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06.01.2004 12:05

Akupunktur ist mehr als ein "Placebo"

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Studie der Universität Jena belegt schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien

    (Jena) Die schmerzlindernde Wirkung von Akupunktur ist auch nach strengen naturwissenschaftlichen Kriterien nachweisbar. Das belegt eine jetzt veröffentlichte Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bisher ist die Methode der traditionellen chinesischen Medizin in ihrer Wirksamkeit stark umstritten. Immer wieder wird der Nadelstich-Medizin eine nachprüfbare physiologische Wirksamkeit abgesprochen. Statt dessen steht das Verfahren im Ruf, nur "psychologisch" wirksam zu sein: ein "Placebo".

    Dass durch Akupunktur aber eine objektive, physiologisch messbare Schmerzlinderung jenseits des Placeboeffektes erzielt werden kann, haben Mediziner und Psychologen der Universität Jena jetzt in einer einmaligen Studie nachgewiesen. Darin konnte erstmals die Wirkung der Akupunktur in einem doppelblinden Versuchsdesign anhand der elektrophysiologischen Auswirkungen bei Schmerzreaktionen belegt werden, wie die Jenaer Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der international renommierten amerikanischen Fachzeitschrift "Anesthesia & Analgesia" (2004; 98: 141-147) berichten.

    In dem interdisziplinären Forschungsprojekt haben Ärzte der Jenaer Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie gemeinsam mit Psychologen vom Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie freiwillige Probanden unter Narkose Schmerzreizen ausgesetzt und mit elektrischer Nadelakupunktur an traditionellen Schmerzpunkten am Bein behandelt. Die Schmerzreaktionen wurden dabei anhand der Hirnströme, der so genannten evozierten Potenziale, gemessen.

    "Durch diese sehr aufwändige Versuchsanordnung war es möglich, die schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur objektiv zu messen und gleichzeitig den Placeboeffekt auszuschließen", erläutert Oberarzt Dr. Winfried Meißner, Leiter der Schmerzambulanz am Jenaer Universitätsklinikum und Erstautor der Studie. Durch die Erfassung der Hirnströme wurde die elektrische Antwort des Körpers auf Schmerz mit und ohne Akupunkturbehandlung gemessen und verglichen. Dabei lässt sich anhand spezifischer elektrischer Muster der Gehirntätigkeit unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung der Person ableiten, ob der Proband einen Schmerz spürt. Diese Methode gilt als objektive Messmöglichkeit von Schmerzreaktionen. Da die Akupunkturbehandlung unter Narkose erfolgte, wurde verhindert, dass die Reaktionen durch das Wissen der Patienten um die Akupunkturbehandlung beeinflusst werden konnten - und somit wurde ein Placeboeffekt ausgeschlossen. Auch das Studienteam war - mit Ausnahme des Akupunkteurs - verblindet.

    Im Vergleich zeigte sich dabei ein schmerzlindernder Effekt der Akupunkturbehandlung anhand einer Abflachung der evozierten Potenziale. "Die Schmerzreize konnten durch den Einsatz der Akupunktur gedämpft, aber nicht völlig abgeblockt werden", werten Winfried Meißner und Ko-Autor Thomas Weiss aus dem Institut für Psychologie die Ergebnisse. "Das weist darauf hin, dass Akupunktur zwar ein nachweislich wirksames, aber dennoch relativ schwaches Schmerzmittel ist. Also mehr als ein Placebo, aber bei starken Schmerzen möglicherweise in ihrer Wirkung nicht ausreichend."

    Gleichzeitig haben die Jenaer Wissenschaftler einen weiteren Nachweis erbracht: Durch die Kombination von Narkose und elektrophysiologischen Messungen in einem so genannten doppelblinden Versuchsdesign entspricht die Studie strengen naturwissenschaftlichen Kriterien. "Unsere Forschungsergebnisse zeigen auch, dass mit einem gewissen Aufwand die komplementärmedizinischen Verfahren durchaus mit Methoden der Naturwissenschaft auf Wirksamkeit überprüft werden können", so Meißner.

    Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen haben die Thüringer bereits weitere Forschungen angeschlossen, die inzwischen auch durch die Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur gefördert werden. Derzeit werden dabei in einer klinischen Nachfolgestudie die theoretischen Ergebnisse auf ihre klinische Anwendbarkeit hin überprüft, indem die schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur nach Operationen untersucht wird.

    (Helena Reinhardt)

    Ansprechpartner:
    OA Dr. Winfried Meißner
    Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie,
    Universitätsklinikum Jena
    Bachstr. 18, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 933597
    E-Mail: winfried.meissner@med.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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