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31.03.2020 10:50

Konservierung von Hodenzellen zum Erhalt gefährdeter Katzenarten

Gesine Wiemer Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.

    Nach Auflösung des Gewebeverbands überleben Hodenzellen die Konservierung bei minus 196°C

    Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) hat eine Methode zur Isolierung von Hodenzellen und deren Gefrierkonservierung entwickelt. Ziel ist es, die Methode zur Erhaltung von Zellen des männlichen Fortpflanzungstraktes von gefährdeten und bedrohten Katzenarten zu nutzen. Diese Methode wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift „Cryobiology“ veröffentlicht.

    Die Tieftemperaturkonservierung (Gefrierkonservierung) in flüssigem Stickstoff bei -196°C ist eine gängige Methode zur Aufbewahrung von Keimzellen (Spermien und Eizellen) und Embryonen. Zunächst testete das Team zwei unterschiedliche „Gefriergeschwindigkeiten“, da das Ausmaß möglicher Gefrierschäden stark von der Geschwindigkeit der Temperaturabsenkung beim Einfrierprozess abhängt. Damit Keimzellen und Embryonen nach dem Auftauen wieder funktionsfähig sind, werden zum Einfrieren üblicherweise Gefrierschutzmittel eingesetzt. Diese müssen vor der Absenkung der Temperatur in die Zellen eindringen, um die Bildung von Eiskristallen im Innern der Zellen zu verhindern oder abzuschwächen und so Schäden zu vermeiden. Da das am häufigsten verwendete Gefrierschutzmittel in höheren Konzentrationen wie ein Zellgift wirken kann, testeten die Wissenschaftler*innen zwei verschiedene Konzentrationen für das Einfrieren.

    Während das Gefrierschutzmittel in einzelne Zellen relativ schnell eindringt, werden Zellen, die sich im Inneren eines Gewebeverbands befinden, kaum von den Gefrierschutzmitteln erreicht. In dieser wissenschaftlichen Untersuchung wurde daher das Hodengewebe nicht in kleinen Stücken konserviert, sondern – nach Auflösung des Gewebeverbands – als Zellsuspension, damit das Gefrierschutzmittel schneller in die einzelnen Zellen eindringen kann. Die Methode wurde bei einigen Säugetierarten bereits erfolgreich durchgeführt und von den Wissenschaftler*innen am Leibniz-IZW für die Konservierung von Katerhodenzellen angepasst. Zur möglichst schonenden Auflösung des Gewebeverbands kombinierten die Leibniz-IZWler die mechanischen Präparationsschritte mit der Unterbrechung der Zell-Zell-Kontakte mittels eines Cocktails aus Enzymen.

    „Ein besonderes Problem bei der Gefrierkonservierung von Gewebe oder daraus gewonnener Zellsuspensionen besteht in der Beurteilung der Zelleigenschaften nach dem Auftauen. Ein vollständiger Test der vollen Funktionsfähigkeit kann letztlich nur in Langzeitexperimenten zur Zellkultur erbracht werden. Um kurzfristig eine Optimierung des Gefrierverfahrens durchführen zu können, haben wir zwei Methoden zur Beurteilung der Lebensfähigkeit der Zellen angewendet“, erklärt Mohammad Bashawat, Wissenschaftler am Leibniz-IZW. Mithilfe fluoreszierender Reportermoleküle konnte eindeutig die niedrigere Konzentration an Gefrierschutzmittel in Verbindung mit einer langsamen Einfriergeschwindigkeit als vorteilhaft ermittelt werden. Etwa 45 Prozent der Hodenzellen von kastrierten Hauskatern waren nach dem Auftauen wieder vital. Vergleichbar gute Ergebnisse wurden in zwei Pilotstudien mit Hodenzellen eines Asiatischen Goldkaters sowie eines Geparden erzielt. Das Forschungsteam vom Leibniz-IZW sieht darin einen wichtigen Schritt zur Bewahrung der Keimbahn wertvoller Tiere für künftige Anwendungen im Rahmen der Erhaltung von Arten und der Vielfalt in ihrem Erbgut.

    Von den 39 Katzenarten, die es auf der Welt gibt, stehen 25 auf der „Roten Liste“ der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) als potenziell bis stark gefährdet. Maßnahmen zur Unterstützung der Fortpflanzung werden zunehmend wichtiger für den Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb dieser Tierarten. Zu diesen Maßnahmen gehören auch die Gefrierkonservierung von Keimzellen und die künstliche Befruchtung. Die Hoden männlicher Tiere, die versterben oder einer Einschläferung unterzogen werden müssen, bergen in ihren Hoden Stammzellen und zahlreiche unreife Vorstufen männlicher Keimzellen. Diese könnten in der Zukunft etwa im Rahmen einer Spermatogenese „im Reagenzglas“ zu fertigen Spermien ausgereift werden, wie bereits von anderen Arbeitsgruppen bei Maus und Mensch gezeigt wurde. Um Hodenzellen von Katzenartigen für solche zukünftigen Projekte zu erhalten, ist die Gefrierkonservierung die Methode der Wahl, da so eine nahezu unbegrenzte Lagerung dieser wertvollen Genreserve möglich ist („cryobanking“). Das betrifft insbesondere Individuen, von denen keine funktionsfähigen „fertigen“ Spermien gewonnen werden können, etwa aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustands.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
    im Forschungsverbund Berlin e.V.
    Alfred-Kowalke-Straße 17
    10315 Berlin

    Dr. Mohammad Bashawat
    Abteilung Reproduktionsbiologie
    Tel: +49 30 5168 617
    E-Mail: bashawat@izw-berlin.de

    Dr. Karin Müller
    Abteilung Reproduktionsbiologie
    Tel: +49 30 5168 613
    E-Mail: mueller@izw-berlin.de


    Originalpublikation:

    Bashawat M, Braun BC, Müller K (2020): Cell survival after cryopreservation of dissociated testicular cells from feline species. Cryobiology

    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0011224019305401


    Bilder

    Iberischer Luchs
    Iberischer Luchs
    Foto: Ex-situ Iberian Lynx Program
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Iberischer Luchs


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