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07.04.2020 13:19

Corona-Tests unter Zeitdruck

Kristian Lozina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Seitdem das Coronavirus zur Pandemie erklärt wurde, stehen die Testlabore nicht mehr still. Die Uni Würzburg und das Uniklinikum haben daher ein weiteres Testzentrum aufgebaut und inzwischen über 2000 Menschen untersucht.

    Seit dem 6. März werden im Gebäude D20 des Würzburger Universitätsklinikums täglich Menschen auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 untersucht. Gegründet wurde das Testzentrum auf Initiative der Professoren Oliver Kurzai und Ulrich Vogel, Institut für Hygiene und Mikrobiologie (IHM) der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, und Professor Georg Ertl, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und ist daher ein Gemeinschaftsprojekt von JMU und UKW. Vor allem ging es dabei darum, das Gesundheitsamt, die Notaufnahme des Uniklinikums und das Uni-Institut für Virologie und Immunbiologie bei der Testung von COVID-19-Verdachtsfällen zu entlasten.

    Einer der Verantwortlichen für die Testung ist Professor Christoph Schoen, ebenfalls vom IHM. Er erklärt im Interview, wer und wie getestet wird und wie die aktuelle Situation im Testzentrum ist.

    Professor Schoen, wie viele Corona-Tests kann die Teststelle von JMU und UKW täglich bewerkstelligen?
    In der Teststelle können wir mittlerweile pro Tag etwa 200 Patienten untersuchen. Wir führen dabei ein Anamnesegespräch und entnehmen einen Rachenabstrich. Der „Flaschenhals“ liegt eher auf Seiten der Laborkapazität. Laut Auskunft des Leiters unserer virologischen Diagnostik, Dr. Benedikt Weißbrich, dessen unglaublichen Einsatz ich in dieser Situation besonders hervorheben möchte, stieg die Anzahl der Tests im Institut für Virologie und Immunologie im Laufe der Epidemie von anfänglich etwa 20 pro Tag auf zwischenzeitlich 600.

    Kommen Sie mit den Untersuchungen noch hinterher?
    Ja. Aktuell werden pro Tag bis zu 150 Patienten aus der Bevölkerung in der Untersuchungsstelle gesehen, die das Gesundheitsamt schickt. Dazu kommen etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Universität und Uniklinikum.

    Wie läuft ein Test ab?
    Ärzte und freiwillige Medizinstudierende höherer Semester nehmen die Patientenanamnesen auf, technische Mitarbeiter oder Medizinstudierende entnehmen dann die Rachenabstriche. Untersucht werden die Proben im Wesentlichen am Institut für Virologie und Immunologie. Um den absehbar hohen Bedarf an SARS-CoV-2-Tests zu bedienen, wurde inzwischen ein weiteres Testlabor am IHM errichtet, um so die Virologie etwas zu entlasten. Im Falle eines Material- oder Personalengpasses stehen so außerdem zwei Labore zur Verfügung, um die aktuell so wichtige SARS-CoV-2-Diagnostik sicherzustellen. Insofern ist die JMU mit ihren beiden Instituten wesentlich an der Eindämmung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie in Stadt und Landkreis Würzburg beteiligt.

    Gibt es Engpässe beim Material?
    Ja, leider. Zum einen haben wir aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie eine extrem hohe Nachfrage nach SARS-CoV-2-Testkits und auch nach Tupfern, die zur Entnahme von Rachenabstrichen benötigt werden. Außerdem liegen die Produktionsstätten des Materials zum Teil in Regionen, die besonders hart von der Pandemie betroffen sind - zum Beispiel in Norditalien. Die aktuellen Grenzschließungen machen den Transport der Waren auch nicht gerade einfacher.

    Sollte in Deutschland noch mehr getestet werden?
    Oder ist das gar nicht möglich? Generell hat in der Infektionsdiagnostik das Testen eine zweifache Bedeutung. Zum einen natürlich für den Patienten selbst und die eventuelle Einleitung einer möglichst kausalen Therapie, die es im Fall von COVID-19 aber leider noch nicht gibt. Zum anderen geht es darum, eine Ausbreitung einer so ansteckenden Infektionskrankheit wie COVID-19 in der Bevölkerung durch Isolation eines Infizierten und die Nachverfolgung seiner Kontakte zu verhindern. Das ist auch der Hintergrund der Empfehlung „test, test, test“ des Generaldirektors der Weltgesundheitsorganisation Tedros Ghebreyesus. Und da sind wir Deutschland gar nicht schlecht! Nach den aktuellen Zahlen des RKI werden derzeit pro Tag in mittlerweile über 100 Laboren über 100.000 Tests durchgeführt, Tendenz steigend. Anfang März waren es noch etwa 7000 in gerade mal eben 28 Laboren. Aufgrund der aktuellen Lieferengpässe bei Geräten und Reagenzien ist aber eine weitere Steigerung der täglichen Testzahlen nicht so einfach möglich.

