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04.11.1998 00:00

Gute Nachricht für Schilddrüsenpatienten in Sachsen-Anhalt

Heike Jordan Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.

    Ab Dezember 1998 stehen in Sachsen-Anhalt deutlich mehr Therapieplätze für die Radioiodtherapie der Schilddrüse zur Verfügung. Lange Wartezeiten gehören dann endlich der Vergangenheit an. Am 21. November findet aus diesem Anlaß in Magedeburg eine Weiterbildungsveranstaltung statt.

    Patienten, die in Sachsen-Anhalt auf eine Radiojodtherapie gewartet haben, können aufatmen. Ab Dezember stehen im Land 27 Therapiebetten zur Verfügung. Zu den vorhandenen neun Therapieplätzen in Magdeburg kommen zwölf in der Uniklinik Halle und sechs im Städtischen Klinikum Dessau hinzu. "Damit sind wir in der Lage,", so Prof. Dr. Hans-Jürgen Otto, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, "die bisherige Wartezeit von bisher mehr als einem Jahr auf acht bis zwölf Wochen zu verkürzen." Die Überweisung der Patienten in weit entfernte Kliniken wie Hamburg oder Kassel und zahlreiche Improvisationen während der Übergangszeit haben dann endlich ein Ende.
    Verständlich wird die Erleichterung, wenn man bedenkt, daß mit der Radiojodtherapie eine "Volkskrankheit" im Jodmangelgebiet Bundesrepublik Deutschland erfolgreich und gut verträglich behandelt werden kann: die Schilddrüsenüberfunktion und -vergrößerung (Struma oder Kropf genannt). Auch in der Nachbehandlung des Schilddrüsenkrebses wird die Radiojodtherapie erfolgreich eingesetzt.
    Das von der Schilddrüse produzierte Hormon ist im Körper am Sauerstoffumsatz und Energiestoffwechsel, an der Regulation der Körpertemperatur und des Wasserhaushalts, an der Muskelarbeit und der Funktion des Nervensystems beteiligt. Fehlt ihr Jod "versucht" die Schilddrüse zunächst, diesen Mangel dadurch auszugleichen, daß sie sich vergrößert. Ein Kropf entsteht. Wird dieser bei weiter bestehendem Jodmangel nicht behandelt, können unter anderem "heiße" Knoten entstehen: Bereiche in der Schilddrüse, in denen der Hormonstoffwechsel auf ungesunden Hochtouren läuft. Typische Symptome dieser Überfunktion sind Herzrasen, unregelmäßiger Herzschlag, Gewichtsabnahme, Schwitzen, Nervosität, Zittern, erhöhter Blutdruck und Durchfälle. In diesem Stadium muß die Überfunktion behandelt werden. Medikamente bringen zwar schnell eine Normalisierung der Funktion, können aber die Ursache der Überfunktion nicht behandeln. Das überaktive Schilddrüsengewebe muß entfernt werden - entweder durch eine nicht risikolose Operation oder durch die Radiojodtherapie.
    Bei der Radiojodtherapie macht man sich zunutze, daß die Schilddrüse das einzige Organ des Körpers ist, das Jod anreichert. Gibt man radioaktives Jod (meist oral in Kapselform), haben sich nach 24 Stunden 50 Prozent des Radiojods in der Schilddrüse eingelagert - und zwar nahezu ausschließlich in den überaktiven Knoten (da das normale Schilddrüsengewebe durch funktionierende Kontrollmechanismen abgeblockt ist). Der Rest der Aktivität wird mit dem Harn ausgeschieden.
    Die Betastrahlen, die das Radiojod in der Schilddrüse freisetzt, haben im Gewebe eine Reichweite von etwa 2 Millimetern. Dadurch bleibt die Strahlung auf die Schilddrüse, und zwar auf die besonders aktiven Bereiche beschränkt. Bei einer Halbwertzeit von acht Tagen verbleibt das Radiojod gerade lange genug in der Schilddrüse, um eine meist schmerzfreie Reaktion auszulösen und dadurch das krankhafte Gewebe durch Vernarbung und Schrumpfung zu zerstören. Die Schilddrüse nimmt dabei deutlich an Größe ab (um 30 bis 50 Prozent).
    Bei der Abschlußuntersuchung drei bis sechs Monate nach der Therapie zeigt sich bei rund 80 Prozent der Patienten, daß die Funktionsstörung der Schilddrüse erfolgreich bekämpft wurde. Bei etwa 20 Prozent muß die Radiojodtherapie wiederholt werden, was jedoch problemlos möglich ist.
    Bei bestimmten Formen des Schilddrüsenkrebs wird nach der Operation Radiojod zur Beseitigung noch verbliebenen, funktionstüchtigen Gewebes eingesetzt. Damit kann die Heilungsaussicht deutlich verbessert und mit sogenannten Tumormarkern eine optimale Nachsorge gewährleistet werden. Selbst, wenn bereits Tochtergeschwülste vorliegen, kann dieses Therapieverfahren noch mit gutem Erfolg eingesetzt werden.
    Einziger Wermutstropfen bei der Radiojodtherapie sind bestimmte Quarantänemaßnahmen während der drei bis acht Tage nach Gabe des Radiojods. Da beim Zerfall des radioaktiven Jods in geringen Mengen auch Gammastrahlung freisetzt wird, schreibt die deutsche Strahlenschutzgesetzgebung vor, daß die Patienten stationär aufgenommen werden müssen und leider in dieser Zeit auch keinen Besuch empfangen dürfen. Von allen anderen Maßnahmen, die eine moderne Therapiestation auszeichnen, bemerken die Patienten nur wenig. Die Patientenzimmer sind genauso ausgestattet wie auf vielen anderen Stationen. Unsichtbar ist dagegen die sogenannte Abklinganlage, die zur Therapiestation gehört. Dort werden die Ausscheidungen der Patienten aufgefangen und bis zum Erreichen einer festgesetzten Reststrahlung aufbewahrt.

    Am 21. November findet anläßlich der Erweiterung der Bettenkapazität in Sachsen-Anhalt durch die Therapiestationen in Halle und Dessau eine Weiterbildungsveranstaltung "Möglichkeiten und Leistungsfähigkeit nuklearmedizinischer Therapie" an der Otto-v.-Guericke-Universität Magdeburg statt, die sich besonders an die zur Behandlung überweisenden Ärzte richtet. Neben der Radiojodtherapie werden noch der Einsatz von radioaktiven Arzneimitteln bei Gelenkerkrankungen, speziellen Geschwülsten und zur Schmerzbehandlung besprochen. (Wir würden uns freuen, wenn Sie diese Veranstaltung in Ihrem Terminkalender ankündigen könnten).
    Außerdem steht Ihnen Professor Otto - nach vorheriger Terminabsprache - gerne für weitere Auskünfte über die Radioiodtherapie und die Situation in Sachsen-Anhalt zur Verfügung. Tel.: 0391/6713000 oder Fax 0391/6713016.

    Heike Jordan, Pressereferentin der DGN

    Abbildungsmaterial

    zu dieser Presseinformation und weitere Presseinformationen der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin finden Sie auf der DGN-Homepage http://www.nuklearmedizin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nuklearmedizin.de/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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