Ein persönliches Statement des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Prof. Dr. Andreas Zeiher zur Versorgung von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen in der aktuellen Situation.
Heute möchte ich mich aus gegebenem Anlass mit einer sehr persönlichen Mitteilung an die Öffentlichkeit wenden.
Herzpatienten im Moment besonders gefährdet
Die DGK unterstützt vollumfänglich die derzeit alle unsere Lebensbereiche erfassenden tiefgreifenden Einschränkungen, einschließlich der empfohlenen medizinischen Maßnahmen und Etablierung von Notfallversorgungskonzepten zur Eindämmung der Corona-Pandemie wie auch zur Betreuung von schwer erkrankten Corona-Patienten. Die uns Kardiologinnen und Kardiologen anvertrauten Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen in dieser Zeit in ganz besonderem Fokus, da sie nicht nur zur Risiko-Population für die Erkrankung selbst zählen, sondern insbesondere bei einer Infektion mit dem COVID-19-Virus von besonders schweren Krankheitsverläufen und einer dramatisch erhöhten Sterblichkeit bedroht sind.
Wir Ärztinnen und Ärzte haben daher eine ganz besondere Verantwortung für unsere Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der wir durch Einbringung unserer Expertise gerecht werden müssen. Die Herz-Kreislauf-Medizin hat in den vergangenen Jahrzehnten ihre hohe Kompetenz bewiesen, sie hat überwiegenden Anteil an den in den vergangenen drei Jahrzehnten in der Gesamtbevölkerung zugewonnenen Lebensjahren. Wir verstehen es als unsere selbstverständliche Pflicht, diese Kompetenz wo immer möglich und geboten unseren Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen uneingeschränkt zukommen zu lassen.
Symptome von COVID-19 sind auch Symptome gefährlicher Herzerkrankungen
In Anlehnung eines in meinen Augen äußerst lesenswerten Artikels der ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht Gertrude Lübbe-Wolff im Feuilleton der FAZ vom 24. März 2020 müssen wir konstatieren: Die Angewiesenheit auf Fachwissen bedeutet nicht, dass über alle zu treffenden üblichen und medizinisch notwendigen Maßnahmen der virologisch-infektiologische Sachverstand und die Erfahrung mit der Beatmungstherapie zu befinden hätten. Dyspnoe und zum Teil. Husten, die häufigsten Initialsymptome von COVID-19 infizierten Patienten, sind die klassischen Symptome von Patienten mit akuter Lungenembolie, dekompensierter Herzinsuffizienz, hochgradiger Mitral-klappeninsuffizienz, symptomatischer Aortenklappenstenose und lebensbedrohlichen Arrhythmien. Epidemien pulmonaler Infektionen führen bekanntermaßen zu einer kurzzeitigen Verdoppelung kardiovaskulärer Ereignisraten bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz. Darüber hinaus haben Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Falle einer COVID-19 Infektion eine 5-fach erhöhte Mortalität, sind bedroht von Myokard-Nekrosen und lebensbedrohlichen Arrhythmien und bedürfen einer Überwachung der potentiellen Kardiotoxizität von antiviralen Therapien.
Ich appelliere daher eindringlich an meine Kolleginnen und Kollegen aus der Medizin: Lassen Sie uns daher in allen Bereichen der medizinischen Versorgung unseren Sachverstand in der Prävention, Diagnostik und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Krankenhäusern einbringen und unsere Beteiligung an den Behandlungskonzepten einschließlich der Notfallversorgung unter entsprechender Ressourcenallokation einfordern.
Gesetzliche Regelungen: Kardiologische Expertise muss berücksichtigt werden
Auch die bedeutsamen gesetzlichen Regelungen zur Bewältigung der Krise – allen voran das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite – bringen (wenn auch zunächst nur zeitlich begrenzt) weitreichende Änderungen der Entscheidungskompetenzen innerhalb unseres Gesundheitssystems mit sich. Ungeachtet der Notwendigkeit dieser zu drastischen Maßnahmen berechtigenden Regelungen ist es in meinen Augen unerlässlich, auch hier im Rahmen der Umsetzung dieser Normen den kardiologischen, medizinischen Sachverstand und unsere über Jahrzehnte dokumentierte Kompetenz in der Versorgung der weiterhin für die Todesursache Nummer eins verantwortlichen Erkrankung, nämlich der Herzerkrankung, einzubringen. Ich bitte Kardiologinnen und Kardiologen von Herzen, wann immer und wo immer sie Möglichkeiten sehen, sich hier beratend bei den entsprechenden Behörden, Kammern und Kommissionen aktiv einzuschalten. Unsere Expertise ist hier in vordringlichster Weise notwendig, und wir sollten die Entwicklungen mit aller gebotenen Achtsamkeit, aber auch Besonnenheit verfolgen.
Ich bin sicher, dass die Herz-Kreislauf-Medizin einen wesentlichen Beitrag in der Bewältigung dieser unsere gesamte Bevölkerung betreffenden Gesundheitskrise leisten kann. Lassen Sie uns daran mit aller Kraft unter dem Motto „Pragmatismus mit Plan“ arbeiten.
Bleiben Sie gesund!
Mit herzlichen Grüßen
Prof. Dr. Andreas Zeiher
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
Medienkontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Pressesprecher: Prof. Dr. Michael Böhm (Homburg/Saar)
Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211 600 692 43, Melissa Wilke, Tel.: 0211 600 692 13
presse@dgk.org
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbil-dung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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