    Das Testzentrum im Gebäude D20 war in wenigen Tagen einsatzbereit. Wie haben Sie das geschafft?
    Das ging nur in Teamarbeit! Die enge Zusammenarbeit im Forschungsnetzwerk InfectControl unter der Geschäftsführung von Professor Kurzai war eine große Hilfe. Auf dem kurzen Dienstweg war so es möglich, von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen der Berliner Charité zu profitieren, die ebenfalls eine Untersuchungsstelle eingerichtet haben. Hervorheben möchte ich aber auch die Verwaltung und die Medizininformatik des UKW. Ohne deren schnelle und unbürokratische Mitarbeit wäre das so nicht möglich gewesen. Auch die Zusammenarbeit aller ärztlicher und technischer Mitarbeiter von IHM und Uniklinik ist ausgezeichnet, seit kurzem werden wir auch von freiwilligen Medizinstudierenden der JMU unterstützt.

    Wer wird alles getestet?
    Wir richten uns nach den jeweils aktuellen Vorgaben des Robert Koch-Instituts, die sich aufgrund der hohen Dynamik des Geschehens auch täglich ändern können. So spielte zu Beginn der epidemischen Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Deutschland noch der Aufenthalt in einem Risikogebiet eine wesentliche Rolle, ob jemand getestet werden sollte oder nicht. Aufgrund der nunmehr weiten Verbreitung spielt dies jetzt keine Rolle mehr. Aktuell sind der Kontakt zu einem Infizierten, Erkältungssymptome oder auch die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen Kriterien, die für eine Testung zu berücksichtigen sind.

    Wie lange muss man auf ein Ergebnis warten?
    Das hängt natürlich vom Probenaufkommen ab. Aktuell ist das Ergebnis innerhalb von 24 Stunden fertig, zum Teil auch schon am selben Werktag.

    Firmen und Forschungsteams arbeiten aktuell fieberhaft an neuen Testverfahren. Sehen Sie in naher Zukunft bessere Testmethoden?
    Ja, ganz sicher. Aber man kann aktuell nicht seriös sagen, welcher Test am Ende das Rennen machen wird. Was wir brauchen – und was auch mein Favorit ist – wäre ein Test, der nach dem Prinzip eines Schwangerschaftstests funktioniert und so möglichst sensitiv Virusantigene in Atemwegsproben von Patienten in der Frühphase der Erkrankung nachweisen könnte. Solche Tests wären einfach in der Handhabung, schnell in der Durchführung, bräuchten keine besondere Laborausstattung und könnten schnell in großer Stückzahl preiswert produziert werden.

    Was geschieht bei einem positiven Befund?
    Im Falle von Mitarbeitern der JMU und des UKW informieren wir diese noch am selben Tagtelefonisch über das Ergebnis. Zusätzlich wird entsprechend der Meldepflicht das Gesundheitsamt und der Betriebsarzt beziehungsweise die Stabstelle für Krankenhaushygiene informiert. Diese legen dann die weiteren Maßnahmen fest. Personen aus der Allgemeinbevölkerung werden über das Gesundheitsamt über ihr Testergebnis informiert.

    Was sollte man tun, wenn man Symptome zeigt aber nicht getestet werden kann?
    Man sollte unbedingt zu Hause bleiben und telefonisch Kontakt mit dem Hausarzt aufnehmen. Symptome wie Fieber, Halsschmerzen oder Kurzatmigkeit allein reichen gemäß den aktuellen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts nicht aus. Außerdem kann über die Telefonnummer 116117 der ärztliche Bereitschaftsdienst erreicht werden, der je nach Anamnese einen Termin für eine Testung organisieren kann.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Dr. Christoph Schoen, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg, T +49 931 - 31 46162, cschoen@hygiene.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, jedermann
    Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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