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06.04.2020 09:19

Corona-Bonds schädigen Reputation hoch verschuldeter Euro-Staaten

Gunter Grittmann Presse und Redaktion
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW)

    Corona-Bonds bringen im Vergleich zu einer Pandemie-Kreditlinie des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) keinen überzeugenden Mehrwert. Die Emission von Corona-Bonds könnte den Marktzugang hoch verschuldeter Eurostaaten weiter erschweren, weil sie als Signal für drohende Zahlungsprobleme dieser Staaten verstanden werden könnten. Eine vorsorgliche ESM-Kreditlinie mit begrenzter Laufzeit ist in der akuten Krisenphase das überlegene Instrument. Dies sind die Schlussfolgerungen einer ZEW-Kurzexpertise, die Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, vorgelegt hat.

    Die ZEW-Kurzexpertise argumentiert, dass die akute Krisenphase nicht der geeignete Zeitpunkt ist, um eine staatliche Überschuldung lösen zu können. Hier sind auf Dauer verschiedene Alternativen für Transfers denkbar, die durch Corona-Bonds zu früh ausgeschlossen werden. So könnten in Zukunft Investoren durch einen Schuldenschnitt an den Kosten einer Konsolidierung beteiligt werden. Ebenso könnten besonders wohlhabende Gruppen im überschuldeten Land zu Sonderopfern herangezogen werden. Weil solche Entscheidungen komplex sind und ein ruhiges Marktumfeld benötigten, ist dafür jetzt der falsche Zeitpunkt.

    Corona-Bonds erhöhen das Risiko von Schulden-Transfers in der Eurozone

    Die Emission von Corona-Bonds könnte die Reputation hoch verschuldeter Euro-Staaten sogar schädigen und ein Land wie Italien mitten in der Krise weiter destabilisieren. Sie wären ein Signal dafür, dass die nationalen Schulden dieser Länder ausfallgefährdet sind und deshalb nun neue höherrangige Wertpapiere mit umfassenden europäischen Garantien geschaffen werden müssten. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die anfangs angedachten Emissionsvolumina dieser neuen Anleihen ausreichen würden. Es droht eine Zwangslage, in der ein schnell wachsender Teil der nationalen Schulden vergemeinschaftet werden muss.

    Die Gemeinschaftshaftung für die Corona-Bonds würde somit mitten in der akuten Krise eine verfrühte Weichenstellung vornehmen, die zu einseitig auf Transfers zur Lösung von Überschuldungsproblemen bei Euro-Staaten setzt.

    „Aktuell geht es darum, die COVID19-Seuche einzudämmen, die Wirtschaft kurzfristig zu stabilisieren und die Euro-Staaten finanziell liquide zu halten. Genau dazu kann der ESM einen wertvollen Beitrag leisten. Corona-Bonds erbringen hingegen keinen erkennbaren Mehrwert. Sie erhöhen aber das Risiko, dass es ohne transparente Entscheidungen zu einer umfassenden Transferlösung für nationale Staatsschulden in der Eurozone kommt“, so das Fazit von Friedrich Heinemann.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Friedrich Heinemann
    Leiter des ZEW-Forschungsbereichs
    "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft"

    Tel: +49 (0)621 1235-149
    friedrich.heinemann@zew.de


    Originalpublikation:

    http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/ZEWKurzexpertisen/ZEW_Kurzexpertise2004.pdf


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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