördlicher Breitmaulnashorn-Embryo entwickelt hat.”
Steven Seet, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Leibniz-IZW
„Der zusätzliche Embryo ist ein bemerkenswerter Erfolg für unsere Forschung für den Artenschutz. Doch auch das weltweite öffentliche Interesse für den Erhalt der Biodiversität ist sehr wichtig. Es ist überwältigend, wie viele Medien und Menschen uns den vergangenen Monaten gezeigt haben, dass ihnen die Natur am Herzen liegt. Wir hoffen, dass sich Unterstützer direkt mit uns in Verbindung setzen, um uns bei dem Wettlauf gegen die Zeit zu helfen. Wir wollen die Nördlichen Breitmaulnashörner vor dem Aussterben retten.”
Informationen über die Partner
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) – www.izw-berlin.de
Das Leibniz-IZW ist eine international renommierte deutsche Forschungseinrichtung des Forschungsverbundes Berlin e.V. und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Unsere Aufgabe ist es, die evolutionären Anpassungen von Wildtieren an den globalen Wandel zu untersuchen und neue Konzepte und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität zu entwickeln. Dazu nutzen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre breite interdisziplinäre Expertise aus Biologie und Veterinärmedizin, um Grundlagen- und angewandte Forschung – von der molekularen bis zur Landschaftsebene – im engen Dialog mit der Öffentlichkeit und den Interessengruppen zu betreiben. Darüber hinaus engagieren wir uns für einzigartige und qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Wissenschaft.
Dvůr Králové Zoo – www.safaripark.cz/en/
Der Zoo Dvůr Králové ist ein Safaripark in der Tschechischen Republik. Er gehört zu den führenden Einrichtungen für Nashornreproduktion außerhalb Afrikas und ist der einzige Ort, an dem das Nördliche Breitmaulnashorn in menschlicher Obhut gezüchtet wurde – die beiden verbliebenen Weibchen, Najin und Fatu, wurden hier geboren. Der Zoo Dvůr Králové koordiniert die Bemühungen um die Rettung der Nördlichen Breitmaulnashörner.
Universität Padua - www.bca.unipd.it
Die Universität von Padua in Italien ist eine der ältesten der Welt und feiert ihr 800-jähriges Bestehen. Ihre Abteilung für vergleichende Biomedizin und Lebensmittelwissenschaften entwickelt führende Forschung und Ausbildung im Bereich der Erhaltung und des Wohlergehens von Wildtieren mit besonderem Schwerpunkt auf der ethischen Bewertung und Evaluierung von Forschungsprojekten und Ausbildungsprogrammen.
Kenya Wildlife Service - www.kws.go.ke
Der Kenya Wildlife Service (KWS) ist die oberste Regierungsbehörde Kenias für den Management und den Schutz der Wildtiere. Der KWS ist zudem für die Durchsetzung diesbezüglicher Gesetze und Verordnungen zuständig.
Ol Pejeta Conservancy - www.olpejetaconservancy.org
Die Ol Pejeta Conservancy ist das größte Schutzgebiet für Spitzmaulnashörner in Ostafrika und der einzige Ort in Kenia, an dem Besucher Schimpansen erleben können. Die Ol Pejeta Conservancy verfügt über eine maßstabssetzende Sicherheitseinheit für die Wildtiere des Schutzgebiets, die unter anderem eine Hundestaffel und eine spezielle Nashorn-Schutzeinheit umfasst und Bewegungssensoren an solarbetriebenen Elektrozäunen einsetzt.
Kontakte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Steven Seet
Leiter Public Relations
Tel. 0177 8572673
E-Mail seet@izw-berlin.de
Dvůr Králové Zoo
Jan Stejskal
Direktor für Kommunikation und internationale Projekte
Tel. +420608009072
E-Mail jan.stejskal@zoodk.cz
Ol Pejeta Conservancy
Elodie Sampere
PR & Communications
Tel. +254 / 727 341 612
E-Mail elodie.sampere@olpejetaconservancy.org
Kenya Wildlife Service (KWS)
Dr David Ndeereh
Head, Veterinary Services
Tel. +254/722 556 380
E-Mail dndeereh@kws.go.ke
Paul Udoto
Corporate Communications Manager
Tel. +254/721 453 981
E-Mail pudoto@kws.go.ke
Merck KGaA
Shenja Schäfer
Head of Communications, Core Franchises
Tel. 0151 14547518
E-Mail shenja.schaefer@merckgroup.com
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Prof. Dr. Thomas Hildebrandt
BioRescue Projektleiter und Leiter der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel. 030 5168440
E-Mail hildebrandt@izw-berlin.de
Avantea
Cesare Galli
Director
Tel. +390 / 372437242
E-Mail cesaregalli@avantea.it
Padua University
Barbara de Mori
Director of the Ethics Laboratory for Veterinary Medicine, Conservation and Animal +39-3403747666
E-Mail barbara.demori@unipd.it
http://www.biorescue.org/mediapackage_jan2020.zip - Media Package
Nördliches Breitmaulnashorn
Ami Vitale
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Medizin, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).