Biophysiker Prof. Schuster neuer Lehrstuhlinhaber für Bioinformatik an der Universität Jena
Jena (09.12.03) Zucker ist schnelle Energie für den Körper. Am schnellsten können wir einfache Moleküle, wie Traubenzucker, verwerten. Trotzdem ist es ein langer, komplizierter Weg bis aus einem Zuckermolekül Körperenergie wird. Dies gilt auch für die anderen Reaktionen unseres Stoffwechsels, die parallel dazu stattfinden. "Bei etwa tausend gleichzeitig ablaufenden Prozessen braucht es schon die Hilfe von Computern, um bestimmte Routen im Netz der biochemischen Reaktionen auszumachen", berichtet Prof. Dr. Stefan Schuster (42). Der gebürtige Meißner ist in diesem Wintersemester zum Lehrstuhlinhaber für Bioinformatik an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena ernannt worden.
Der Biophysiker sucht nach den effektivsten Routen, die Ausgangstoffe auf den verschlungenen Stoffwechselpfaden zurücklegen. Dazu simuliert er Netzwerke aus etwa 100 verschiedenen Reaktionen des Stoffwechsels mit Hilfe von Computerprogrammen. An der Schnittstelle zur Biologie angesiedelt, arbeitet Schuster Biochemikern, Pharmazeuten oder auch Medizinern zu, die wissen wollen, wie schnell z. B. ein Medikament im Körper abgebaut wird.
Schuster, der an der Humboldt-Universität zu Berlin studierte, hat sich in seiner Promotions- bzw. Habilarbeit (1988) mit Zeithierarchien bei Enzym-Reaktionen und Optimierungsprinzipien befasst. "Auffällig ist, dass die Natur nicht immer den Weg wählt, der nach unseren Maßstäben der einfachste oder schnellste wäre", berichtet Schuster. Ein Beispiel: Es gibt einen kurzen und einen langen Weg, Traubenzucker in die "Energie-Währung" des Körpers, so genanntes ATP, abzubauen. Bei dem langen Weg wird Sauerstoff als Reaktionspartner benötigt, bei dem kurzen nicht. Auf dem kurzen Weg entstehen rasch aus einem Traubenzuckermolekül zwei Moleküle ATP, bei der längeren Prozedur entstehen 36 ATP-Einheiten.
Unsere Körperzellen bevorzugen den langen Weg. So holen sie aus dem Zucker auch noch das letzte Quentchen Energie heraus. Krebszellen schlagen hingegen den kurzen ein. "Der kurze Weg ist eigentlich nur für Einzeller sinnvoll", so Schuster, "um Konkurrenten zu verdrängen. Bei vielzelligen Organismen ist es hingegen ungünstig, wenn sich eine Zellart zugunsten der anderen profiliert", verdeutlicht er. Als Bioinformatiker untersucht er solche Szenarien der Konkurrenz oder Kooperation zwischen Zellen. So wendete er im Rahmen eines Heisenbergstipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1998-2003) die Spieltheorie auf alternative Stoffwechselwege an. 2001 sind die Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift "Science" erschienen.
Ein weiteres Themengebiet auf dem Schuster forscht, sind periodische Schwankungen von Kalzium in Zellen. Die Oszillation dieses Stoffes gilt als ein wichtiger Signalgeber. Die Bandbreite von Schusters Forschung bietet viele Anknüpfungspunkte zu Forschergruppen innerhalb und außerhalb der Jenaer Universität. Zudem repräsentiert er "die Biologische Säule" des neuen Studiengangs Bioinformatik an der Uni Jena. Die Zeiten, in denen Schuster als Postdoc und Privatdozent forschend und lehrend an der Humboldt-Universität und am Berliner Max-Delbrück-Centrum tätig war, unterbrach er durch Auslandsaufenthalte, die ihn u. a. an die Universität von Bourdeaux, das Krebsforschungsinstitut der Niederlande sowie nach Slowenien führten.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Schuster
Lehrstuhl für Bioinformatik an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät
der Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 1-2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949580
E-Mail: schuster@minet.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Mathematik, Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Personalia
Deutsch
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