Ökologen der Universität Jena brechen erneut zur Erforschung der Antarktis auf
Jena (15.12.03) Pinguine sind auch nur Menschen. Wenn neben ihren "Grundstücken" ein Flugplatz gebaut wird, fühlen sie sich gestört und verändern ihre Lebensweise. Eine Bürgerinitiative zu ihrem Schutz können sie allerdings nicht organisieren - dies muss der Mensch für sie tun. Kopf einer solchen Initiative wird nun ein Wissenschaftlerteam von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sein. Die Ökologen erforschen, wie sehr artenreiche Gebiete in der Antarktis wirklich durch den Menschen gefährdet sind und welche Initiativen zum Schutz von Flora und Fauna unternommen werden müssen. Das neunköpfige Team aus Wissenschaftlern und Studierenden unter Leitung von Dr. Hans-Ulrich Peter bricht jetzt zu einer Jubiläumsexpedition auf: Seit 20 Jahren erforschen die Jenaer Ökologen den südpolaren Raum, seit 10 Jahren sind Studierende beteiligt.
"Wir sind die einzige deutsche Ornithologengruppe, die ständig in der Antarktis arbeitet", betont Dr. Peter, für den es bereits die 16. Forschungsreise in dieses Gebiet ist. Dank dieser Erfahrung und zahlreicher Kooperationen mit Staaten, die in der Antarktis eigene Stationen betreiben, hat das Umweltbundesamt eine Studie bei den Jenaer Forschern in Auftrag gegeben. In den kommenden drei Jahren soll der Gefährdungsgrad im Gebiet "Fildes Peninsula" und "Ardley Island" ermittelt werden. Das ist "eine Region mit der höchsten Dichte an wissenschaftlichen Stationen in der Antarktis", weiß Peter. Im neuen Projekt - durch das u. a. drei Doktorandenstellen finanziert werden - soll nun untersucht werden, welchen Einfluss Wissenschaftler, Touristen, Stationspersonal und Militär - die einige der Stationen betreiben - auf die Pflanzen- und Tierwelt haben. "Diese Arbeiten laufen in enger Kooperation mit russischen, chilenischen und chinesischen Kollegen", betont Peter.
Dazu werden die Jenaer Ökologen zunächst die Umweltdaten erfassen: u. a. wird registriert, welcher Müll entsteht, welche Pflanzen wo wachsen, welche Routen befahren und beflogen werden - denn 1982 wurde dort ein Flugplatz gebaut. In der Konsequenz, ist sich Peter sicher, "sind die Pinguinzahlen zurückgegangen".
Doch nach dieser Analyse kommt der wichtigere und schwierigere Teil des Projekts: Die Jenaer Forscher wollen Managementpläne entwickeln, in denen bestimmte Gebiete als geschützte oder besonders verwaltete Gebiete ausgewiesen werden sollen. Da vor Ort keine Protestaktion zum Ziel führen wird, sind die deutschen Wissenschaftler auf ihr diplomatisches Geschick und ihre Überzeugungskraft angewiesen. "Wir wollen, dass sich etwas bewegt", gibt Dr. Peter das klare Ziel vor. Doch er ist sich bewusst, dass "Akzeptanz für die Pläne nur in vielen Einzelgesprächen gefunden werden kann" und dass am Ende vermutlich der kleinste gemeinsame Nenner herauskommt. Doch bereits dies wäre ein Erfolg, betont Peter.
2006 sollen die Ergebnisse des Forschungsprojekts vorliegen und vor Ort bei einem Workshop mit anderen Wissenschaftlern, Stationsleitern und Logistikverantwortlichen diskutiert werden. Die tatsächliche Umsetzung der letztlich unterbreiteten Vorschläge hängt jedoch entscheidend von einer Beschlussfassung auf internationaler Ebene ab. Dr. Peter ist optimistisch: "Wir sind prädestiniert dafür", sagt er - und wird in den kommenden 1,5 Monaten seinen Teil zum Gelingen beitragen.
Neben diesem Projekt arbeiten die Jenaer Wissenschaftler an einem weiteren, seit Sommer durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Vorhaben. Unter Federführung des Doktoranden Markus Ritz wird - erneut in internationaler Kooperation - die Entwicklung zweier eng verwandter Raubmöwenarten untersucht. In diesem südpolaren Gebiet, und nur dort, existieren die Braune und die Südpolare Skua gemeinsam. Die Jenaer untersuchen nun mit ökologischen und genetischen Methoden die stammesgeschichtliche Entwicklung der Raubmöwen. Außerdem wird ihre Besiedlungsgeschichte in der Antarktis nachvollzogen werden können, erhoffen sich die Ökologen. Dank der in den letzten Jahren bereits erfassten Daten ist sich Peter sicher, "dass der Prozess der Hybridisierung in den letzten 20 Jahren zugenommen hat".
Was bisher nur grob nachvollzogen werden konnte, soll nun detailliert erforscht werden. "Dann werden wir nicht nur mehr über die Biologie der Skuas erfahren", sagt Peter, "sondern auch - quasi als Nebenprodukt - mehr über die Geschichte der Vergletscherung dieser Region wissen". Denn durch die genetischen Untersuchungen der Raubmöwen wird gleichzeitig der Zusammenhang zwischen der Besiedlung und der Klimaveränderung deutlich. "Solche Erkenntnisse könnten auch durch Gletscherbohrungen gewonnen werden, doch diese sind viel aufwändiger und teurer", verweist Peter auf einen Vorteil der ökologischen Methoden.
Wenn Dr. Peter Ende Januar aus dem Polargebiet zurückkehrt, wird er, so seine Hoffnung, neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Antarktis in Vergangenheit und Zukunft im Gepäck haben.
Hinweis für die Medien:
Da das Jenaer Expeditionsteam bereits in die Antarktis aufgebrochen ist, kann bis Februar 2004 kein Kontakt vermittelt werden - außer per E-Mail. Fotos zum Thema können bei der Pressestelle der Universität Jena unter Tel. 03641 / 931030 oder per E-Mail an: presse@uni-jena.de angefordert werden.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Geowissenschaften, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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