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30.01.2020 11:53

Studie gibt Entwarnung vor gefürchteten nächtlichen Unterzuckerungen bei stillenden Müttern

Christina Seddig Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Viele Mütter mit Diabetes mellitus Typ 1 möchten ihr Kind gemäß den WHO-Empfehlungen stillen, um ihm den besten Start ins Leben zu ermöglichen. Doch häufig treibt sie die Angst um, dass sie durch nächtliches Stillen unterzuckern. Eine Studie zeigt hingegen, dass diese Sorge bei achtsamer Therapie unbegründet ist. Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes ziehen daraus sogar gesundheitliche Vorteile, betont die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Die Fachgesellschaft spricht sich für eine Stärkung von multiprofessionellen Diabetesambulanzen aus, die Frauen mit Diabetes schon zu Beginn ihrer Schwangerschaft betreuen, offene Fragen der werdenden Mütter klären und zum Stillen motivieren.

    Gestillte Kinder erkranken seltener an Diabetes Typ 1 und 2 und leiden im Laufe ihres Lebens weniger an Übergewicht als Kinder, die mit der Flasche ernährt werden. „Auch viele junge Mütter mit Diabetes möchten, dass ihr Kind von diesen gesundheitlichen Vorteilen profitiert“, erklärt Professor Dr. med. Ute Schäfer-Graf, Sprecherin der DDG Arbeitsgruppe „Diabetes und Schwangerschaft“. „Doch dabei schwebt immer die Angst vor Unterzuckerungen beim nächtlichen Stillen mit.“ Bisher wurde diesen Müttern stets geraten, zusätzliche Kohlehydrate in der Nacht einzunehmen, um nicht zu unterzuckern. Eine Studie aus Dänemark zeigt nun, dass dies nicht notwendig ist.1

    In der Untersuchung verglichen die Autoren den Blutzuckerstatus von 43 stillenden Müttern mit 32 nicht-stillenden Frauen mit Diabetes Typ 1. Dabei erhielten die Stillenden keine Extra-Kohlenhydrate, wie es sonst angeraten wird. Das Ergebnis: Während der sechsmonatigen Beobachtung konnten keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich des Unterzuckerungsrisikos festgestellt werden.

    „Sicherlich sind die Studienergebnisse aufgrund der geringen Probandenzahl nicht eindeutig“, erläutert Schäfer-Graf, die auch Leiterin des Diabeteszentrums für Schwangere am St. Joseph-Krankenhaus in Berlin ist. „Dennoch reichen sie aus, um zu verdeutlichen, dass Mütter mit einem Diabetes Typ 1 keinesfalls vor dem Stillen zurückschrecken müssen.“ Voraussetzung sei allerdings, dass stillende Mütter sich sehr genau an den aktuellen Insulinbedarf halten, regelmäßig den Blutzucker messen und die Menge der Kohlehydrataufnahme beachten.

    Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes – dem sogenannten Gestationsdiabetes (GDM) – profitieren sogar vom Stillen: „Diese Patientinnen haben ein mindestens 7-fach erhöhtes Risiko, nach der Entbindung an einem dauerhaften Diabetes Typ 2 zu erkranken“, verdeutlicht Schäfer-Graf. Neuere Studien zeigten jedoch, dass sie durch das Stillen dieses Risiko senken können.2 Dabei scheint die Stilldauer entscheidend für den schützenden Effekt zu sein: Je länger sie dem Kind bestenfalls nur Muttermilch anbieten, desto deutlicher sinkt das Risiko.

    „Frauen mit Diabetes müssen während und nach der Schwangerschaft sicher begleitet werden“, so die DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer. „Dafür müssen multiprofessionelle Ambulanzen und Diabetesschwerpunkteinrichtungen sowie Perinatalzentren mit besonderer Expertise in der Betreuung von Schwangeren mit Diabetes besser gefördert werden.“ Nur in diesen Zentren könnten Frauen hoch qualifiziert betreut, individuell auf ihre Bedürfnisse geschult werden und erhalten adäquates Wissen über technologische Hilfsmittel, wie einer Insulinpumpe. Strukturierte Vorsorgeprogramme für Mutter und Kind nach einer Schwangerschaft mit Diabetes existieren hingegen noch nicht. „In Anbetracht steigender Gestationsdiabetes- und Typ-2-Erkrankungen muss sich dies ändern“, fordert Kellerer. „Solche Programme könnten uns eine große primärpräventive Chance bieten, den jährlich 40.000 an Gestationsdiabetes erkrankenden Müttern sowohl einen späteren Typ-2-Diabetes als auch ein damit einhergehendes Risiko für Herzkreislauferkrankungen zu ersparen.“

    Literatur:

    1Ringholm L et al., Breastfeeding at night is rarely followed by hypoglycaemia in women with type 1 diabetes using carbohydrate counting and flexible insulin therapy. Diabetologia. 2019 Mar;62(3):387-398. doi: 10.1007/s00125-018-4794-9. Epub 2019 Jan 3.
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Breastfeeding+at+night+is+rarely+follo...

    2Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2020
    https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Stellungnahmen...

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    Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9.000 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der fast sieben Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
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    Kontakt für Journalisten:
    Pressestelle DDG
    Christina Seddig/Kerstin Ullrich
    Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-652, Fax: 0711 8931-167
    seddig@medizinkommunikation.org

    Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
    Geschäftsstelle
    Katrin Bindeballe
    Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
    Tel.: 030 3116937-55, Fax: 030 3116937-20
    bindeballe@ddg.info
    http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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