Seit dem 20. März untersuchen Mannheimer Politikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in ihrer tagesaktuellen Corona-Studie, wie die aktuelle Krise das Leben der Menschen in Deutschland beeinflusst. Am vergangenen Freitag ist ein neuer Bericht der Studie erschienen. In der aktuellen Analyse gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem den Fragen nach, wie hoch die Akzeptanz ausgewählter Maßnahmen der Regierung ist und ob die Bevölkerung den damit einhergehenden wirtschaftlichen Schaden für zu hoch hält.
Die Erhebungen vom 20. März bis 2. April zeigen unter anderem, wie die Menschen in Deutschland aus wirtschaftlicher Sicht über die Maßnahmen der Regierung denken, die auf eine Verringerung sozialer Kontakte abzielen. Denn diese haben auch beträchtliche Auswirkungen auf die Wirtschaft: Die Produktion wurde heruntergefahren, Geschäfte und Gastronomiebetriebe sind geschlossen, es gibt Entlassungen und Kurzarbeit, weshalb auch die Nachfrage nach Gütern sinkt. Das Ergebnis: Nur circa 25 Prozent der Menschen schätzt den wirtschaftlichen Schaden, der durch die Maßnahmen verursacht wird, als höher ein als den gesellschaftlichen Nutzen. Die Sorge der Bürgerinnen und Bürger vor chaotischen Verhältnissen, verursacht durch eine unkontrollierbare Ausbreitung der Krankheit ist somit größer, als die Sorge vor einer wirtschaftlichen Rezession.
Eine weitere Frage zielte auf die Akzeptanz einzelner Maßnahmen der Regierung, die ergriffen wurden oder noch ergriffen werden können, um die Verbreitung des Coronavirus weiter einzudämmen. Dazu gehören unter anderem die Schließung der öffentlichen Einrichtungen, Grenzschließungen und allgemeine Ausgangssperre. Die Ergebnisse zeigen, dass eine überwältigende Mehrheit der Deutschen die Schließung öffentlicher Einrichtungen (z.B. Universitäten, Schulen und Kindergärten) und die Schließung der Landesgrenzen für Reisende weiterhin für angemessen hält. Eine allgemeine Ausgangssperre wird dabei allerdings kritischer bewertet.
Wie bereits im ersten Bericht der Studie deutlich wurde, verzichtete die Mehrheit der Deutschen auch in der vergangenen Woche komplett auf private Kontakte außerhalb des eigenen Haushaltes – mit zunehmender Tendenz. Mittlerweile geben 90 Prozent an, maximal einmal in der vergangenen Woche privat Kontakt zu Freunden, Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen gehabt zu haben. Im Verlauf der beiden Wochen ist deutlich zu erkennen, dass die Häufigkeit privater sozialer Kontakte stets abnimmt.
Fraglich ist, wie lange die breite Zustimmung zu den teils drastischen Maßnahmen in der Bevölkerung anhält. In den nächsten Wochen werden daher die Autorinnen und Autoren der Studie die Entwicklungen weiter beobachten, um Veränderungen im Meinungsbild präzise nachzuvollziehen.
Die Mannheimer Corona-Studie
Die Gesellschaftsstudie wird im German Internet Panel (GIP) am Sonderforschungsbereich 884 „Politische Ökonomie von Reformen“ der Universität Mannheim durchgeführt. Das interdisziplinäre Forscherteam befragt die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer nun auf täglicher Basis zu relevanten Themen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Die Ergebnisse werden täglich aufbereitet und auf der Website des GIP veröffentlicht. Schwerpunktberichte geben weitere Hintergründe zum Leben in Zeiten der Corona-Pandemie.
Laut Prof. Dr. Blom, Leiterin des GIP und der Mannheimer Corona-Studie, „bietet die Methodik des German Internet Panel eine einzigartige Möglichkeit, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gesellschaft tagesaktuell in einer Zufallsstichprobe der allgemeinen Bevölkerung zu untersuchen.“ Für sie gehe mit den Möglichkeiten des GIP auch eine gesellschaftliche Verpflichtung einher: „Mit der Mannheimer Corona-Studie möchten wir dazu beizutragen, den Einfluss der Corona-Krise auf Deutschland zu verstehen und die Öffentlichkeit sowie Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft täglich über die gesellschaftlichen Entwicklungen zu informieren“, so Blom. Deutschland stehe noch vor dem Höhepunkt der Corona-Pandemie. Es sei abzuwarten, welche gesellschaftlichen Auswirkungen diese noch mit sich bringe. Diese Entwicklungen wird die Studie langfristig dokumentieren. „Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den vergangenen Tagen aufopferungsvoll an der qualitativ-hochwertigen Durchführung und Auswertung der Studie gearbeitet, um der Öffentlichkeit zeitnah Ergebnisse zu Verfügung zu stellen. Das ist eine wissenschaftliche Höchstleistung“, so Blom weiter.
Die Methodik der Studie in Kurzfassung
Die Studie baut auf der Methodik und Infrastruktur des German Internet Panels (GIP) auf. Die GIP-Stichprobe wurde für die Corona-Studie in zufällige Substichproben unterteilt, die jeweils einem anderen Wochentag zugeordnet wurden. An jedem Wochentag wird daher ein zufälliger Teil des GIP befragt.
Innerhalb einer Woche bleibt der Fragebogen genau gleich. Auch über die Wochen hinweg, werden die Fragebögen möglichst konstant gehalten, um eine tägliche Fortschreibung der Ergebnisse über einen langen Zeitraum zu erlauben. Die Studie möchte aber auch tiefergehende Schwerpunktanalysen zu ausgewählten Themen durchführen und unvorhergesehene Ereignisse abdecken. Dazu wird der Fragebogen jede Woche evaluiert und für die nächste Woche aktualisiert.
Sebastian Juhl
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Sonderforschungsbereich 884
Universität Mannheim
E-Mail: sebastian.juhl@gess.uni-mannheim.de
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-1266
E-Mail: kaul@uni-mannheim.de
www.uni-mannheim.de/gip/corona-studie
www.uni-mannheim.de/gip
www.uni-mannheim.de/gip/fuer-datennutzer/methodik
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Gesellschaft, Politik, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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